Gelsenkirchen. Rodrigo Zalazar ist der Lieblingsspieler vieler Fans von Schalke 04. Vor dem Kellerkrimi gegen Stuttgart haben wir ihn zum Interview getroffen.
Eigentlich soll es um den FC Schalke 04 gehen, um den am Samstag anstehenden Bundesliga-Kellerkrimi gegen den VfB Stuttgart (18.30 Uhr/Sky). Um Fußball und Abstiegskampf. Doch dann erinnert sich Rodrigo Zalazar (23) daran, dass nicht nur er, sondern auch der Reporter vor kurzem Vater geworden ist. „Wie geht es dem Baby? Ruhige Nächte?“, fragt Zalazar, führt aus: „Unser Sohn wird so alle vier, fünf Stunden wach“ – und es sind auch Aufmerksamkeiten wie diese, die ihn so beliebt machen. Es beginnt ein Gespräch, in dem es zunächst nicht um Sport geht.
Wie läuft es zu Hause als junger Papa?
Rodrigo Zalazar: Sehr gut. Das Leben ist jetzt natürlich etwas anders, aber wir sind wirklich glücklich. Wir erleben wundervolle Momente.
Sie haben Ihren Sohn Thiago Milano genannt. Hat das einen fußballerischen oder familiären Hintergrund?
Zalazar: Wir haben ihn Thiago genannt, weil ich es liebe, wie Thiago Alcantara vom FC Liverpool spielt. Den Vornamen Milano hat meine Frau ausgesucht.
Viele Profis kommen und gehen. Sie sind für die Schalke-Fans aber nicht irgendein Spieler. Können Sie das erklären?
Zalazar: (überlegt) Vielleicht ist das so, weil sie sich in meinem Spiel wiedererkennen: Ich habe ein großes Herz und bin ein harter Arbeiter – so wie viele von ihnen. Egal wann ich Fans sehe, versuche ich, nett zu sein, sie so zu behandeln, wie sie es verdienen, um ihnen etwas zurückzugeben.
Sie haben sich mit der Stadt, der Region auseinandergesetzt. Warum ist Ihnen das wichtig?
Zalazar: Ich habe Freunde hier in Gelsenkirchen. Ich rede mit ihnen auch über die Geschichte des Vereins und die der Stadt. Ich lese viel im Internet, höre den Leuten gern zu. Gelsenkirchen ist nicht groß, hat aber einen so großen Klub mit vielen Fans. Die kommen immer, egal ob Schalke in der Ersten oder Zweiten Liga spielt. Wenn du so hart arbeitest während der Woche, willst du am Wochenende eigentlich deine Zeit mit der Familie verbringen, auf der Couch sitzen, vielleicht ein Bier trinken. Aber die Menschen hier steigen in die Straßenbahn und kommen zum Stadion. Das ist unglaublich.
Gibt es deshalb von kaum einem Schalke-Profi so viele Selfies mit Fans wie von Ihnen?
Zalazar: Diese Momente liebe ich. Als ich ein Kind war, hätte ich mir gewünscht, dass das jemand mit mir gemacht hätte. Aber ich hatte damals nicht das Glück, so etwas zu erleben. Deshalb versuche ich, es selbst besser zu machen.
Sie hatten nicht das Glück? Ihr Vater war Fußballprofi in Spanien…
Zalazar: Stimmt, ich bin mit Fußballspielern groß geworden, aber sie waren für mich eher Familie als Fußballspieler, zu denen ich aufschaue.
Nun geht es für Sie gegen Stuttgart und Bochum, zwei Mitkonkurrenten. Sportvorstand Peter Knäbel hat von den Wochen der Wahrheit gesprochen. Wie ist die Stimmung in der Kabine?
Zalazar: Natürlich wissen wir, dass diese Wochen für die Fans, für den Club, für alle hier in Gelsenkirchen sehr wichtig sind. Wir richten unseren Fokus aber erst einmal komplett auf das Spiel am Samstag, freuen uns auf das volle Stadion.
Zuletzt gab es viermal in Folge ein 0:0. Tore zu schießen ist im Fußball fast so einfach wie Windeln zu wechseln. Warum klappt das gerade nicht?
Zalazar: Es gibt solche Phasen. Man muss es einfach weiter versuchen. Irgendwann wird ein Tor fallen und dann wird es einfacher für uns.
Sie haben gerade erst eine lange Verletzungspause hinter sich, hatten sich Anfang Oktober 2022 den Fuß gebrochen. Warum hat es so lange bis zum Comeback gedauert?
Zalazar: Nach der Operation ist alles gut gelaufen, meine Wunde hat sich aber erst nach sechs Wochen geschlossen. Ich konnte deshalb nicht trainieren. Auch ein Aufenthalt in Österreich, um die Probleme zu beheben, hat nicht so wie erhofft geholfen. Aber jetzt ist alles gut und ich bin wieder bei 100 Prozent.
Haben Sie die Unterstützung der Schalke-Fans während Ihrer Verletzungspause gespürt?
