Frankfurt. . Dicke Luft beim FC Schalke 04 nach der 0:1-Pleite in Frankfurt. Manager Horst Heldt fürchtet um das Erreichen des Saisonziels und droht den Spielern. Doch Julian Draxler kontert die Kritik. “So schlecht habe ich das Spiel nicht gesehen“, sagte Draxler.

Es war keine Brandrede, dafür war der Tonfall viel zu leise. Es war auch kein Appell, dafür war die Wortwahl nicht fordernd genug. Es war eher eine Mischung aus Ratlosigkeit und Desillusion, die Horst Heldt antrieb und die nach dem Spiel in Frankfurt in dem Satz gipfelte: „Es funktioniert nicht seit gefühlten 50 Jahren auf Schalke.“ Tiefer kann der Frust bei einem Leitenden Angestellten von Schalke 04 nicht sitzen.

Keine zehn Meter neben Horst Heldt stand Frankfurts Torwart Oka Nikolov. Der wird Mitte Mai 39 Jahre alt und war der beste Spieler auf dem Platz – eine schöne Geschichte aus Frankfurter Sicht. Heldt aber verstand nicht, warum seine Schalker Spieler diesen Torwart-Oldie nicht einmal bezwingen konnten. Vor allem, warum seine Schalker Spieler auch nicht mehr dafür getan hatten, um diesen Oldie zu bezwingen. Heldt rang nach Worten und ging dann zum Angriff auf die eigene Mannschaft über, der er ein Spiel „im Schongang“ bescheinigte: „Entweder man will was, oder man will nix – anscheinend wollen wir nix“. Diese 0:1-Niederlage bei Eintracht Frankfurt, gerade in einem so wegweisenden und für das Erreichen des Saisonziels womöglich entscheidenden Spiel, hatte Schalkes Manager bis ins Mark getroffen.

Tingeltour statt Königsklasse?

Der Frust saß so tief, weil Heldt sich in dieser Saison schon so oft den Mund fusselig geredet hatte, aber die Mannschaft sich offenbar nichts davon annimmt – jedenfalls nicht auf Dauer. Einen Schritt vor, einen zurück – so stolpert Schalke durch die Saison und kommt der so wichtigen Qualifikation für die Champions League einfach nicht näher. Jetzt sind es nur noch vier Spiele, und Heldt fürchtet, dass Schalke das Saisonziel entgleitet. Deswegen malte er ein düsteres Bild und drohte den Spielern mit einer Tingeltour über die Dörfer, wenn die Europapokal-Teilnahme verpasst wird: „Ich stelle mich jetzt darauf ein, dass wir im kommenden Jahr jeden Dienstag und Mittwoch auf Freundschaftsspiel-Tour gehen werden“, sagte er und murmelte, dass dies wohl lustig werden könnte: „Wird es aber nicht.“

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Man kann diese Drohung getrost als Mittel der Verzweiflung werten, als letzten Weckruf. Deswegen wollte Heldt auch nichts davon hören, dass Schiedsrichter Günter Perl vor dem Frankfurter Siegtor durch Marco Russ in der 42. Minute mit einem Freistoßpfiff daneben lag und in der zweiten Halbzeit ein Tor des eingewechselten Teemu Pukki zu Unrecht nicht anerkannte. „Es ist komplett falsch, über den Schiedsrichter zu diskutieren, wenn wir selbst das meiste falsch gemacht haben“, entgegnete der Manager und hatte sich bei dieser Strategie wohl genau mit Trainer Jens Keller abgestimmt. Denn auch der sagte knapp: „Soll ich jetzt bei der Leistung der Schiedsrichter anfangen? Ich habe genug zu tun mit der Leistung meiner Mannschaft.“ Beide wollten den Spielern kein erneutes Alibi liefern. Keller stichelte sogar, seine Spieler seien „in den letzten 70 Minuten“ nicht mehr willens gewesen, die Niederlage abzuwenden: Nachdem Michel Bastos mit einem Handelfmeter an Oka Nikolov gescheitert war (24.).

Frust und dicke Luft bei den Schalkern

Frust und dicke Luft: Es war ein gefährliches Gemisch, in dem sich Schalke da bewegte. Denn nicht alle Spieler konnten nachvollziehen, dass sie von der sportlichen Leitung so sehr in den Boden gestampft worden waren. Jung-Star Julian Draxler etwa reagierte sehr überrascht auf die Heldt-Kritik und entgegnete: „Aus meiner Sicht kann man der Mannschaft keinen Vorwurf machen, dass wir nicht wollten.“ Schalke sei in entscheidenden Szenen benachteiligt worden, „so schlecht habe ich das Spiel nicht gesehen.“ Doch das sahen Heldt und Keller ganz anders...