Gelsenkirchen. Aufatmen in Gelsenkirchen: Der FC Schalke 04 darf weiter von der Champions League träumen. Die Königsblauen erkämpften sich am Samstagabend trotz 0:2-Rückstand ein 2:2 (0:1)-Unentschieden gegen den Tabellendritten Bayer 04 Leverkusen. Schalke verteidigte damit Rang 4 vor dem SC Freiburg.
Der große Schritt nach vorne wurde verpasst, und dennoch darf Schalke 04 zumindest weiter auf die erneute direkte Champions-League-Qualifikation hoffen. Das personell arg dezimierte Schalker Team erreichte gegen den direkten Konkurrenten Bayer Leverkusen nach einem 0:2-Rückstand noch ein 2:2. Die Königsblauen bleiben damit vier Punkte hinter Bayer und werden sich vermutlich darauf konzentrieren müssen, am Ende der Saison den Königsklassen-Qualifikationsrang vier zu erreichen.
Schalke begann in der Anfangsphase zu verhalten gegen Bayer
Auf Schalkes Ersatzbank saßen zwei A-Jugendliche und zwei Spieler aus der zweiten Mannschaft. Neben den Langzeitverletzten fehlten diesmal auch noch die verletzten Jefferson Farfan, Jermaine Jones, Tranquillo Barnetta, Christoph Metzelder und Chinedu Obasi sowie der gelbgesperrte Roman Neustädter. Für Christian Fuchs war trotzdem kein Platz in der ersten Elf frei: Trainer Jens Keller vertraute auf der Linksverteidigerposition weiterhin Sead Kolasinac, der auch vor der Abwehr hätte spielen können, doch dort durfte Christoph Moritz antreten.
Auch in der offensiven Dreier-Reihe im Mittelfeld tat sich einiges, weil Stamm-Rechtsaußen Jefferson Farfan fehlte. Raffael kam als zentraler Spielmacher ins Team, Julian Draxler rückte nach links und Linksfuß Michel Bastos überraschend nach rechts.
Schalke begann vorsichtig und verhalten, während Leverkusen von Beginn an ausgeschlafener und auch in der Spielanlage reifer wirkte. In der achten Minute verlor Julian Draxler außen den Ball beim Dribbling, beim Konter spielte Andre Schürrle Doppelpass mit Stefan Kießling, bevor sich am Ende Timo Hildebrand im Schalker Tor ganz breit vor Schürrle machte und eine frühe Führung der Leverkusener verhinderte.
Drei Minuten später aber hätte auch Schalke in Führung gehen können. Draxler zog diesmal dynamisch in den Strafraum, machte mit einem Haken zwei Abwehrspieler frisch, zielte aufs lange Eck, doch Bernd Leno tauchte ab und bekam die Finger an den Ball.
Elf Minuten später legte Mittelstürmer Ciprian Marica mit dem Rücken zum Tor stehend zurück auf Raffael, der pfefferte aus 18 Metern aufs Tor, Leno flog und parierte.
Schalke punktet gegen Bayer
Schiedsrichter Gräfe erntete zur Halbzeit Pfiffe der Schalker Fans
In der 30. Minute waren sich Christoph Moritz, Joel Matip und Sead Kolasinc nicht einig, wie sie Sidney Sam attackieren sollten. Der suchte zielstrebig den Weg zum Tor und feuerte – drüber. Glück für Schalke.
Die Königsblauen leisteten sich viele kleine Fehler, viele Ungenauigkeiten, viele Konzentrationsschwächen. Jens Keller sah das, der Trainer tigerte durch seine Coachingzone, gab immer wieder Anweisungen für Korrekturen.
Seine Abwehr aber war auch in der 35. Minute nicht im Bilde. Andre Schürrle drehte sich im Strafraum, ließ einen tollen Schuss folgen, doch Timo Hildebrand entschärte ihn mit einer ebenso tollen Parade.
In der 39. Minute lag Ciprian Marica nach einer Abwehraktion im eigenen Strafraum. Leverkusen blieb am Ball, ignorierte Marica. Lars Bender flankte auf den zweiten Pfosten, dort stieg Simon Rolfes hoch und traf per Kopf zum 1:0 für Bayer.
