Gelsenkirchen. Der Name Huub Stevens steht bei Schalke für eine glanzvolle Zeit. Im Interview spricht er über den Abstieg und den Neuaufbau bei S04.
Unter Kult-Coach Huub Stevens feierten die Königsblauen 1997 den Uefa-Cup-Sieg, dazu holten sie unter seiner Regie zwei DFB-Pokalsiege. Nach der Entlassung von Domenico Tedesco sprang Stevens im Frühjahr 2019 als Hoffnungsträger ein und rettete Schalke in Zusammenarbeit mit Mike Büskens mit einem Zehn-Punkte-Endspurt vor dem drohenden Abstieg aus der Bundesliga. Zuletzt war der 69-Jährige noch im Aufsichtsrat des FC Schalke 04 tätig, legte aber alle Funktionärsämter zu Jahresbeginn aus gesundheitlichen Gründen nieder. Nach wie vor verfolgt Stevens, der von den S04-Fans zum „Jahrhunderttrainer“ gewählt wurde, die Entwicklung bei den Königsblauen intensiv.
Herr Stevens, Schalke 04 ist zum fünften Mal aus der Fußball Bundesliga abgestiegen. Wie sehr hat Sie das getroffen?
Huub Stevens: Es war schmerzhaft, das ist doch klar. In der Rückrunde haben die Jungs, was die Ergebnisse angeht, sehr gut gespielt. Die Spiele waren manchmal nicht so super, aber die Mannschaft hat Gas gegeben und gekämpft. Schade, dass es am Ende nicht für den Klassenerhalt gereicht hat. Schalke hätte das Heimspiel gegen Frankfurt gewinnen müssen. Nachdem das nicht geklappt hat, wusste man, dass es in Leipzig ganz eng wird.
Was muss jetzt passieren?
Man darf nicht zu lange zurückschauen, sondern muss nach vorne blicken. Die Dinge, die gut gelaufen sind, muss man weitermachen. Für die nächste Saison geht es darum, die Mannschaft so gut es geht zusammenzuhalten. Vielleicht können noch ein paar starke Leute dazu geholt werden.
Was erwarten Sie in der 2. Liga? Worauf muss sich Schalke einstellen?
Die 2. Liga ist nicht einfach. Jeder möchte Blau-Weiß schlagen. Das merkt auch der Hamburger SV oder andere Vereine mit großer Vergangenheit. Gegen solche namhaften Klubs sind alle Mannschaften besonders motiviert. Du musst in jedem Spiel 120 Prozent geben und dich dafür wappnen. Wenn Schalke das hinbekommt, haben sie gute Chancen, wieder aufzusteigen. Ich habe das in der Saison 2004/2005 mit dem 1. FC Köln selbst erlebt. Als wir damals das erste Spiel in der 2. Liga gemacht haben, hatte es noch nicht jeder begriffen, auf was es ankommt. Wir haben dann entsprechend trainiert und den Blick für die Dinge, auf die es in der 2. Liga ankommt, geschärft – und danach hat es funktioniert. Wir sind als Erster aufgestiegen.
Im Vergleich zum letzten Abstieg scheint Schalke deutlich besser gerüstet zu sein. Die Stimmung wirkt insgesamt deutlich positiver, oder?
Wichtig ist vor allem, dass Trainer Thomas Reis bleibt. Ich finde, dass er genau zu Schalke passt. Das hat man durch die gute Rückrunde, die das Team gespielt hat, gemerkt. Der Spaß an der Arbeit ist ganz entscheidend. Man braucht hier Freude und auch Vertrauen. Natürlich gibt es nach einem Abstieg auch Spieler, die sich anderweitig umsehen. Wer den Weg nicht mitgehen möchte, soll sich anders orientieren. Jeder schaut genau auf Schalke. Vom ersten Vorbereitungstag an muss Gas gegeben werden.
Sind die Schalker Fans die größte Trumpfkarte beim Unternehmen Wiederaufstieg?
Die Fans sind natürlich ein Vorteil, aber man darf sich nicht ausruhen, sondern muss sich das Vertrauen jedes Spiel aufs Neue erarbeiten. Wenn du auf Schalke alles gibst, dann akzeptieren die Anhänger auch eine Niederlage. Wenn Schalke eine gute Saison spielt und die Rückkehr in die Bundesliga schafft, könnte sich das auch finanziell positiv auswirken, weil dadurch neue Sponsoren angelockt werden.
Mit Torwart-Urgestein Ralf Fährmann und Stürmer Sebastian Polter, der in der vergangenen Saison wegen einer Kreuzbandverletzung mehrere Monate fehlte, gehen zwei Routiniers den Weg in die 2. Liga mit. Wie wichtig sind solche Typen?
Fährmann und Polter sind sehr wichtig. Die Erfahrenen müssen die jungen Spieler mitnehmen. Du brauchst in der Mannschaft fünf, sechs Leute, die mitreißen können und die vorangehen.
Haben Sie die Hoffnung, dass Offensivmann Marius Bülter nach seiner starken Saison mit elf Toren bleibt?
Ich hoffe, dass er bleibt. Wenn er nicht transferiert werden sollte, wäre er natürlich eine wichtige Säule in der Schalker Mannschaft. Er hat Spaß und Vertrauen, bringt deswegen gute Leistungen. Er hat es richtig gut gemacht in der Bundesliga, aber nicht nur er.
Welchen Fehler darf Schalke auf keinen Fall machen?
Schalke darf nicht überheblich werden. Das passt nicht zu Schalke. Der Verein muss ganz normal an die 2. Liga herangehen und versuchen, das Beste herauszuholen. Wenn es zwischendurch mal auf den Deckel gibt, dann muss man das wegstecken und den Weg weitergehen.