Gelsenkirchen. Marius Bülter ist beim FC Schalke 04 die Entdeckung der Saison 2022/23. In Leipzig kehrt er nach abgesessener Gelb-Sperre ins Team zurück.
Helden hat der FC Schalke 04 schon viele hervorgebracht in seiner 119-jährigen Vereinsgeschichte – am Samstag wird ein weiterer gesucht. Einer, der dazu beiträgt, dass S04 das Spiel bei RB Leipzig (15.30 Uhr/Sky) nicht verliert und vielleicht damit den Klassenerhalt in der Bundesliga sichert. Doch wer kann das sein? Ganz oben auf der Liste steht Torjäger Marius Bülter.
30 Jahre alt ist Bülter inzwischen, doch erst die Saison 2022/23 machte ihn bekannt. Kannten zuvor wohl nur Amateurfußball-Experten oder Fakten-Nerds die Biographie Bülters, so wissen jetzt wohl nicht nur Schalker, dass Bülter erst mit 25 Jahren Profi wurde und ein Studium zum Ingenieur im Maschinenbau erfolgreich abgeschlossen hat. Unglaublich: Vor fünf Jahren spielte er noch für den SV Rödinghausen in der Regionalliga.
Nun sagte Schalkes Trainer Thomas Reis über ihn: „Ich bin froh, dass er zurück ist.“ Wegen einer Gelb-Sperre hatte Bülter beim 2:2 gegen Frankfurt vor einer Woche gefehlt. Komisch sei das gewesen, sagte er über die Partie, die er in der Spielerloge verfolgte. „Das gab es noch nie in meiner Karriere, auf diese Art ein Spiel meiner Mannschaft zu verfolgen“, ergänzte er.
Schalke: Bülter-Vertrag gilt bis Juni 2024
Bülter, meist als Linksaußen eingesetzt, erzielte in dieser Saison elf Tore für die Königsblauen, führt die interne Schützenliste mit Vorsprung an. Zweimal verwandelte er einen Elfmeter in der Nachspielzeit – zum 1:1 in Augsburg und zum 3:2 in Mainz. Er traf mit der Hacke, nach Übersteigern, vor allem in der Rückrunde gelang ihm fast alles.
Doch ist er deshalb euphorisch? Beansprucht eine Sonderrolle?
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Aufgewachsen ist Bülter im Tecklenburger Land, einer Region, die nicht für übermäßige Emotionalität bekannt ist. Bülter ist ebenso kein Mann großer Worte, keiner für den Spruch-des-Jahres-Preis. Er weiß natürlich, dass sein Weg in den Profifußball ein besonderer ist – aber er hat es nicht zu seiner Marke gemacht. Spüren er oder die Mannschaft besonderen Druck? Da wird er zum ersten Mal realistisch, nüchtern: „Wenn man ehrlich ist, hatten wir in der Rückrunde schon viele dieser vermeintlichen Endspiele, in denen es um sehr viel ging. Wir haben bewiesen, dass wir mit diesem Druck umgehen können.“
Auch Kampfansagen sind nicht sein Ding. Wie soll das klappen gegen Leipzig? „Wir haben ein richtig gutes Gefühl, was unsere Leistung angeht. Das Frankfurt-Spiel hat gezeigt, dass wir eine Mannschaft, die vermeintlich besser ist, bespielen können“, sagt er. „Wenn man sich die Rückrunde anschaut, haben wir ein anderes Gefühl als es der Tabellenstand eigentlich aussagt. Unser Selbstvertrauen ist gut, weil wir sehr gute Ergebnisse geliefert haben. Die Form stimmt.“ Nein, das ist keine Kampfansage.
Nächster Versuch für ein knackiges Zitat: Hofft er darauf, dass Pokalfinalist Leipzig, der die Saison auf Rang drei abschließen wird, mit einer B- oder C-Elf und La-Paloma-Taktik spielt? „Ich habe keine Hoffnung, dass die Leipziger ein paar Prozent weniger bringen.“ Das ist nicht knackig.
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Letzter Versuch: seine eigene Zukunft. Sein Vertrag gilt bis Juni 2024, auch für die Zweite Liga, doch einer, der elf Tore schießt, ist begehrt in der Bundesliga. Seit fünf Jahren ist Bülter erst Profi, einen sehr gut dotierten Vertrag könnte er noch unterschreiben. Formuliert er eine Forderung? „Ich versuche, mir keine Gedanken zu machen und werde nach der Saison schauen, wie es weitergeht.“ Nein, keine Forderung. Für den Boulevard taugt er nicht. Dass er während der Saison nach Mailand flog, um seinen Ex-Teamkollegen Malick Thiaw zu besuchen, war Bülters bunteste Aktion außerhalb des Platzes in zwei Schalke-Jahren.
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Es ist Trainer Reis vorbehalten, ein bisschen deutlicher zu werden. Bülter, der vor zwei Jahren von rund 800.000 Euro von Union Berlin kam und im Aufstiegsjahr an 23 Toren beteiligt war (10 Tore, 13 Vorlagen), sei kein Trainingsweltmeister, sagte Reis stets. Und die Woche nach der Gelb-Sperre hätte Bülter sogar gut getan. „Man hat gemerkt, dass bei ihm Druck abgefallen ist, es war für ihn eine leichte Befreiung. Marius ist einer, der sich unheimlich viele Gedanken macht. Er hat das Aufstiegsjahr mitgemacht, was sehr viel Druck bedeutete. Jetzt gibt es im Abstiegskampf wieder viel Druck. Das macht etwas mit einem Spieler“, sagte Reis.
Seit Montag sei Bülter aber wieder „voll fokussiert“. Reis fügte hinzu: „Wer weiß, vielleicht war die Pause richtig gut für ihn.“ Helden kann Schalke gut gebrauchen.