Bochum. Ruhe im Verein, eine starke Führung, Teamgeist und ein Trainer, der vorangeht: Der VfL Bochum feiert hochverdient den Aufstieg. Ein Kommentar.

Danilo Soares setzte das erste Ausrufezeichen dieser Saison beim VfL Bochum. Der Linksverteidiger mit Bundesliga-Format war bereits verabschiedet worden nach der vergangenen Saison, sein Vertrag lief Ende Juni aus, als der Brasilianer selbst langjährige Teamkollegen überraschte. Er verlängerte seinen Vertrag um vier Jahre, und die Bochumer Fans flippten auf den Social-Media-Kanälen aus wie nach einem Sieg über Schalke.

Soares wollte mit dem VfL in die Bundesliga. Er hat es geschafft. Und zwar als Meister nach dem Finale am Pfingstsonntag gegen Sandhausen. Dem mühsamen, von Hektik geprägten 3:1. Anthony Losilla, der Kapitän, und Robert Zulj, der Spieler der Saison, machten den Deckel drauf. Der VfL hat seine wochenlange Pole Position ins Ziel gebracht, mit letzter Kraft. Chapeau, VfL Bochum!

Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz und Trainer Thomas Reis gelang es, bis auf Jordi Osei-Tutu den Stamm des Vorjahres zu halten, ihn in der Spitze zu verstärken, das war die sportliche Basis für den Erfolg. Gerrit Holtmann half sofort, Herbert Bockhorn nach Anlaufproblemen auch wegen Verletzungspechs etwas später.

In der Breite sorgte der eine oder andere Spieler für den nötigen Konkurrenzdruck. Der war wichtig für diesen historischen Triumph: Ausruhen durfte sich niemand, und zudem gab es vergleichsweise wenige Verletzte und keinen einzigen Coronafall in der Saison. Und als sich im Endspurt die Ausfälle häuften, sprangen andere in die Bresche.

Der Trainer und der Kapitän: Thomas Reis führt den VfL Bochum als Trainer zurück in die erste Liga, Losilla trägt auf dem Platz die Binde.
Der Trainer und der Kapitän: Thomas Reis führt den VfL Bochum als Trainer zurück in die erste Liga, Losilla trägt auf dem Platz die Binde. © Getty Images | Alex Grimm

VfL Bochum: Trainer Reis sorgt für eine klare Linie auf und neben dem Platz

Thomas Reis verzichtete auch mal auf Leistungsträger wie Robert Zulj oder Danilo Soares, er setzte seine Linie konsequent durch. Einsatz und Teamgeist stehen bei ihm an erster Stelle. Er selbst geht dabei voran, bindet Führungsspieler immer wieder mit ein. Und irgendwann hatte die klare Linie jeder kapiert.

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Die Mannschaft wurde unter Reis so zu einer Einheit, beflügelt natürlich auch von Erfolgen wie dem 3:1 in Hamburg, dem großen Wendepunkt, wie dem Pokalfest in Mainz. Klare Strukturen gab es auch auf dem Rasen zu sehen. Reis, von sich und seiner Idee überzeugt, aber auch lernwillig genug und Teamplayer ohnehin, korrigierte die eine oder andere Maßnahme der ersten Wochen.

Eine Elf mit festem Stamm rauscht durch die Liga

Er formte eine Elf mit festem Stamm, die mit Ballbesitz, Pressing, Einsatzfreude, Mentalität und Tempo attraktiv an die Spitze rauschte. Die mit Typen wie Robert Zulj und Simon Zoller Spieler hat, die den Unterschied ausmachen können. Die auf Rückstände und Rückschläge immer wieder zügig antwortete. Die ruhig blieb. Auch nach außen.

Es gab keine öffentlichen Störfeuer aus der Mannschaft, und wenn ein Fünkchen entflammte, so wurde es intern erstickt. Nach draußen drang kein Zoff, wobei die Corona bedingte Abschottung dazu auch ein Stück beigetragen haben mag.

Geschäftsführer Kaenzig und Schindzielorz führen den Klub mit Bedacht und Erfolg

Ruhe nach außen, Akribie in der Arbeit zeichnet auch die Geschäftsführung aus. Der souveräne Sprecher der Geschäftsführung, Ilja Kaenzig, führt den Verein mit Engagement, Verstand, bestmöglicher Transparenz durch die wirtschaftlich so schwierige Zeit. Der Schweizer ist ein Glücksfall für den VfL.

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Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz, der vor anderthalb Jahren von vielen noch hart Attackierte, hat sich längst profiliert und etabliert. Er macht aus wenig viel, seine Transferbilanz ist mittlerweile bemerkenswert gut. Vor allem gilt auf der Führungsebene, zu dem auch das Präsidium mit Hans-Peter Villis an der Spitze zählt: Unstimmigkeiten bleiben intern.

Es ist ja nicht so, dass es nicht mal knistert und auch mal kracht beim VfL Bochum, zwischen den Gremien, zwischen Menschen. Aber die öffentliche Inszenierung eines Theaterstücks der Eitelkeiten, die es in der Vergangenheit immer mal wieder gab, bleibt beim VfL mittlerweile aus.

In der Bundesliga muss der Verein Geduld beweisen

In der Bundesliga wird alles lauter, schriller, bundesweit gieren dann Medien nach Schlagzeilen. Der VfL Bochum muss diese Ruhe im Verein, die ihn in den vergangenen drei Jahren nach oben geführt haben, zwingend beibehalten.

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Er muss auch dann Geduld beweisen, wenn es mal nicht so läuft. Nur mit einem solchen Rückhalt und eigenem Teamgeist könnte auch die Mannschaft, deren Kern beisammen bleibt, die aber natürlich noch verstärkt werden muss, die Klasse halten. Und das wäre ein nicht minder großer Erfolg wie der Aufstieg. Der hochverdiente Aufstieg.