Gelsenkirchen. Der FC Schalke 04 steckt tief im Abstiegskampf der 2. Bundesliga. Heute kommt der KSC in die Arena. Neben dem Platz lodern zahlreiche Störfeuer.

Nein, Worte reichten Horst Peter Pankau nicht mehr aus, um seinen Unmut über die aktuelle Situation beim FC Schalke 04 Ausdruck zu verleihen. Mit Trittleiter und Klebeband bewaffnet, schritt der langjährige Fan in der Länderspielpause zur Tat: Er überklebte sein Namensschild auf der Tausend-Freunde-Mauer - der Steinwand vor der Veltins-Arena, auf der die Namen derer verewigt wurden, die damals beim Bau der Arena einen symbolischen Stein gekauft und das neue Stadion mitfinanziert hatten.

Diese Form des Protests liefert ein treffendes Indiz für die aktuelle Stimmungslage rund um den abgestürzten Traditionsverein. Es brodelt, schon länger, aktuell aber ganz besonders. Und es könnte noch dramatischer werden: Bei einer Niederlage gegen den Karlsruher SC im Heimspiel am Ostersonntag (13.30 Uhr/Sky) würden die Königsblauen auf Platz 15 abrutschen - sieben Spiele vor dem Ende der Zweitliga-Saison. „Wir wissen, dass Ergebnisse am Ende das Wichtigste sind. Sonntag erwartet uns eine schwierige Aufgabe“, sagt Trainer Karel Geraerts vor der wegweisenden Partie. „Ich bin selbstbewusst, die Mannschaft ist bereit. Diese Situationen sind normal im Fußball und lassen mich nicht zittern.“

Schalke 04 ging vor der Länderspielpause bei Hertha BSC unter.
Schalke 04 ging vor der Länderspielpause bei Hertha BSC unter. © Max Ellerbrake / firo Sportphoto | Max Ellerbrake

Schalke heute gegen KSC: Viele Störgeräusche in der Länderspielpause

Nicht zum ersten Mal in dieser Saison steht Schalke gehörig unter Druck. Bisher zogen Geraerts und seine Spieler stets rechtzeitig den Kopf aus der Schlinge. Anfang des Monats schien der Revierklub gar auf dem Weg ins gesicherte Mittelfeld. Dann aber folgte mit dem 2:5 bei Hertha BSC ein abermaliges Auswärtsdebakel, während die Konkurrenz aus Lautern, Rostock und Braunschweig näher heranrückte. In der folgenden Länderspielpause gelang es den Schalkern nicht, den Fokus allein auf die wegweisende Aufgabe gegen Karlsruhe - das zweitbeste Rückrundenteam, das sich mit einem 7:0 gegen Magdeburg für Sonntag warmschoss - und den Saisonendspurt zu lenken. Abschalten konnten höchstens die Profis an drei freien Tagen rund ums vergangene Wochenende.

+++ Schalke: Alle Aussagen von Trainer Karel Geraerts auf der PK vor Karlsruhe +++

Ansonsten aber produzierte S04 Schlagzeilen, mit der andere Vereine eine gesamte Saison füllen könnten. Vor allem die Nachricht, dass bei einem Abstieg der Fortbestand des Vereins ernsthaft gefährdert wäre, ließ aufhorchen - was bis dahin eher als Thekenweisheit galt, erkoren die Verantwortlichen zu einer seriösen Bedrohung aus. Dazu kamen neben der Suspendierung des im Sommer als Abwehrchef verpflichteten Timo Baumgartl die bevorstehende Trennung von Klublegende Gerald Asamoah als Lizenzspielerchef sowie das sofortige Aus von Nachwuchsboss Mathias Schober - zwei Entscheidungen im Sinne der von der Vereinsführung proklamierten „Neustrukturierung des Sports“. Trainer Geraerts wählte ein Bild aus dem Boxsport, um die stetig schwelende Unruhe am Berger Feld zu kommentieren. Seine Mannschaft bekomme Uppercupts von allen Seiten. Denen konnten die Spieler laut Aussage des Belgiers ausweichen: „Was ich die Woche im Training gesehen habe, gefällt mir. Das Team hatte viel Energie und hat die Gerüchte nicht an sich herangelassen.“

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Schalke-Trainer Karel Geraerts beim FC Brügge im Gespräche

Allerdings: Auch der 42-Jährige selbst öffnete, wenn auch unfreiwillig, ein Thema abseits des Rasens. Wie berichtet, gilt er als Kandidat auf den Trainerposten beim FC Brügge im Sommer. Und Geraerts tat vor dem KSC-Spiel nicht allzu viel, um die Gerüchte um einen Wechsel zu seinem Herzensklub im Keim zu ersticken. „Aktuell sucht Brügge einen Trainer. Für mich ist es normal, dass sie auch über meinen Namen nachdenken“, sagte er mit Verweis auf seine erfolgreiche Arbeit in Belgien bei Union Saint-Gilloise. Zwar sei er „voll fokussiert auf Schalke“.

Doch ob er in seinem letzten Vertragsjahr weiterhin der Seitenlinie steht, ließ Geraerts offen. Den früheren Nationalspieler schmeichelt das Interesse aus Brügge jedenfalls. Und es hebt ihn in eine komfortable Situation. Mit dieser Option in der Hinterhand würde er nach einem Aus auf Schalke weich fallen. Dass es zu einer vorzeitigen Trennung kommt, gilt nicht als ausgeschlossen, sollte sich die sportliche Situation weiter zuspitzen. Vielleicht schon durch eine Niederlage gegen den KSC.

Schalke-Talent Keke Topp holte sich beim 4:4 der deutschen U20-Auswahl gegen Frankreich mit einem Doppelpack Selbstvertrauen.
Schalke-Talent Keke Topp holte sich beim 4:4 der deutschen U20-Auswahl gegen Frankreich mit einem Doppelpack Selbstvertrauen. © Getty Images | Aitor Alcalde

Gewohnt kämpferisch versicherte Geraerts: „Ich habe keine Angst davor, was nach dem Spiel passiert - egal, wie das Ergebnis wird.“ Als Mutmacher dient dem Coach die Heimstärke seiner Mannschaft - zuletzt bewiesen beim Coup gegen Tabellenführer FC St. Pauli vor einigen Wochen. Vor dem 3:1-Sieg lastete ebenfalls großer Druck auf dem Team. „Das hat gezeigt, dass wir jeden Gegner schlagen können, wenn wir unser gesamtes Potenzial auf den Platz bringen, gierig sind und an uns glauben.“

Ausfälle in der Schalke-Defensive

Durch die Ausfälle von Ron Schallenberg und Brandon Soppy fehlen der ohnehin schwächsten Defensive der Liga am Sonntag jedoch zwei Hoffnungsträger. Hingegen steht das 17-jährige Juwel Assan Ouedraogo bereit für seinen ersten Startelf-Einsatz seit Oktober. Und mit Simon Terodde sowie dem jungen Keke Topp verfügt Geraerts über zwei Angreifer mit steigenden Formkurven. Es sind Lichtblicke, die dafür sorgen könnten, dass Horst Peter Pankau vielleicht noch ein zweites Mal mit der Trittleiter anrückt - dann aber ohne Klebeband.

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