Bochum. Eduard Löwen verpasst beim VfL Bochum Teile der Vorbereitung, er zählt zum deutschen Olympiateam. Thomas Reis sieht das als Trainer auch kritisch.
Die Verantwortlichen des VfL Bochum traf die Nachricht am Montagvormittag natürlich nicht unvorbereitet. Gespräche mit Nationaltrainer Stefan Kuntz und Neuzugang Eduard Löwen haben ja längst im Vorfeld stattgefunden. Löwen, für ein Jahr von Bundesligist Hertha BSC ausgeliehen, zählt zum Kader der deutschen Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Tokio.
Dies gaben der Deutsche Fußball- und der Deutsche Olympische Sportbund am Montag bei der offiziellen Nominierung bekannt. Für den 24-jährigen Mittelfeldspieler ist das ein Highlight – für die Vorbereitung des Aufsteigers ein Rückschlag.
19 Profis nominierte Stefan Kuntz, der Ex-Torjäger und -Manager des VfL, für die Olympischen Spiele. Zahlreiche Absagen von Spielern und auch Vereinen handelte er sich ein, kritisierte vor allem einige größere Klubs, dankte den ihm entgegenkommenden Vereinen. Eine Abstellungspflicht gibt es nicht. Sicherlich auch aufgrund der Absagen rückte Mittelfeldmann Löwen weiter vor auf dem Nominierungszettel von Kuntz.
Das sagt Eduard Löwen zum Anruf von Trainer Stefan Kuntz
Der VfL Bochum erteilte die Freigabe und folgte damit dem Wunsch von Kuntz und dem Spieler selbst. Bereits vor der schriftlich fixierten Leihe für ein Jahr war dem VfL nach WAZ-Informationen klar, dass Löwen voraussichtlich nach Tokio reisen wird. Denn der 24-Jährige, der fest eingeplant ist im zentralen Mittelfeld des Bundesliga-Aufsteigers, will sich diese Chance, für Deutschland beim weltweit größten Sportereignis spielen zu dürfen, nicht nehmen lassen.
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„Ich war sehr glücklich über den Anruf von Stefan Kuntz. Olympia ist etwas Einmaliges und etwas ganz Besonderes, deshalb freue ich mich sehr darauf“, sagte Löwen laut einer Mitteilung des Vereins. „Zudem kenne ich bislang weder Japan noch Tokio, das kommt noch hinzu. Darauf bin ich sehr gespannt.“
Sebastian Schindzielorz hat Verständnis für Löwens Olympia-Traum: „Auch wenn das Olympische Turnier wie nahezu alle nationalen oder internationalen Wettbewerbe und Turniere derzeit nur unter sehr speziellen Bedingungen ausgetragen werden kann, zählt es zu den weltgrößten Sportereignissen“, sagt der Sport-Geschäftsführer des VfL. „Wir wünschen Eduard Löwen und der deutschen Mannschaft, die von VfL-Legende Stefan Kuntz gecoacht wird, den größtmöglichen Erfolg.“
Trainer Thomas Reis ist von Löwens Vorbereitungs-Pause beim VfL „nicht begeistert“
Aber es gibt natürlich auch eine Schattenseite. Löwen hat viel Potenzial, hat auch im Training bereits gezeigt, dass er vorangehen kann und will mit seiner Physis, seinem Tempo, seiner Technik. Er ist im Mittelfeldzentrum als Leistungsträger vorgesehen. Was ihm aber fehlt, ist Spielpraxis. In der vergangenen Saison kam Löwen nur zu sieben Kurzeinsätzen.
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„Aus sportlicher Sicht ist der Wunsch des Spielers nachvollziehbar und ich wünsche ihm und der deutschen Mannschaft ein erfolgreiches Turnier. Aus Trainersicht bin ich natürlich nicht begeistert, dass uns „Edu“ in der Vorbereitung mehrere Wochen fehlt. Hinzu kommen die Reisestrapazen“, sagte Trainer Thomas Reis dieser Redaktion. Löwen wird unter anderem auch das Trainingslager in Südtirol (18. bis 25. Juli) komplett verpassen.
