Leipzig. Der fünfte Abstieg von Schalke 04 ist fix, der Verein analysiert und plant die Zukunft. Analyse einer Saison, die nicht so enden musste.
Das Spiel war schon eine Viertelstunde vorbei, der fünfte Abstieg der Vereinsgeschichte besiegelt, dieser bittere, schwierige Gang in die Zweite Liga – aber die Fans des FC Schalke 04 hatten die Leipziger Arena nach der 2:4-Niederlage noch nicht verlassen. Sie hatten ihre Schals gezückt, reckten sie in die frühsommerliche Luft und besangen den „Mythos vom Schalker Markt“. Sie riefen „Schalke ist der geilste Klub der Welt“ und „Ob ganz oben oder unten, wir sind da“, die Gesichter traurig und trotzig, enttäuscht und emotional. Auf dem Rasen standen die Spieler, überfordert mit dieser Situation. Viele weinten, allen voran Simon Terodde. Als einziger Profi wurde er, der nach zwei Jahren den Klub verlässt, einzeln gefeiert. Viel hat Terodde erlebt in seiner Profikarriere, aber dieser Abschied fiel ihm besonders schwer.
Für Schalke 04 beginnt schon die Mission Wiederaufstieg
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Etwas gefasster war Schalke-Legende Gerald Asamoah, als er rund 30 Minuten nach dem Abpfiff in die Interviewzone kam. Er, der Leiter der Lizenzspielerabteilung, hatte alles hautnah erlebt, wie schon die Abstiegssaison vor zwei Jahren. Da war er noch niedergeschlagen, wählte wenige, dafür aber harte Worte. Und nun? Rief er noch in Leipzig die Mission Wiederaufstieg aus. „Wir werden alles dafür tun, mit den Fans, die überall mitreisen werden und uns die Energie geben werden“, sagte Asamoah.
Kurz nach Asamoah schritt Sportvorstand Peter Knäbel vor die Mikrofone, äußerte sich ausführlich und ungewöhnlich positiv für einen Absteiger. „Ich bin unglaublich stolz und werde ganz vielen Menschen Danke sagen. Es ist eine ganz andere Situation als 2021.“ Stolz, da nicht die Rückrunde für den Abstieg ursächlich war. Schalke hatte die Hinrunde verpatzt, nur neun Punkte geholt, mit vielen Transfers und der Wahl von Trainer Frank Kramer daneben gelegen. Die „Der Abstieg“, fasste Knäbel zusammen, „ist nicht heute passiert. Es gilt, den Sommer vor einem Jahr zu analysieren.“
Schalke 04 in Leipzig – ein Spiel wie ein Saisonverlauf
Das Spiel hatte ein wildes Auf und Ab geliefert, es steht beispielhaft für das ganze Jahr. Schalke startete in Leipzig genauso schlecht wie in die Saison – schon nach 19 Minuten stand es durch Gegentore von Konrad Laimer (10.) und Christopher Nkunku (19.) 0:2. Schalke schien so verloren in diesem Spiel wie abgestiegen nach der Hinrunde.
Mit bemerkenswerter Moral und Leidenschaft glich Schalke durch Marcin Kaminski (28.) und ein Eigentor von Willi Orban (49.) aus. 2:2, es fehlte nur ein Tor zum Sprung auf den Relegationsplatz, Schalke hoffte – wie so oft in der guten Rückrunde, zwischendurch stand Schalke sogar einmal auf Platz 15. Doch am Ende brachten Yussuf Poulsen (82.) und erneut Nkunku (90.+4) Leipzig den 4:2-Sieg und Schalke den K. o. – im Spiel und in der ganzen Saison.
Schalke 04 kommt am Pfingstsonntag noch mal zusammen
Eine Niederlage in Leipzig könne passieren, fassten Knäbel und Asamoah zusammen, während auf der anderen Seite Nkunku zum Torschützenkönig gekürt wurde. „Wenn du am Ende einer Saison absteigst, hast du mehr falsch als richtig gemacht“, sagte Knäbel.
Die Schalke-Mannschaft trifft sich am Pfingstsonntag zu einem Abschiedsbrunch mit Vorstand und Trainerteam. Elf Spieler werden den Klub definitiv verlassen – nicht nur Terodde, auch weitere Stammkräfte wie Simon Jenz, Tom Krauß, Alex Kral, Maya Yoshida. Auch Spieler, die angefasst vor der Fankurve standen. „Diese Momente waren sehr schwierig“, sagte Yoshida, ein erfahrener Mann, dessen Vertrag nun ausläuft. „Meine Botschaft ist: Diese großartigen Fans verdienen es nicht, in der Zweiten Liga zu sein.“ Dass viele Leihspieler zum Kader gehören, sagte Knäbel, sei nicht zu spüren gewesen. „Es ist etwas zusammengewachsen“, sagte Knäbel.
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Beginnt für die Spieler am Sonntagnachmittag die Sommerpause, kann sich Knäbel aber nicht ausruhen. Zwar sagte er, für alle Beteiligten – vom Fan bis zum Aufsichtsrat – sei nun ein bisschen Ruhe wichtig, muss er die Weichen für die Zweitliga-Saison stellen. Er sprach von einem Umweg, den Schalke nun gehen müsse. „Aber den“, sagte er, „werden wir konsequent gehen. Wichtig ist, dass wir eine gemeinsame Basis haben, auf der man arbeiten kann – Mitglieder, Fans, Führung. Das war vor zwei Jahren alles noch aufzubauen. Deshalb gucke ich sehr optimistisch in die Zukunft.“ Die Pläne lagen seit Wochen in der Schublade. „Die Variante Klassenerhalt wäre mir deutlich lieber gewesen“, sagte Knäbel. „Aber auch für die Variante B haben wir schon jetzt schon aus dem Vertragsbestand heraus eine Mannschaft, die sich sehen lassen kann.“
Für Schalke 04 beginnt am 28. Juli die Zweitliga-Saison
Schalke verlässt die Bundesliga erhobenen Hauptes, mit großem Optimismus. Und den „Mythos vom Schalker Markt“ werden sie auch ab dem 28. Juli wieder häufig besingen. Dann beginnt die Zweitliga-Saison 2023/2024 – unter der Leitung des unumstrittenen Trainers Thomas Reis. „Heute ist ein nicht so schöner Tag“, lautete Reis‘ Fazit und lobte abschließend den Anhang: „Unsere Fans hatten Champions-League-Niveau.“