Bochum. Es ist eine Plattitüde, aber allen Profis des VfL Bochum war klar: Nach dem wichtigen Sieg in Hamburg ist vor dem noch wichtigeren Heimspiel am Freitagabend (20.30 Uhr) gegen Köln. Dedic fällt nach aktuellem Stand flach, Klimowicz dagegen steigt am Dienstag wieder ins Training ein.
„Kaputtgelacht” hätte sich ein Teil der rund 800 mitgereisten Anhänger, erzählte einer aus dem VfL-Block vom Sonntag-Abend-Erlebnis in Hamburg. In erster Linie aus purer Lust, weil sie nach dem Schlusspfiff mit den VfL-Spielern tatsächlich die Welle des Sieges zelebrierten – zum ersten Mal seit Ende September, zum zweiten Mal auswärts, zum ersten Mal unter Trainer Heiko Herrlich.
Andererseits war es auch eine Art Schadenfreude, die die Anhänger zuvor zu konstant bester Laune trieb: Weil der HSV vor allem in der ersten Halbzeit Chance um Chance versiebte – und Bochum eine seiner drei Möglichkeiten nutzte. Fußball verkehrt?
Dedic fällt nach aktuellem Stand flach
Unverdienter Sieg? Oder doch verdient? Sicherlich auch Ansichtssache. Im Fußball schlägt Effizienz nunmal optische Überlegenheit. Und Einsatz, den zeigten die Bochumer, die krassen Außenseiter, nachdem sie auswärts bisher fast immer nur über den Rasen getorkelt waren. Allein das ein Fortschritt, ein selbstverständlicher allerdings.
Dass der HSV aber nicht schon vor der Pause 1:0 oder 2:0 führte, lag nicht nur an der Abschluss-Schwäche von Elia und Co., sondern auch an Schiedsrichter Perl, der den Treffer von Mathijsen nicht gab, den die meisten Schiedsrichter gegeben hätten. Glück für den VfL, auch wenn Torwart Philipp Heerwagen, erneut nicht immer der Sicherste, sehr wohl eine klare Behinderung gespürt haben will.
Fakt ist aber auch: Nach harmloser, schwacher erster Halbzeit steigerten sich die Bochumer. Und dabei spielte eine personelle und taktische Korrektur des Trainers eine nicht unerhebliche Rolle, denn „dass wir uns in der ersten Halbzeit so haben reindrängen lassen”, räumte er ein, „war nicht so geplant”.
Im ersten Durchgang schickte er in seinem 4-2-3-1 Stanislav Sestak auf den rechten Flügel, was gegen Freiburg phasenweise funktioniert hatte. Gegen Hamburg aber hatte der Stürmer mehr Defensiv-Aufgaben zu erledigen – und erledigte sie nicht. „Aus taktischen Gründen”, so der Coach, wechselte Herrlich seine einzige Spitze aus, Joel Epalle, der sich bei einem Zweikampf direkt vor der Pause nicht verletzt hatte, wie es erst den Anschein hatte. Sestak rückte in die Spitze, damit der VfL mit dem schnellen Slowaken „mehr Nadelstiche” setzen konnte, mitten hinein ins defensive Herz der Hamburger. Auf rechts feierte Roman Prokoph sein Bundesliga-Debut, links war bereits vor der Pause Dennis Grote gekommen für den bis dahin schwachen und dann verletzten Mimoun Azaouagh.
Folge: Die Flügel sorgten für mehr Gefahr und zugleich Entlastung, weil „Grote und Prokoph mehr Druck auf die Außenverteidiger ausgeübt haben”, so Herrlich; und das Spiel in die Spitze wurde wenigstens ansatzweise gefährlicher. Dass sich Sestak ganz vorne wohler fühlt, wie er selbst meinte, war bekannt und nicht zu übersehen, wobei Herrlich betonte, dass auch Epalle „seine Sache gut gemacht” habe, indem er Bälle behauptete – freilich meist mit dem Rücken zum HSV-Tor statt mit Zug in diese Richtung.
Prokoph jedenfalls, der Kapitän der Regionalliga-Elf, der seit Wochen bei den Profis mittrainiert, war wohl der größte, in jedem Fall glücklichste Gewinner. Beweglich, engagiert, mutig präsentierte sich der 24-Jährige, verhinderte bei seiner Kopfball-Abwehr auf der Linie das 0:1 und feierte gleich einen Sieg ausgerechnet in Hamburg, wo er doch vor seinem Wechsel zum VfL vor anderthalb Jahren beim FC St. Pauli gespielt hatte: „Das ist ein völlig geiles Gefühl”, schwärmte Prokoph, und Herrlich bescheinigte ihm eine „absolut gute Leistung”.
Das konnte man von den Außenverteidigern Matias Concha und Christian Fuchs nicht behaupten, während innen Marcel Maltritz und vor allem Mergim Mavraj sehr solide agierten. Auf der Doppel-Sechs zeigte Christoph Dabrowski ansteigende Form, Marc Pfertzel indes blieb blass.
Es bleibt also viel zu tun, das sahen auch die Spieler so und der Trainer sowieso. Erleichterung ja, aber von Euphorie keine Spur vor dem ja noch wichtigeren Heimspiel gegen Abstiegskonkurrent 1. FC Köln am Freitag. Einem Spiel, in dem Herrlich eine Gangart fordert wie in Halbzeit zwei in Hamburg. Von Beginn an und bis zum Schluss.
PERSONALIEN
Es goss in Strömen, als die VfL-Profis gestern Morgen ein leichtes Training absolvierten. Wieder gesund dabei war Kevin Vogt. Diego Klimowicz „wird am Dienstag wieder einsteigen”, so Trainer Heiko Herrlich. Anthar Yahia, der wegen Adduktoren-Problemen kurzfristig seinen HSV-Einsatz hatte absagen müssen, unterzieht sich am Dienstag einer Kernspin-Untersuchung. Pech für Mimoun Azaoaugh: Er zog sich einen Muskelfaserriss zu, fällt zwei Wochen aus. Auch Zlatko Dedic fehlt gegen Köln wohl: Er lag mit Fieber im Krankenhaus, „vorsichtshalber zur Beobachtung”, so Herrlich.