Denn bereits am kommenden Montag, 12. Juli, trifft sich das deutsche Team in Frankfurt und fliegt tags darauf nach Japan. In Wakayama City bezieht es ein Trainingslager und testet am 17. Juli (ab 10 Uhr MESZ) gegen Honduras. In der Vorrunde des Turniers trifft die Olympia-Auswahl in der Gruppe D auf Brasilien (22. Juli, 13.30 Uhr, in Yokohama), Saudi-Arabien (25. Juli, 13.30 Uhr, Yokohama) und die Elfenbeinküste (28. Juli, 10 Uhr, Miyagi). Die zwei Gruppenbesten erreichen das Viertelfinale am 31. Juli. Das Halbfinale steigt am 3. August, das Finale ist für den 7. August terminiert.
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Löwen droht das Pokalspiel gegen den Wuppertaler SV zu verpassen
Löwens Integration ins neue Team, sportlich wie menschlich, und das Einspielen und Testen mit einem potenziellen Schlüsselspieler sind also ein paar Wochen lang nicht möglich. Nur in dieser Woche kann Löwen noch in den Testspielen bei der SSVg Velbert am Mittwoch (7. Juli, 18.30 Uhr) und gegen den SC Verl am Samstag (10. Juli, 13.30 Uhr) mitwirken.
Löwen könnte damit auch den Auftakt verpassen: Das erste Pflichtspiel im DFB-Pokal beim Wuppertaler SV (6. bis 9. August) dürfte wohl ohne ihn steigen, vielleicht sogar der Bundesliga-Auftakt beim VfL Wolfsburg am 14./15. August, wenn andere zuvor ihre Leistung gebracht haben.
Trainer Reis hofft auf Einsatzzeiten und Fitness
Suboptimal für Thomas Reis. „Natürlich möchte ich keinem Spieler diese einmalige Chance verwehren“, sagt der Trainer. „Aber ich hoffe, dass er die nötige Spielzeit mit der Nationalmannschaft erhält, dass er gute Leistungen zeigt und verletzungsfrei und fit zurückkehrt.“
Löwen kennt Kuntz aus gemeinsamen Nationalmannschaftszeiten. Der 24-Jährige zählte zum deutschen U21-Team, das 2019 bei der U21-Europameisterschaft die Qualifikation für das Olympische Turnier geschafft hat. Deutschland besiegte im Halbfinale Rumänien mit 4:2 und unterlag im Finale Spanien mit 1:2. Löwen blieb zwar damals während der EM ohne Einsatz, kam aber zuvor bereits auf sieben Spiele in der U21 sowie zwei Spiele in der U20 des DFB.
Das ist das Olympia-Team von VfL-Legende Stefan Kuntz
Zum Team von Kuntz zählen drei Spieler, die älter als 24 (Jahrgang 1997) sind: Nadiem Arimi von Bayer Leverkusen, Max Kruse von Union Berlin und Maximilian Arnold von Bochums ersten Bundesliga-Gegner VfL Wolfsburg. Im Mittelfeldzentrum konkurriert Löwen wohl mit Arnold, Arne Maier (Hertha), Anton Stach (Fürth) und EM-Held Niklas Dorsch (Gent) um einen Platz in der Startelf.
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„Wir haben einen guten Mix aus den drei älteren Spielern, den frischgebackenen U 21-Europameistern und dem Jahrgang, der bei der U 21-EM 2019 die Olympia-Qualifikation eingefahren hatte, gefunden. Mit diesem Team wollen wir so weit wie möglich kommen und um die Olympischen Medaillen mitspielen“, sagt Stefan Kuntz, der auf den schon bei der U21-EM-Endrunde nach der vergangenen Saison fehlenden Maxim Leitsch vom VfL verzichtete. Drei Klubs stellen dabei zwei Spieler ab (Hertha BSC, Union Berlin und FC Augsburg), alle anderen höchstens einen.
Der Olympia-Kader der deutschen Nationalmannschaft:
Tor: Svend Brodersen (Yokohama FC), Florian Müller (VfB Stuttgart), Luca Plogmann (Werder Bremen)
Abwehr: Benjamin Henrichs (RB Leipzig), Amos Pieper (Arminia Bielefeld), David Raum (TSG Hoffenheim), Jordan Torunarigha (Hertha BSC), Felix Uduokhai (FC Augsburg), Josha Vagnoman (Hamburger SV)
Mittelfeld/Angriff: Nadiem Amiri (Bayer Leverkusen), Maximilian Arnold (VfL Wolfsburg), Niklas Dorsch (KAA Gent), Ismail Jakobs (1. FC Köln), Max Kruse (Union Berlin), Eduard Löwen (VfL Bochum), Arne Maier (Hertha BSC), Marco Richter (FC Augsburg), Anton Stach (SpVgg Greuther Fürth), Cedric Teuchert (Union Berlin)