Gelsenkirchen. Mit Blick auf die Schalker Schulden ist die Angst vor der 3. Liga groß. Die Finanzvorständin antwortet auf die Sorgen der Fans.
Als Frühaufsteherin war Christina Rühl-Hamers am Montag schon vor 8 Uhr in ihrem Büro an ihrer Geschäftsstelle – wohl auch, weil sie wusste, dass sie als Finanzvorständin von Schalke 04 an diesem Tag in Mittelpunkt stehen würde. Nicht gerade die Lieblingsaufgabe der 47-Jährigen. Doch am Nachmittag wurde der Schalker Konzerngeschäftsbericht für das Jahr 2023 veröffentlicht, den sie zunächst den Medien vorstellte. Am Abend folgte dann das Talk-Format „MitGEredet“, bei dem sie von Vereinsmitgliedern mit Fragen rund um die finanzielle Situation von Schalke 04 gelöchert wurde.
Ins Zentrum versuchte Rühl-Hamers dabei das verhältnismäßig positive Ergebnis des Klubs zu stellen. „Das Kalenderjahr 2023 ist aus Finanzsicht gut gelaufen“, sagte sie am Abend in ihrem Eingangsstatement. Tatsächlich konnte sich Schalke 04 im Vergleich zum Jahr 2022 in vielen wichtigen Kennzahlen verbessern. Die Gesamtverbindlichkeiten sanken etwa von 180 auf 168 Millionen Euro. Erstmals seit 2018 wurde auch ein positives Konzernjahresergebnis erzielt (6,9 Millionen Euro).
Schalke 04 droht bei einem Abstieg in die 3. Liga die Insolvenz
Trotzdem überstrahlten die Folgen des möglichen Abstiegs in die 3. Liga die nackten Zahlen. Im Drittliga-Szenario bestehe „eine wesentliche Unsicherheit, die bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit des Vereins zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen kann und die ein bestandsgefährdendes Risiko darstellen“, heißt es im Konzerngeschäftsbericht. Eine drohende Insolvenz kann Schalke nicht ausschließen.
Doch was sagt Christina Rühl-Hamers zu alledem? Die WAZ fasst die wichtigsten Aussagen der Finanzvorständin zusammen.
Christina Rühl-Hamers über …
… die Folgen der hohen Finanzverbindlichkeiten: „Wir hatten 2023 eine Zins- und Tilgungslast von 16 Millionen Euro, davon acht Millionen Euro an Zinszahlungen. Viele Zweitligisten haben ein solches Budget gar nicht für ihren Profikader zur Verfügung.“
… das negative Eigenkapital von 103 Millionen Euro: „Dieses Thema beschäftigt uns aktuell sehr. Durch dieses negative Eigenkapital unterliegen wir einer DFL-Regelung, die besagt, dass wir uns dort in jedem Jahr um fünf Prozent verbessern müssen. Wir müssen also zukünftig weiter Gewinne schreiben, um diese Eigenkapital-Auflage zu erfüllen – konkret wären das etwas über fünf Millionen Euro für das Kalenderjahr 2024. Nur so können wir gesunden und einen Punktabzug für die Saison 25/26 vermeiden.“
… die beantragte Lizenz für die 3. Liga: „Ich verstehe die Sorge, die viele umtreibt. Zum 15. März haben wir bei der DFL die Lizenzunterlagen für ein Zweiliga-Szenario und beim DFB die Unterlagen für ein Drittliga-Szenario eingereicht. Die Planungen für die 3. Liga enthalten viele Variablen und Unwägbarkeiten. Wir haben mit dem Lizenzierungsverfahren für die 3. Liga keine Erfahrung, und auch der DFB hat mit Klubs unserer Größenordnung und Struktur auch wenig Erfahrung. Wir würden in diesem Szenario beispielsweise an einem Spieltag im Catering mehr umsetzen als viele andere Drittligisten in einer ganzen Saison – das alles gilt es jetzt zu bewerten.“
In der 3. Liga rechnet Schalke mit Lizenzbedingungen
… erwartete Lizenzbedingungen für die 3. Liga: „Ich rechne damit, dass wir vom DFB Auflagen und Bedingungen für die 3. Liga bekommen würden, die wir dann noch zu erfüllen hätten. Die Frage ist nur, in welcher Höhe sie wären.“
… eine mögliche Insolvenz bei einem dauerhaften Verbleib in der 2. Bundesliga: „Ab dem dritten Jahr in der 2. Liga müssen wir strukturelle Veränderungen vornehmen, damit Schalke ein Zweitliga-Szenario aus eigener Kraft darstellen kann – das wäre ab der kommenden Saison. Mit diesen Planungen wurde jetzt begonnen, Prozesse wurden angestoßen. Matthias Tillmann und ich werden diesen Weg weitergehen müssen. Es ist die größte Herausforderung, diese Strukturen so zu verändern, dass wir unsere Handlungsfähigkeit beibehalten oder erhöhen können in all diesen Szenarien. Wir gehen jetzt auch an die kleinen Hebel heran, schauen uns viele Details an. Wir wollen jeden möglichen Euro in den Fußball als unser Kerngeschäft stecken.“
… den Lizenzspieleretat für die Saison 2023/24: „Die finanziellen Möglichkeiten, die wir für den Lizenzbereich haben, sind so gut, dass sich elf der 13 Klubs, die in der Tabelle vor uns stehen, wünschen würden, unser Mittel zu haben. Wir müssen als Schalke 04 sicherstellen, dass wir aus unseren finanziellen Möglichkeiten das Optimale herauszuholen – das schaffen wir aktuell leider nicht.
Schalke plant auch 2024/25 mit einem Top-Budget für die 2. Bundesliga
… den Lizenzspieleretat für eine mögliche Zweitligasaison 2024/25: „Auch in der kommenden Saison werden wir ein Budget haben, um oben mitspielen zu können. Es wird auf jeden Fall ein Budget der Top-Sechs sein in der 2. Liga sein.“
… die Wichtigkeit der Endplatzierung in der 2. Liga in dieser Saison: „Die sogenannte TV-Tabelle spielt hier eine große Rolle. Es macht einen großen Unterschied, ob man auf Platz 4 oder Platz 15 in der Liga verbleibt. Da sind schon fünf Millionen Euro Differenz drin, die wir in der nächsten Saison weniger haben könnten. Zusätzlich gäbe es Folgeeffekte, da eine schlechte Platzierung in der Fünf-Jahres-Wertung folglich in der Fünf-Jahres-Wertung enthalten wäre.“
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… mögliche weitere Anleihen: „Wir werden oft von Mitgliedern angesprochen, viele wollen helfen. Für mich ist das Konstrukt mit Anleihen in Höhe von 50 Millionen Euro bei einer Höhe, die für Schalke gut ist. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll wäre, noch mehr Anleiheverbindlichkeiten aufzunehmen. Wir wollen eher von zinstragenden Verbindlichkeiten herunter.“
… eine mögliche Gefährdung der bestehenden Anleihen: „Die Anleihen sind in den Jahren 2026 und 2027 fällig. 2026 müssen 15 Millionen Euro zurückgezahlt werden, in 2027 35 Millionen. Solange Schalke 04 existiert und wir fällige Zahlungsverpflichtungen bedienen, haben die Anleihen kein Problem. Alle anderen Szenarien sind hypothetisch und nicht konkret bezifferbar.“
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