Düsseldorf. . Wenn am Freitag Deutschland in der WM-Qualifikation auf Irland trifft, ist auch Julian Draxler wieder dabei. Im Interview spricht der 20-jährige Jungstar vom FC Schalke 04 über den FC Bayern München, die Weltspitze des Fußballs, seine Rolle auf dem Platz und das irische Herz.
Mit 17 gab er sein Debüt für Schalke. Mit 18 berief ihn der Bundestrainer erstmals in die Nationalmannschaft. Am Freitag in Köln, wenn gegen Irland die Qualifikation für die WM in Brasilien erledigt werden soll, wird Julian Draxler wohl auf der linken Offensivflanke unterwegs sein. Aufregung? In der Lobby des Teamhotels Hyatt in Düsseldorf ist davon nichts zu spüren. Eher eine selbstbewusste Vorfreude, nicht nur auf dieses Spiel, sondern auf diesen ganzen großen Fußball, der noch vor ihm liegt und für den er sogar vor dem Abitur die Schule abbrach.
An den Universitäten beginnt gerade das Wintersemester. Angenommen, Sie hätten sich nicht dazu entschieden, den Fußballweg zu gehen: Welches Studium wäre in Frage gekommen, Herr Draxler?
Julian Draxler: Ich bin erst einmal froh, dass ich in den Fußball reingerutscht bin. Wäre das nicht passiert, wäre es wohl in die Richtung Sportmanagement gegangen.
Und wenn Sie nicht Fußball spielen? Sind Sie der Manuel-Friedrich-Typ, der dann sagt: Ach, interessiert mich nicht so. . .
Draxler: Nein, überhaupt nicht. Ich verfolge dann zum Beispiel auch die internationalen Ligen.
Sie sind doch immer noch erst 20 Jahre alt. Wer hilft Ihnen, sich auf Fußball konzentrieren zu können?
Draxler: Zum einen schaffe ich viel selbst, weil es mir auch sehr viel Spaß macht. Zum anderen habe ich immer noch einen Rückzugsort, dadurch, dass ich so nah bei meiner Familie bin. Da kommt man dann auch schnell mal auf andere Gesprächsthemen. Aber generell ist es auch so. Wenn ich sonntags um halb vier meine Eltern besuche, dann läuft da auch Fußball im Fernsehen, weil man Vater schaut.
Und nervt es Ihren Vater wie viele andere Fans des Fußballs auch, wenn er die Bayern spielen sieht und die immer den Ball haben?
Draxler: Nein, das nervt ihn nicht. Ich glaube, der hat auch seinen Spaß daran. Das ist eben sehr ansehnlich. Da gibt es nichts zu meckern.
Und als Schalker?
Draxler: Natürlich würde man sich freuen, wenn die Bayern nicht ganz so stark wären. Auf der anderen Seite, wenn man sieht, wie sie bei Manchester City auftreten: Da kann Fußballdeutschland auch stolz sein. Und mir persönlich hat es auch Spaß gemacht, dieser Überlegenheit zuzuschauen.
Macht es auch Spaß, gegen eine solche Mannschaft zu spielen?
Draxler: Nein. Absolut nicht. Wir haben das mit Schalke ja erfahren, als wir zu Hause 0:4 untergegangen sind. Man denkt die ersten zwanzig Minuten: fängt doch ganz gut an. Und dann machen die Bayern innerhalb von zwei Minuten zwei Tore.
Wie kriegen die Bayern das hin?
Draxler: Sie sind über die Jahre hinweg eingespielt. Und Spieler wie Basti (Bastian Schweinsteiger) und Philipp Lahm sind im besten Fußballeralter. Da macht halt kaum jemand einen Fehler. Und deshalb ist Bayern meiner Meinung nach auch die beste Mannschaft der Welt.
Kann man sich nur in einer solchen Weltklassemannschaft auch als Weltklassespieler etablieren?
Draxler: Ich denke, dass Weltklassespieler auch immer in den besten Mannschaften der Welt spielen.
Das sind für Sie im Moment?
Draxler: Das sind für mich Real Madrid, Barcelona, die Bayern, Arsenal, Chelsea, Manchester United.
Draxler über seine Träume und die Rolle von Kevin-Prince Boateng
Sie möchten irgendwann zu einem solchen Klub wechseln?
Draxler: Ich sage ganz ehrlich, dass ich davon träume. Aber ich sage auch, dass ich schon immer Schalker war, dass meine Familie Schalke ist, dass ich dem Verein sehr, sehr viel zu verdanken habe. Mein Traum ist trotzdem, für die größten Vereine in Europa zu spielen.
Sie sollen im Verein mit 20 schon Führungsspieler sein. Geht das?
Draxler: Ich denke schon, bin aber gleichzeitig froh, dass wir mit Kevin-Prince Boateng einen Spieler dazubekommen haben, der Last von meinen Schultern genommen hat.
Er hat Ihren Posten in der Mittelfeldzentrale übernommen…
Draxler: Damit habe ich mich abgefunden, dass eigentlich keiner außer mir mich auf der Position sehen will. Ich bin aber auf den Außenpositionen sicher gut aufgehoben und habe immer gesagt, dass man im Spiel auch Positionen tauschen kann.
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Wie sind die feinen Unterschiede der Rollen, außen, zentral?
Draxler: Auf der Außenbahn habe ich oft den Ball so, dass der Gegner frontal vor mir steht und ich auf ihn zulaufen kann. Das kommt mir natürlich entgegen, weil ich gerne dribble, mit Tempo auf den Gegner zugehe. Und zentral hat man halt selten die Situation, dass man mit Tempo auf die Abwehr zulaufen kann, weil man ständig Gegner um sich herum hat. Da braucht man eine gewisse Übersicht. Und die kommt nur mit der Zeit. Wenn man sich Mesut (Özil) anguckt: Ich glaube, der weiß schon 30 Sekunden vorher, wo der Gegner hinlaufen wird.
Noch einmal zur Uni. Wenn man Fußball studieren könnte, welches Seminar würden Sie belegen? Komplexes Defensiverhalten?
Draxler: Sie wollen wissen, was ich studieren müsste? Na klar, die Defensive ist nicht meine große Stärke. Aber in der Theorie weiß ich, was ich zu tun habe. Da bringt einem dann das Studium auch nicht viel.
Bastian Schweinsteiger war sehr enthusiastisch, als er über die Iren gesprochen hat. Die haben ihre Herzen am rechten Fleck, hat er geschwärmt. Ist der deutsche Fußball schon zu sachlich, professionell?
Draxler: Ich finde, das ist die große Stärke der Iren, da hat der Basti absolut recht. Aber ich denke, dass wir auch das Herz dabei haben, dass wir nur mittlerweile auch über andere Tugenden kommen. Nicht nur über das Grätschen, Kämpfen, das typisch Deutsche.
Wenn die WM-Qualifikation gepackt wird, gibt es also ganz unsachlich eine Sause?
Draxler: Nein, das glaube ich nicht. Ich habe natürlich noch nie eine Qualifikation perfekt gemacht. Deshalb kann ich nicht sicher sein, wie das so abläuft. Aber wir haben ja Dienstag in Schweden noch ein Spiel, bei dem wir Deutschland wieder würdig vertreten wollen.