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Zur Halbzeit musste sich Schiedsrichter Manuel Gräfe deshalb laute „Schieber“-Rufe anhören. Für ihn war es allerdings eine vertrackte Situation. Er hätte direkt abpfeifen müssen, als Marica am Boden liegen blieb, doch diese Situation hatte er offensichtlich nicht erkannt, weil er sich auf das laufende Spiel konzentrierte. Leverkusen war ja weiter im Angriff, war sogar im Strafraum – und, Hand aufs Herz: Welcher Spieler schießt in diesem Moment bei einer derart aussichtsreichen Gelegenheit freiwillig den Ball ins Aus? Zumal ja nie auszuschließen ist, dass auch mal ein Schauspieler genau darauf spekuliert und deshalb länger liegen bleibt als nötig. Das ist Ciprian Marica nicht zu unterstellen, der Rumäne war in dem Moment ganz sicher angeschlagen. Hätte sich aber Lars Bender für den Fair-Play-Preis beworben, anstatt zu flanken, hätten sich die Leverkusener hinterher sicherlich darüber beschwert, dass Marica relativ schnell wieder am Spiel teilnehmen konnte.
Insgesamt zu wenig Feuer im Schalker Spiel
Auch nach der Pause erhöhte Schalke weder Druck noch Tempo. Trotzdem hätte in der 57. Minute der Ausgleich fallen können: Raffael bediente Draxler, doch der traf den Ball nicht richtig und schoss weiter über das Gehäuse.
Die Folge der Schalker Lethargie: Das 0:2 in der 58. Minute. Michal Kadlec schlug einen Freistoß aus dem Halbfeld lang in den Strafraum, und plötzlich lag der Ball im Netz. Es sah zunächst so aus, als sei er an Freund und Feind vorbei direkt ins Tor geflogen, doch Stefan Kießling hatte ihm offenbar noch die entscheidende Richtung gegeben.
Die Schalker spielten in dieser Phase, als glaubten sie nicht, mit ihrer ersatzgeschwächten Formation gegen diesen Gegner etwas ausrichten zu können. Es fehlte zu oft die Inspiration, auch technisch starke Fußballer wie Julian Draxler und Raffael konnten das Schalker Spiel zu selten lenken. Es war insgesamt zu wenig Feuer im Spiel der Königsblauen.
Joker Pukki ebnete in heißer Schlussphase den Weg zum Ausgleich
Bis zur Schlussphase. Die hatte es dann in sich.
In der 66. Minute versuchte es Trainer Jens Keller mit einem Doppelwechsel. Er brachte Teemu Pukki für Ciprian Marica, außerdem durfte nun auch Christian Fuchs ran, Christoph Moritz musste das Feld verlassen. Der Wechsel vorne in der Spitze war ein wirkungsvoller: Während Marica nicht so auftrat, als wolle er sich für einen neuen Vertrag empfehlen, erzielte Teemu Pukki schon vier Minuten nach seiner Einwechslung den Anschlusstreffer: Der ansonsten wie schon in Bremen formschwache Michel Bastos schoss in seiner besten Szene kraftvoll aufs Tor, Leno ließ den Ball nach vorne abprallen, und der Finne staubte dankbar und clever ab.
Neue Hoffnung also. Einen abgefälschten Fernschuss von Christian Fuchs lenkte Bernd Leno im Rückwärtsfallen noch über die Latte. Jetzt war mehr Dampf in den Aktionen der Blau-Weißen. Jens Keller nahm auch noch Michel Bastos raus, brachte den 17-jährigen Max Meyer. Wieder ein guter Wechsel. Meyer traute sich etwas, schoss aufs Tor, der Ball wurde abgefälscht und fiel Teemu Pukki vor die Füße. Der bekam von hinten ein Stoß von Ömer Toprak – Rote Karte und Elfmeter! Raffael schoss scharf nach unten links und traf zum 2:2 in der 87. Minute.
Nach dem Abpfiff hielten fast alle Fans in der Nordkurve ihre Schals hoch und sangen das Lied vom Mythos vom Schalker Markt. Sie verabschiedeten die Spieler mit herzlichem Applaus, weil das spielerisch unterlegene Team am Ende leidenschaftlich um den einen Punkt gekämpft hatte.