Bochum. Der VfL Bochum kann in Nürnberg aufsteigen. Der Vorstandsvorsitzende Hans-Peter Villis spricht über die sportliche und wirtschaftliche Zukunft.
Hans-Peter Villis (62) ist seit 2010 in den Führungsgremien des VfL Bochum, zunächst als Aufsichtsrat, ab 2012 dann als dessen Vorsitzender. Seit 2018 ist er Vorstandsvorsitzender. Er übernahm die Ämter in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit. Der Klub konsolidierte sich bis zur Coronakrise, sportlich aber lief es selten richtig rund. Bis zu dieser Saison. Am Sonntag kann der VfL in Nürnberg aufsteigen. Im Interview spricht Villis über die Saison, die finanzielle Lage, Sponsoren und Investoren.
Herr Villis, steigt der VfL am Sonntag in Nürnberg auf oder doch lieber zuhause, am Pfingstsonntag gegen Sandhausen?
Hans-Peter Villis: Natürlich wäre es schön, wenn wir am Sonntag mit einem Sieg in Nürnberg aufsteigen würden. Aber wir bleiben auf dem Teppich, noch haben wir den Aufstieg nicht erreicht. Ich bin optimistisch, dass wir es schaffen. Wenn nicht in Nürnberg, dann gegen Sandhausen.
Haben Sie in den elf Zweitliga-Jahren des VfL, in Ihren neun Jahren als Vereinschef auch mal die Hoffnung auf einen Aufstieg aufgegeben?
Nein. Wir hätten uns natürlich alle gewünscht, schon früher oben anzuklopfen. Denn wir sind alle angetreten, um den VfL dahin zu bringen, wo er hingehört, in die Bundesliga. Wir mussten nach 2012 aber drei, vier Jahre den Fokus auf die wirtschaftliche Konsolidierung legen. Wir haben es letztlich geschafft, den Verein am Leben zu halten und ihn dann bis zur Corona-Pandemie wieder wirtschaftlich flexibler aufzustellen. Wir hatten so auch bei Transfers wieder mehr Möglichkeiten. Wir haben es zudem geschafft, in den letzten Jahren für Kontinuität zu sorgen, im Präsidium, in der Geschäftsführung. Und: Wir haben Ruhe im Verein. Wir diskutieren intern viel, auch kontrovers. Aber extern sprechen wir mit einer Stimme. Darauf bin ich besonders stolz.
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Öffentlich wurde das Thema Aufstieg bis kurz vor Schluss nie zum Thema gemacht vom Verein. Hand aufs Herz: Gab es für Sie nicht doch viel früher Schlüsselmomente, nach denen Sie dachten: Ja, es könnte klappen?
Der Sieg im Hinspiel in Hamburg war sicherlich ein Wendepunkt. Ein Schlüsselspiel war für mich der Pokalerfolg in Mainz. Da hat man gesehen und gespürt, dass aus der Mannschaft unter Trainer Thomas Reis ein richtiges Team geworden ist. Man merkt in dieser Saison: Die wollen, die Jungs. Das macht die Mannschaft so stark. Und jetzt hoffen wir alle, dass sie die Saison krönen kann.
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Wie gehabt ohne Fans im Stadion.
Das tut mir für die Anhänger unheimlich Leid. Aber die Gesundheit geht vor, das war und ist immer unsere oberste Prämisse. Wir bekommen natürlich die Euphorie unserer Fans mit, das ist schon Wahnsinn, das freut uns alle. Aber wir appellieren weiterhin an alle Anhänger, sich an alle Regeln zu halten. Auch, wenn wir aufsteigen sollten.
Hans-Peter Villis: "Auch in der Bundesliga müssten wir uns nach der Decke strecken"
Sie haben es erwähnt: Die Pandemie sorgte auch für rote Zahlen, bis zum Saisonende beträgt der coronabedingte Einnahmeverlust rund neun Millionen Euro. Ein Kredit bei der KfW-Bank in Höhe von sechs Millionen Euro war existenziell wichtig. Wäre ein Jahr Bundesliga daher auch wirtschaftlich ein Segen?
Ein Segen wäre übertrieben. Wir schreiben diese und voraussichtlich auch nächste Saison rote Zahlen. Die in Anspruch genommenen Mittel müssen in den kommenden Jahren getilgt werden. Das wird unsere nächste große Herausforderung sein. Und auch in der Bundesliga müssten wir uns nach der Decke strecken. Wir würden mit unserem Etat sicherlich nicht zum Mittelfeld der Bundesliga gehören, und wir können es uns auch nicht leisten, Ablösesummen für neue Spieler zu bezahlen. Aber die Rahmenbedingungen wären besser als in der 2. Bundesliga. So steigen die Einnahmen aus dem Sponsoring, es gibt deutlich mehr Geld aus der TV-Vermarktung. Auf der anderen Seite steigen die Kosten, vor allem für die Mannschaft. In der 2. Liga aber müssten wir – anders als in der Bundesliga – gemäß einer Auflage der DFL zusätzliche liquide Mittel generieren.
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Ist der Klub auch im Aufstiegsfall auf Transfererlöse angewiesen?
Grundsätzlich nicht. Es gibt aber auch noch offene Fragen. Zum Beispiel, wann wieder Fans ins Stadion dürfen. Zudem laufen Verhandlungen mit Sponsoren. Unsere langjährigen, großen Partner sind uns auch in der Pandemie fast alle treu geblieben. Diese Verlässlichkeit hilft uns enorm, und das gilt ligaunabhängig.
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Der Vertrag des Haupt- und Trikotsponsors Tricorp läuft aus. Wann präsentiert der VfL einen neuen Hauptsponsor?
Wir sind in sehr guten Verhandlungen und hoffen, dass wir zeitnah ein Ergebnis präsentieren können. Das hängt aber auch davon ab, wie wir letztlich sportlich abschneiden.
Eine weitere Einnahmequelle wäre der Einstieg eines Investors. Wie ist der Stand?
Es gibt viele Interessenten. Aber es muss stimmen. Das hat auch mit der Corona-Krise zu tun. Einige Vereine haben zuletzt Anteile an Investoren verkauft zu Preisen, die deutlich unter dem Wert vor der Corona-Krise lagen. Wir hingegen haben immer betont, dass wir vom Wert des VfL Bochum überzeugt sind und nur einen strategischen Partner dabei haben wollen, der auch wirklich zu uns passt. Dabei bleibt es. Unabhängig davon, ob wir in der 1. oder 2. Liga spielen.