Bochum. Wie geht es mit Thomas Reis weiter? Darüber wird aktuell beim VfL Bochum gesprochen. Auch Elvis Rexhbecaj hat etwas mit den Problemen zu tun.
Anthony Losilla, Cristian Gamboa und Danilo Soares sind langjährige Führungsspieler des VfL Bochum. Gesichter des Vereins. Die drei Bundesliga-Profis waren einen Tag nach dem ernüchternden 1:3 beim FC Schalke 04 im Ruhrstadion. Sie verfolgten das Pokalspiel der VfL-Fußballerinnen gegen den SV Meppen.
VfL Bochum: Vereinsführung tagt zum Thema Thomas Reis
Ebenso wie Trainer Thomas Reis, dessen Frau Carina Reis auf dem Rasen gegen das 0:1 ankämpfte.
Ebenso wie die Geschäftsführer Patrick Fabian (Sport) und Ilja Kaenzig (Sprecher/Finanzen). Sie legten für das Pokalspiel eine Gesprächspause ein.
Das Thema des langen Sonntags: Geht es weiter mit Thomas Reis? Oder nicht? Am späten Nachmittag und Abend schaltete sich dann auch das Präsidium um den Vorstandsvorsitzenden Hans-Peter Villis ein. Elefantenrunde beim VfL. Eine gemeinschaftliche Entscheidung sollte her. Vom Verein wurde am Sonntag offiziell keine Entscheidung verkündet. Die Trainerfrage wird zur Hängepartie in Bochum.
Sechs Spiele hat der VfL absolviert. Sechs Mal hat er verloren. Null Punkte. 4:18 Tore. So schlecht ist noch nie eine Mannschaft in der Bundesliga gestartet. Es ist nach dem 0:7 gegen den FC Bayern, der höchsten Heimniederlage in der VfL-Geschichte, bereits der zweite Negativ-Rekord der noch jungen Saison.
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In allen anderen Partien hielt Bochum mit. Kämpfte. Und schlug sich selbst durch individuelle Aussetzer. So auch beim - ebenso wie Bochum - spielerisch schwachen FC Schalke 04.
Beim 0:1 patzte Torwart Manuel Riemann zum wiederholten Mal in dieser Saison. Beim 1:2 lenkte Erhan Masovic den Freistoß von Tobias Mohr ins eigene Netz. Beim 1:3 stand Masovic zu weit weg von Sebastian Polter.
Keine Wende. Weder emotional noch im Ergebnis, wie es von Sportchef Fabian erhofft, ja: gefordert wurde. Nur mit Pech zu erklären ist das nicht, auch wenn derzeit alles schiefzulaufen scheint, was schieflaufen kann. So gab es vor dem Freistoß zum 1:2 kein Foul. Eine Fehlentscheidung mit womöglich größtmöglicher Wirkung.
VfL Bochum: Thomas Reis wollte zu Schalke 04
Reis ist schwer angezählt. Neben dem Rekord-Fehlstart hallen die öffentlich gewordenen Vertragsverhandlungen mit Schalke 04 im Sommer noch nach. Schalke wollte Reis, Reis wollte zu Schalke, das VfL-Präsidium sagte nein. Mittlerweile sagt Reis, der dies zunächst selbst öffentlich dementiert hatte, wie alle anderen Beteiligten auch nichts mehr zu diesem Thema. Das interne Theater, das es gab, aber lässt sich nicht mal eben wegschweigen.
Die Fans haben Reis die Schalker Avancen überwiegend verziehen. Reis und Bochum, das ist eine besondere Geschichte. Vor drei Jahren hat Reis „uns aus dem Dreck gezogen“, wie es VfL-Angreifer Simon Zoller treffend formulierte direkt nach dem Derby-Frust. Er hat Bochum gemeinsam mit Ilja Kaenzig und Sebastian Schindzielorz als Kaderplaner in die Bundesliga geführt, dort den Klassenerhalt geschafft. Mit Siegen gegen Bayern und Dortmund. Mit Siegen für die Geschichtsbücher.
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Jetzt der Fehlstart nach vielen Abgängen von Leistungsträgern und mit vielen Neuzugängen, von denen etliche nach Wochen oder gar Monaten ohne Spielpraxis in Bochum ankamen, nicht fit waren, verletzt waren oder sind. Seinen Wunschspieler, den vor einem Jahr nur ausgeliehenen Elvis Rexhbecaj, bekam Reis nicht. Zu teuer, hieß es vom Verein. Rexhbecaj wechselte von Wolfsburg zum FC Augsburg.
Auch auf Schalke fehlten drei wichtige Defensivspieler. Hinzu kommt: Leistungsträger der Vorsaison fielen ebenfalls lange aus (Soares) oder stecken im Formtief. Losilla zum Beispiel oder Gamboa. Vielleicht spielten sie ebenso wie die Verteidiger Erhan Masovic und Vasileios Lamprpopoulos in der Vorsaison über ihrem Limit. Ihre jetzige Form reicht jedenfalls nicht für den Bundesliga-Klassenerhalt.
Dafür kann man auch den Trainer mitverantwortlich machen. Reis sagt, er könne die Mannschaft noch in die Spur bringen, sie formen, wenn wenigstens fast alle gesund sind. Aber dieser Findungsprozess benötige Zeit. Geduld ist meist ein Fremdwort im Profifußball.
Reis gab sich bereits am Samstag kämpferisch: „Ich habe Bock, den Bock mit der Mannschaft umzustoßen“, sagte er. „Die Mannschaft folgt mir, das hat man heute wieder gesehen.“
In der Führung folgt man Reis aber offenbar nicht mehr zu 100 Prozent, wie es jetzt nötig wäre. Am Samstag vermieden die Vereinschefs ein Statement, am Montag fiel die Entscheidung: Reis wurde ebenso wie Co-Trainer Markus Gellhaus entlassen.
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Tendenz? Man dürfe bei all dem Kredit, den Reis auch bei den Anhängern hat, das „Hier und Jetzt“ nicht vergessen, das hatte Fabian bereits vor dem Schalke-Spiel deutlich gemacht. Der 34-Jährige ist erst seit September im Amt als Nachfolger von Schindzielorz, der seinen Vertrag bereits im Mai selbst zum Jahresende gekündigt und dies kundgetan hatte. Er soll sich nicht genug wertgeschätzt gefühlt haben, hieß es hier und dort. Womöglich wollte er aber auch einfach den nächsten Schritt gehen.
Fabian jedenfalls muss gleich zum Amtsbeginn, als gerade einmal 34-jähriger Neuling auf dieser Position, eine schwierige Entscheidung treffen.
VfL Bochum: Heiko Butscher könnte übernehmen
Könnte eine Trennung von Reis dem Team einen neuen Impuls geben? Sollte man Reis weiter vertrauen und mit ihm auf die Wende hoffen? Das Resultat der Analyse steht noch nicht fest. In Bochum wird an diesem Sonntag ausgiebig diskutiert.
Im Trennungsfall auch über einen Nachfolger. Als Interimslösung, vielleicht auch Dauerlösung könnte Heiko Butscher übernehmen, der bereits beim VfL Bochum ist. Der Fußball-Lehrer und Ex-Profi war früher Co-Trainer unter Reis. Derzeit ist er U19-Trainer.