Gelsenkirchen. .

Verärgerte Fan-Vertreter warten noch auf ein Gespräch mit dem Trainer und Manager. Doch auch sie selbst stehen in der Kritik, weil andere Anhänger Magath weiterhin voll vertrauen.

Ein Morgen im Januar im türkischen Belek. Rund 50 Fans des FC Schalke 04, die extra Urlaub genommen haben, um ein paar Tage unter Gleichgesinnten zu verbringen und ihrer Mannschaft etwas näher zu sein als üblich, warten am Trainingsgelände auf die Ankunft des Teams, das sich dort intensiv auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereitet. Aber es kommt keiner, Felix Magath hat die Übungseinheit abgesagt. Die Fans hat niemand informiert, sie klettern wieder in ihren Bus und fahren zurück ins Hotel, einige enttäuscht, andere auch wütend. „Typisch“ ist ein Wort, das häufig fällt.

„Typisch“ sollte heißen: Kommunikation zwischen Magath und seinen Vertrauten auf der einen und der königsblauen Anhängerschaft auf der anderen Seite fand bisher selten bis gar nicht statt. Scheinbare Kleinigkeiten wie ein fehlender Anruf in Belek häuften sich, viele organisierte Fans beobachteten die Alleingänge des mächtigen Managers und Trainers mit zunehmendem Argwohn. Als er zum Ende der Winter-Transferperiode vier Neuzugänge holte, deren Verpflichtung sich den Fans auf Anhieb nicht als sinnvoll erschließen konnte, platzte vielen der Kragen. Ihr Protest gipfelte in einem Offenen Brief, den die Bezirksleiter und der Aufsichtsrat des Schalker Fan-Club-Verbandes an den Aufsichtsrat des FC Schalke 04 schrieben. Ohne auch nur einmal den Namen Magath zu erwähnen, forderten sie dazu auf, dessen Machenschaften zu stoppen. „Gebt uns unseren Verein wieder, bevor er zu einem seelenlosen Allerweltsverein verkommt“, hieß es.

Clemens Tönnies verstand. Der Aufsichtsrats-Chef kritisierte, dass Magath es versäumt habe, „die Fans mitzunehmen“. Magath selbst gab kleinlaut zu, es sei ein Fehler von ihm gewesen, die Kommunikation vernachlässigt zu haben. Er kündigte ein klärendes Gespräch an, Tönnies bot sich als Moderator an.

„Wir sind gesprächsbereit“, sagt Arthur Saager und fügt eine Spitze an: „Das sind wir allerdings schon seit eineinhalb Jahren.“ Der 57-Jährige meint unmissverständlich: „So kann es nicht mehr weitergehen!“ Er nimmt in diesen Tagen wenig Rücksicht darauf, dass er vom Verein als Fan-Beauftragter installiert wurde. „Wer hat in der heutigen Zeit schon einen sicheren Job?“, fragt er mit ironischem Unterton. Sein Vorgänger Rolf Rojek wurde nämlich entlassen, weil Magath Rojeks Doppelfunktion nicht passte. Rojek ist Vorsitzender des Fan-Club-Verbandes mit insgesamt 90 000 Mitgliedern. Und interessanterweise ist Saager Rojeks Stellvertreter.

Saager stellt klar, dass die organisierten Fans nicht die Entlassung von Magath fordern. „Es geht darum, dass man sich zusammensetzt und redet“, betont er. Trotz der aktuellen Unruhe hat sich Magath jedoch noch nicht gemeldet, Saager sagt: „Es sollte schon in den nächsten Tagen passieren. Man kann das doch jetzt nicht aussitzen.“

In verschiedenen Fan-Foren im Internet können Rojek, Saager und ihre Bezirksleiter allerdings nachlesen, dass sie sich nicht der Unterstützung aller Schalke-Fans sicher sein dürfen. „Ich bekomme auch Briefe, in denen ich beschimpft werde“, erzählt Arthur Saager. „Es gibt eben Fans, die auf Teufel-komm-raus Meister werden wollen. Aber dazu gehört doch mehr, man will das doch mittragen.“

Pflichtbewusste Fans

Ralf Pella ist einer von denen, die Arthur Saager vehement widersprechen. „Es ist unglaublich, was sich der Fan-Club-Verband da herausnimmt“, beschwert sich der Wittener im Namen des Fan-Clubs „Glückaufknappen“, der nicht dem Verband angehört. „Wir stehen hinter Magath und benehmen uns so, wie es sich für echte Fans gehört“, sagt der 50-Jährige und erklärt: „Magath hat einen Vertrag bis 2013, einen Plan und eine Mission. Ein Fan-Club-Verband kann ihn doch jetzt nicht an den Pranger stellen und eine Opposition im Verein bilden. Schalke hat den Weg mit Magath gewählt, und die Fans haben die Pflicht, ihn bis zum Ende mitzugehen. Ich kann ja verstehen, dass es Ur-Schalkern wehtut, wenn Magath sagt, er sei kein Schalke-Fan. Aber wir haben ihn auch nicht als Fan verpflichtet.“

Das ist die Haltung, die Magath vorausgesetzt hatte. Überrascht muss er nun feststellen, dass er, der kühle Kopfmensch, die Befindlichkeiten in diesem hochemotionalen Verein unterschätzt hat. „Dabei wäre es doch so leicht, die Fans hinter sich zu bringen“, sagt Arthur Saager. „Wir Schalker sind doch gar nicht anspruchsvoll, wir sind doch mit einem Bier und einer Bratwurst zufrieden.“