Bilbao. Auch am Tag vor dem Europa-League-Rückspiel in Bilbao hielt sich Schalkes Superstar Raúl seine Zukunft offen. „Ich habe ein gutes Angebot von Schalke“, sagte Raúl, der vor einer Entscheidung über familiäre und persönliche Dinge nachdenken will. In Bilbao wurde Raúl triumphal empfangen.
Die Erinnerungen, die Senor Raúl Gonzales Blanco an das Estadio San Mames in Bilbao hat, sind nicht die besten: Es ist etwas mehr als zwei Jahre her, als er mit Real Madrid zum bislang letzten Mal hier gespielt hat und in der Primera Division mit 0:1 verlor – Raúl wurde erst in der 78. Minute eingewechselt und mag dies als Demütigung empfunden haben. Dies glaubt man umso mehr, wenn man sieht, welchen Stellenwert der Senor heute noch in Spanien besitzt.
Tumultartige Szenen nach der Ankunft der Schalker am Flughafen
Als Raúl am Mittwoch mit Schalke zum Viertelfinal-Rückspiel der Europa League in Bilbao landete, spielten sich schon am Flughafen tumultartige Szenen ab: Auch die baskischen Fans drängelten sich um die einstige Ikone von Real Madrid, in der Empfangshalle kippten Tische und Stühle um, und zum Teil vermummte Polizisten einer baskischen Spezialeinheit mussten dem Star Geleit geben, damit dieser überhaupt den Schalker Mannschaftsbus vor dem Flughafen erreichen konnte. Jeder wollte ein Lächeln von Raúl – einige forderten sogar seine Rückkehr in die spanische Nationalmannschaft. Raúl ließ es alles über sich ergehen: Auch mit 34 Jahren genießt dieser Sportsmann in Spanien eine unglaubliche Verehrung.
Man mag es sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass es solche Szenen vielleicht nicht mehr oft geben wird: Das Rückspiel in der Europa League an diesem Donnerstag (21.05 Uhr, Konferenz bei Kabel eins und live im DerWesten-Ticker) mit Schalke bei Athletic Bilbao, es könnte tatsächlich das letzte Europapokalspiel in der Karriere des großen Raúl sein. Dann nämlich, wenn Schalke die 2:4-Niederlage aus dem Hinspiel nicht mehr umdrehen kann und aus dem Wettbewerb ausscheidet – und dann, wenn Raúl wirklich seinen Vertrag auf Schalke nicht verlängert. Bisher steht der Stürmer im Statistik-Buch der Uefa bei 160 Europapokalspielen und 76 Toren – allein 71 Treffer hat er in der Champions League erzielt, mehr als jeder andere. Er ist der Größte dieser Klasse.
Noch aber ist es nicht soweit, noch hofft Schalke, das irgendwann unvermeidbare Ende hinauszögern zu können. Raúl will sich noch nicht festlegen, auch in seiner spanischen Umgebung hielt er sich alles offen und sagte nur: „Ich habe ein gutes Angebot von Schalke und muss mir jetzt über einige familiäre und persönliche Dinge klar werden. Dann werde ich eine Entscheidung treffen.“ Eine Tendenz ließ er nicht erkennen – im Januar im Trainingslager in Katar hatte er noch gesagt, dass er gerne länger auf Schalke bleiben würde. Wenn man will, kann man daraus eine Veränderung ableiten – man muss es aber nicht.
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Zunächst einmal will sich Raúl ohnehin auf das Duell mit Bilbao konzentrieren. Nachdem die Königsblauen nach der unerwarteten Hinspiel-Niederlage in einer Art Schockstarre am Boden lagen, haben sie sich wieder ein wenig aufgerappelt. Dass sie sich dabei auch Mut einreden, gehört zur Natur der Sache – und willkommen ist da das Datum: Denn auf den Tag genau vor einem Jahr am 5. April 2011 schrieb Schalke in der Champions League mit dem 5:2-Triumph bei Inter Mailand Geschichte – ein Ergebnis, das auch in Bilbao reichen würde. „Wenn das kein Omen ist“, lächelt Manager Horst Heldt. Der Plan von Trainer Huub Stevens sieht offenbar vor, dass Schalke in Bilbao mit der spanischen Variante antritt: Neben Raúl dürften auch die beiden anderen Spanier, nämlich Sergio Escudero und Jose Manuel Jurado, spielen. „Du musst Risiko nehmen“, sagt Stevens, der auf Christian Fuchs (schwere Erkältung) und Julian Draxler (schöpferische Pause) verzichten muss. Dagegen ist Jermaine Jones voll belastbar.
Raúl genießt die Europapokal-Stimmung
Es ist also doch wieder die Europapokal-Stimmung ausgebrochen, die Raúl so sehr genießt. Und die ihn vielleicht noch mehr ins Grübeln bringt, ob damit wirklich Schluss sein soll. Die Gedanken, dass es vielleicht sein letzter Europapokal-Abend sein könnte, die schob er jedenfalls ganz weit nach hinten: „Unsere Lage ist kompliziert, aber wir werden noch einmal alles versuchen, was möglich ist“, versprach er: „Ob in 90 Minuten oder vielleicht in 120.“