Gelsenkirchen. Schalke 04 tritt als Bundesliga-Schlusslicht beim Tabellenzweiten Union Berlin an. Dennoch sehen die Königsblauen einen Vorteil bei sich.
Zweimal trafen Union Berlin und Schalke 04 bereits in der Alten Försterei in Köpenick aufeinander – zweimal schaute niemand zu. Beim 1:1 in der Saison 2019/20 und dem 0:0 in der Saison 2020/21 verhinderten die jeweils gültigen Corona-Regeln, dass Fans ins Stadion durften. Am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) ist dieses mit 22.012 Zuschauern ausverkauft – und nur eine Mannschaft gilt als Favorit: der Tabellenzweite Union.
Obwohl Schalke Letzter ist, verbreitet Trainer Thomas Reis Optimismus. Und demonstriert Selbstvertrauen. Dreimal in Folge spielte Schalke 0:0 und zeigte sich stark verbessert. „Auch wenn es uns nicht viele zutrauen, wir fahren dorthin und wollen gewinnen. Hinfahren und zu sagen, wir spielen auf einen Punkt, das ist nicht meine Welt und das sollte nicht die Welt des FC Schalke 04 sein“, sagte Reis.
Wenig Regenerationszeit für Union Berlin
Und einen Vorteil in der Spielvorbereitung haben die Königsblauen ausgemacht: Sie hatten nach dem 0:0 gegen Wolfsburg am 10. Februar neun Tage Zeit zur Spielvorbereitung. Union Berlin hatte aber nur einen Kopf für das Europa-League-Spiel bei Ajax Amsterdam (0:0), nach der anstrengenden Reise gab es nur wenig Regenerationszeit. „Natürlich könnten die Kräfte für uns sprechen“, sagte Reis. Mittelfeld-Motor Alex Kral formulierte das ähnlich: „Union ist ein wirklich starker Gegner. Wir haben die Videoanalysen gesehen, wir kennen auch die Schwächen. Und durch den Europapokal hatte Union nur zwei, drei Tage, um zu regenerieren. Unsere Spiele sind aber sehr intensiv – das kann ein Schlüssel sein.“
Ein Fußballfest ist nicht zu erwarten – was nicht nur am straffen Programm der Berliner liegt. Beide Mannschaften gehören zu den Teams mit dem geringsten Ballbesitz der Liga – Union Berlin ist in dieser Statistik sogar Letzter. „Die Berliner haben sehr wenig Ballbesitz, sind aber mit dieser Spielweise sehr erfolgreich. Sie versuchen, den Gegner zu Fehlern zu zwingen und haben ein brutales Umschaltspiel“, analysierte Reis und ergänzte: „Unions Trainer Urs Fischer macht über Jahre grandiose Arbeit. Die Spieler wissen genau, was sie zu tun haben. Sie sind zwar sehr einfach strukturiert, das machen sie famos.“ Und auch eine andere Statistik spricht dafür, dass es wenig Phasen ohne Schiedsrichterpfiff geben dürfte. Union (258 Fouls, Platz zwei) und Schalke (241 Fouls, Platz vier) gehören zu den unfairsten Mannschaften der Bundesliga.
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In der Videoanalyse hat Reis seinen Spielern ein klares Konzept an die Hand gegeben. Erster Grundsatz laut Reis: „Es ist wichtig, dass man Union nicht zum Kontern einlädt. Die Fehlerquote im Mittelfeld darf nicht hoch sein. Union hat eine klare Struktur, wie sie die Außenspieler des Gegners aufnehmen.“ Und der zweite Grundsatz betrifft Standardsituationen. Union Berlin traf bisher zwölfmal per Kopf – mit Abstand Bundesliga-Bestwert. Reis sagt deshalb: „Wir wollen Standardsituationen vermeiden. Wenn dann eine kommt, darfst du nicht in Ehrfurcht erstarren. In letzter Zeit ist es uns gelungen, Standards ordentlich zu verteidigen.“
Doch auf welches Personal baut Reis? Änderungen in der Defensive sind nicht zu erwarten. Torwart Ralf Fährmann ist ebenso gesetzt wie die Viererkette mit Cedric Brunner, Moritz Jenz, Maya Yoshida und Jere Uronen. Jenz, der das Training am Mittwoch verpasst hatte, ist inzwischen Vater geworden und wird die Reise nach Berlin mit antreten.
Balanta womöglich in der S04-Startelf
Für die Besetzung des Mittelfelds beträgt die Reis-Regel „3 aus 4“. Alex Kral und Tom Krauß werden spielen – doch wer wird die dritte Personen? Eder Balanta wäre die defensivere Variante, Rodrigo Zalazar würde den klassischen Spielmacher geben. „Rodri ist nach seiner langen Pause wieder eine Woche weiter. Aber der Gegner spielt klar strukturiert, die beiden Achter gehen immer in die Tiefe, du darfst sie nicht laufen lassen“, sagte Reis. Tendenz: Balanta spielt – auch wegen der zu erwartenden harten Gangart beider Teams.
Als zentraler Stürmer dürfte Michael Frey auflaufen. Auf der linken Seite deutet sich eine Änderung an. Tim Skarke, ausgeliehen von Union, wird gegen seinen Ex-Klub wohl nicht auflaufen können. Vertreter Nummer eins ist laut Reis Marius Bülter. „Bülti konnte seine Leistung nicht abrufen und ist deshalb zuletzt von der Bank gekommen. Das schmeckt nicht jedem. Im Training hat er aber Gas gegeben. Sollte Skarke ausfallen, ist Bülti in meinen Gedanken vorn“, sagte Reis.
Schalke-Trainer Reis über Kozuki: „Er macht schon Spaß“
Fehlt nur noch ein Rechtsaußen. Obwohl laut Reis auch Dominick Drexler diese Position spielen könnte, spricht vieles dafür, dass Soichiro Kozuki eine weitere Chance bekommt, auch wenn er etwas überspielt wirkte. Reis sagt: „Ich bin nicht unzufrieden mit ihm, er macht schon Spaß. Es spricht nichts dagegen, dass er weitere Spielzeit bekommt.“
Ausgeruht zum Auswärtssieg – das ist Schalkes Motto. Gelingt das, würde eine lange Serie enden. Zuletzt gelang Schalke in der Bundesliga am 23. November 2019 ein Erfolg in einem fremden Stadion. Es war ein 2:1 bei Werder Bremen.