Zalazar: Ja, immer. Immer wenn ich meine Profile bei Twitter und Instagram geöffnet habe, habe ich ihre Nachrichten gelesen und gemerkt, wie sie mich unterstützen. Das weiß ich sehr zu schätzen.
Ihr Comeback muss ein magischer Moment gewesen sein.
Zalazar: Es war wundervoll. Ich hatte vorher keine Vorstellung davon, wie es wird. Ich wusste nur, dass ich hart gearbeitet hatte. Als ich auf den Platz gelaufen bin und alle meinen Namen gerufen haben war es, als wäre ich nie verletzt gewesen.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Thomas Reis?
Zalazar: Er ist ein sehr guter Trainer. Er weiß, wie er uns anpacken muss, wie er uns Selbstbewusstsein geben kann. Das sieht man auf dem Platz, wir werden immer besser.
Wäre der Klassenerhalt für Sie so wichtig wie das Tor gegen St. Pauli?
Zalazar: Ja. Es war ein wichtiges Tor für den Aufstieg. Aber es geht dabei nicht um mich, das ganze Team hat viele Wochen dafür gearbeitet, ich war nur derjenige, der getroffen hat. Wir haben viel dafür getan, um in die Bundesliga zu kommen und machen nun alles dafür, um in der Liga zu bleiben.
Würden Sie auch in der 2. Bundesliga für Schalke spielen?
Zalazar: An dieses Szenario denke ich nicht. Solange wir noch alles in der eigenen Hand haben, werde ich nicht an die Zweite Liga denken. Ich fokussiere mich nur auf Schalke, ich bin genau da, wo ich hinwollte. Ich will so lange bei diesem Verein bleiben, wie sie mich hier haben wollen.
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Eintracht Frankfurt hatte eine Rückkaufklausel für das Jahr 2023. Haben Sie mit der Eintracht schon alles geklärt?
Zalazar: Ich beschäftige mich damit nicht. Für mich ist klar: Ich möchte hier bleiben. Ich bin Eintracht Frankfurt und vor allem Ben Manga und Fredi Bobic sehr dankbar, dass sie mir die Chance gegeben haben, in Deutschland zu spielen. Ich wiederhole mich, aber: Ich möchte auf Schalke bleiben.
Haben Sie einen fußballerischen Traum? Gibt es einen Klub, für den Sie unbedingt einmal spielen wollten?
Zalazar: Die Bundesliga und die Premier League waren früher meine Traumligen, aber inzwischen ist die Liga nicht mehr das Wichtigste. Es geht auch nicht ums Geld. Ich will dort sein, wo ich glücklich bin, wo ich mich wohl fühle. Und hier auf Schalke bin ich glücklich. Ich mag das sehr.
Das ist Schalkes Publikumsliebling Rodrigo Zalazar
Rodrigo Zalazar wurde am 12. August 1999 in Albacete in Spanien geboren. Sein Vater José Luis war zu dieser Zeit dort Fußballprofi.
Zalazar trat in dessen Fußstapfen und wurde in Albacete sowie beim FC Malaga fußballerisch ausgebildet. Im Alter von 20 Jahren wechselte er nach Deutschland und unterschrieb einen Vertrag bei Eintracht Frankfurt. Die Eintracht verlieh ihn jedoch direkt zweimal - zunächst nach Polen an Korona Kielce (Saison 2019/20), dann an den Zweitligisten FC St. Pauli (Saison 2020/21). Für St. Pauli bestritt er alle 34 Saisonspiele, traf sechsmal.
Im Sommer folgte der Wechsel nach Gelsenkirchen, in der Aufstiegssaison bestritt er 30 Partien, erzielte sechs Tore. Via Kaufoption wechselte der zunächst ausgeliehene Zalazar fest zu S04, sein Vertrag gilt bis Juni 2026.
Sie sind kurz vor der Verletzungspause in den erweiterten Kader der uruguayischen Nationalmannschaft berufen worden…
Zalazar: Ja, ich war sehr enttäuscht, dass es nicht geklappt hat. Aber das ist Fußball…
Werden Sie bald zurückkehren?
Zalazar: Im März spielt Uruguay in Japan in der Länderspielpause. Ich könnte gemeinsam mit Maya Yoshida hinfliegen (lacht). Wir werden sehen, ob ich dann dabei bin oder nicht. Ich habe guten Kontakt zu Dario Rodriguez.
Dario Rodriguez, der ehemalige Schalke-Spieler?
Zalazar: Ja, er ist Co-Trainer der Nationalmannschaft. Er hat mich auch sofort angerufen, als ich verletzt war.
Nach dem Aufstieg haben Sie gesagt, dass Sie sich ein Schalke-Tattoo stechen lassen wollen. Ist es schon fertig?
Zalazar: Noch nicht. Mein Tattookünstler arbeitet in Barcelona und ich kann nicht während der Saison einfach mal hinfliegen. Infiziert sich die Wunde, gibt es Ärger… (lacht) Also warte ich bis zum Sommer.
Hat denn das Schalke-Tattoo Vorrang – oder doch der Name Ihres Sohnes?
Zalazar: (lacht) Zuerst kommt Thiago, er ist mein Sohn. Dann Schalke, ganz sicher.