Bochum. Der VfL Bochum steht vor dem Aufstieg. Was wäre, wenn es am Sonntag klappt? Die Behörden appellieren: Bleibt daheim! Viele Fans sehen das anders.

Wohin mit all der Freude? Was tun, wenn der so lange aufgestaute Druck ein Ventil sucht? Wie grenzenlos jubeln, wenn Corona gnadenlos enge Grenzen setzt? Fragen, die die VfL-Fans seit Wochen umtreiben. Die offiziellen Aufrufe könnten sich kaum krasser von der Stimmungslage Zehntausender Blau-Weißer unterscheiden. Bochum will nach elf langen Jahren den Wiederaufstieg feiern, möglichst schon an diesem Sonntag. Aber wo? Und wie, mitten in der Pandemie?

Natürlich tut es Thomas Eiskirch leid. Natürlich könnte sich Sebastian Schindzielorz Schöneres vorstellen. Natürlich weiß Jörg Lukat um die Aussichtslosigkeit seiner Mission. Doch der Oberbürgermeister, der VfL-Geschäftsführer und der Polizeichef müssen es tun. Müssen an alle Anhänger appellieren, im Falle eines Aufstiegs daheim zu bleiben, nicht zum Stadion zu kommen, nicht die Castroper Straße zu bevölkern, erst recht nicht gegen Mitternacht als Begrüßungskomitee aufzumarschieren, falls die Mannschaft als frischgebackener Erstligist aus Nürnberg zurückkehrt. Immerhin gilt bei einer Inzidenz von aktuell 114,3 nach wie vor die Corona-Notbremse mit Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperre ab 22 Uhr.

VfL Bochum vor dem Aufstieg: Günther Pohl rechnet mit Autokorso

Doch siehe oben: Viele Fans meinen, lange genug allein vom Aufstieg geträumt zu haben, vor der Glotze mit Sky, am Radio mit Günther Pohl. „Stell dir vor der VfL steigt auf und keiner geht hin“, hatte Ralf „Lobo“ Wolf, Vorsitzender des ältesten VfL-Fanclubs „Bochumer Jungen“, noch zum Jahreswechsel geunkt. Aber wäre es am Sonntag gegen 17.15 Uhr vollbracht, gäbe es vielfach kein Halten mehr.

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Das zeigten vor einer Woche die mehr als 200 jubelnden Fans, die trotz dringender Bitte des Clubs und der Stadt am Stadion zusammenkamen.

Daran glaubt Radioreporter Günther Pohl, der mit einem erneuten Autokorso rechnet: „diesmal nicht am leeren Stadion, sondern durch die Innenstadt und das Bermudadreieck.“

Das dokumentieren Dutzende Fan-Posts nach einem Was-wäre-wenn-Aufruf auf der WAZ-Facebook-Seite.

Fans in Euphorie: „An dem Tag wird uns keiner halten!“

„Es dürfte ja wohl klar sein, dass kaum ein VfL-Fan das Radio oder Fernsehen ausschalten und erstmal Wäsche aufhängen wird“, vermutet Christoph Kühnemund. „Ganz Bochum wird ‘ne Partymeile sein“, frohlockt Pascal Fallatik. „An dem Tag kann uns keiner halten!“, schreibt Christian Siering. „Die Stadt wird beben“, ergänzt Markus Foerster. „Ab zum Stadion!“, trommelt Dennis Pepe W. „Autokorso am Cityring, wer ist dabei?“, fragt Pascal Gutowski. Und wo soll der Korso enden? „Mit wehenden blau-weißen Fahnen am Schalke-Stadion“, schlägt Helmut Oberthaler feixend vor.

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Doch es gibt auch mahnende Stimmen. „Die Mannschaft geht 14 Tage in Quarantäne für den Aufstieg. Sie haben ein festes Ziel vor Augen und schützen gleichzeitig die Allgemeinheit. Super vorbildlich“, lobt Britta Niklas und meint: „Das kann man auch von den Fans erwarten.“ Wobei: „Autocorso geht ja immer.“ Sylvia Bölch bleibt dennoch daheim: „Ich feiere coronakonform zu Hause, bestelle mir beim Bratwursthaus ‘ne Dönninghaus und ein Fiege und hupe und jubel von meinem Balkon.“

15 Jahre ist der letzte Aufstieg des VfL Bochum her. Damals trug sich die Mannschaft mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Altegoer (sitzend) und Trainer Marcel Koller (3.v.l.) ins Goldene Buch der Stadt ein. Links: die damalige Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz.
15 Jahre ist der letzte Aufstieg des VfL Bochum her. Damals trug sich die Mannschaft mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Altegoer (sitzend) und Trainer Marcel Koller (3.v.l.) ins Goldene Buch der Stadt ein. Links: die damalige Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz. © Stadt Bochum

Stadt, Verein und Polizei appellieren an Verantwortung

Prima Idee, finden der VfL, die Stadt und die Polizei, die am Freitag in einer gemeinsamen Pressemitteilung den Zwiespalt in Worte fassten. „Als Fan weiß ich: Nichts wäre schöner, als gemeinsam zu feiern“, erklärt Thomas Eiskirch. „Doch so schwer es auch fällt: Die aktuelle Corona-Lage lässt es leider nicht zu.“

Auch Gastronomie setzt auf den VfL

Auch die Gastronomie in Bochum sehnt einen Aufstieg des VfL herbei. Zum Saisonbeginn im August, so die Hoffnung, wird zumindest die Außengastronomie wieder geöffnet sein.

Rund um die Spieltage würden die Umsätze in die Höhe schießen, so Bermuda-Wirt Christian Bickelbacher: auch dank der mitreisenden Auswärts-Fans.

Eine Motivationsspritze setzt die Schlagerbar „Schulz“. Sie verspricht, bei einem Aufstieg 5000 Euro für die VfL-Jugendabteilung zu spenden.

Die Polizei habe in den vergangenen Monaten „immer wieder erfreut registriert, wie verantwortungsvoll die VfL-Fans mit den Einschränkungen umgegangen sind“, würdigt Polizeipräsident Jörg Lukat. „Auf dieses Verantwortungsbewusstsein setzen wir auch an den beiden letzten Spieltagen.“

Appell an die Bürger: Raus mit den Fahnen und Schals!

Vorbereitet zeigen sich alle Akteure gleichwohl: der VfL, der sich laut Sprecher Jens Fricke im Austausch mit den Ordnungsbehörden befindet; die Stadt, deren Ordnungsdienst über die Corona-Regeln wacht; und die Polizei, die sich „für alle Fälle vorbereitet“ zeigt.

An alle Bochumer richtet sich ihr Appell: „Feiert den VfL zu Hause. Holt die Fahnen und Schals raus, schmückt eure Wohnung, den Balkon, singt lauthals die Hymnen!“ Die Stadt werde der Mannschaft bei einem Aufstieg mit Grußbotschaften auf Großplakaten und Videowänden danken.

Der VfL Bochum vor dem Aufstieg: Alles, was Sie jetzt wissen müssen, lesen Sie hier!