Gelsenkirchen. . Schalke 04 trifft heute Abend auf den VfL Wolfsburg. Der frühere Verteidiger Naldo spielte für beide Klubs. Wir haben mit ihm gesprochen.

Die Bundesliga lässt Naldo auch zwei Jahre nach seine Karriereende nicht los. Obwohl der 40 Jahre alte Brasilianer inzwischen in Monaco lebt, verfolgt er jedes Wochenende die Spiele in Deutschlands Top-Liga. Besonders genau schaut er dabei auf seine Ex-Klubs Schalke 04, VfL Wolfsburg und Werder Bremen – und zwei davon treffen an diesem Freitag (20.30 Uhr/DAZN) aufeinander, denn S04 empfängt die Wölfe zum Auftakt des 20. Spieltags.

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Im Interview mit dieser Zeitung spricht der einstige Top-Innenverteidiger über die Schalker Probleme, sein legendäres Tor beim 4:4 gegen den BVB, die Entwicklung des VfL Wolfsburg und sein neues Leben als Spielerberater.

Naldo, was fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie an Schalke 04 denken?

Naldo: Leidenschaft und Emotionen. Schon als Gegner war die Atmosphäre in der Arena immer besonders für mich. Als ich dann selbst auf Schalke gespielt habe, hat diese enorme Unterstützung der Fans Kräfte bei uns freigesetzt. Diese Stimmung ist etwas ganz Besonderes.

Wegen Ihres Ausgleichstreffers sind Sie für viele Fans untrennbar mit dem legendären 4:4 im Derby bei Borussia Dortmund 2017 verbunden.

Naldo: (lacht) Dieses Spiel wird den Menschen immer in Erinnerung bleiben – auch für mich war es der emotionalste Moment meiner Karriere. Bis heute werde ich oft auf dieses Tor angesprochen. Immer wenn jemand mit mir über Schalke spricht, geht es auch um das 4:4. Das macht mich stolz.

Ein Tor, das in die Schalker Geschichte eingegangen ist: Naldo trifft im Derby bei Borussia Dortmund zum 4:4-Ausgleich.
Ein Tor, das in die Schalker Geschichte eingegangen ist: Naldo trifft im Derby bei Borussia Dortmund zum 4:4-Ausgleich. © firo

Sie leben inzwischen in Monaco. Wie intensiv verfolgen Sie die Bundesliga noch heute?

Naldo: Ich sitze jedes Wochenende vor dem Fernseher und schaue so viel es geht – vor allem meine drei Ex-Klubs Schalke, Wolfsburg und Werder. Inzwischen arbeite ich als Spielerberater, bin also noch immer in der Fußballbranche tätig. Da ist es wichtig, informiert zu bleiben. Die Bundesliga ist eine Top-Liga und für viele Spieler sehr attraktiv.

Zu Ihrer aktiven Zeit bei Schalke 04 haben Sie noch in der Champions League gespielt. Davon kann der Klub heute nur noch träumen. Was ist in den vergangenen Jahren auf Schalke schiefgelaufen?

Naldo: Der ganze Verein hat sich in den letzten Jahren nicht gut präsentiert. Es wurden schlechte Entscheidungen getroffen und falsche Spieler verpflichtet, besonders in der Abstiegssaison. Dass Schalke jetzt wieder gegen den Abstieg kämpft, tut mir weh. Ich leide mit dem Klub. Schalke ist so groß, sie müssen ein Top-Verein sein. Doch dem Verein hilft es nicht, viel über die Vergangenheit zu sprechen. Es muss jetzt Schritt für Schritt wieder weiter nach oben gehen.

Schalke ist Tabellenletzter. Wie kann sich der Klub noch retten?

Naldo: Die Spiele im neuen Jahr mit dem neuen Trainer haben mir Mut gemacht. Beim 0:0 gegen Gladbach hat Schalke viel Mentalität gezeigt. Gegen einen starken Gegner waren sie mindestens auf Augenhöhe. Defensiv sah das schon ziemlich gut aus. Im Heimspiel gegen Wolfsburg muss dann der nächste Schritt kommen, da braucht Schalke drei Punkte.

Glauben Sie noch an den Klassenerhalt?

Naldo: Klar, noch ist alles möglich, der Abstand zur Konkurrenz ist nicht so groß. Aber man darf jetzt nicht träumen, sondern muss auf dem Platz dagegenhalten und sich aus dieser Situation herauskämpfen. Jedes Spiel muss für Schalke ein Finale sein.

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Wem drücken Sie im Spiel Ihrer beiden Ex-Klubs Schalke und Wolfsburg die Daumen?

Naldo: Mein Herz schlägt gleichermaßen für Schalke, Wolfsburg und auch Werder Bremen. Ich wünsche diesen drei Klubs nur das Allerbeste. Aber klar: Schalke ist in einer sehr schwierigen Situation und braucht die Punkte. Wolfsburg hat zwar zuletzt drei Spiele in Folge verloren, aber ist eine Mannschaft, die sehr unangenehm zu spielen ist. Sie laufen extrem viel und haben eine gute Mentalität. Für Schalke wird es sehr schwer.

Vier Jahre haben Sie für die Wölfe gespielt. Wie eng ist Ihr Draht nach Wolfsburg noch?

Naldo: Ich habe noch guten Kontakt zu einigen ehemaligen Teamkollegen aus dieser Zeit – auch zu Marcel Schäfer, der dort inzwischen Geschäftsführer ist. Doch auch mit Leuten aus Bremen oder Schalke spreche ich noch regelmäßig.

Vier Jahre spielte Naldo zwischen 2012 und 2016 für den VfL Wolfsburg.
Vier Jahre spielte Naldo zwischen 2012 und 2016 für den VfL Wolfsburg. © firo

Der VfL Wolfsburg ist schlecht in die Saison gestartet, inzwischen aber sogar ein Kandidat für den Europapokal. Was ist in dieser Saison für den Klub möglich?

Naldo: Obwohl der VfL zuletzt dreimal verloren hat, haben sie nicht schlecht gespielt. Auch gegen Bayern haben sie es gut gemacht und das 2:4 war kein Ergebnis, das zum Spielverlauf gepasst hat. Niko Kovac macht einen guten Job. Die Wolfsburger sind wirklich stark geworden und ich traue der Mannschaft zu, dass sie es nach Europa schaffen.

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Schaut man auf Ihre Ex-Klubs fällt auf, dass noch heute überall von Ihnen geschwärmt wird. Wie haben Sie das geschafft?

Naldo: (lacht) Dafür bin ich extrem dankbar. Ich war ein Spieler, der immer alles für den Verein gegeben hat. Auf und neben dem Platz war ich jemand, der sich selbst nicht zu wichtig genommen hat. Und meine Art ist bei den Fans gut angekommen. Selbst von Fans anderer Klubs, habe ich viel Zuspruch bekommen. Das ist eine große Ehre. Ich werde immer dankbar für das sein, was ich in Deutschland erleben durfte.

Nach seiner aktiven Karriere war Naldo ein halbes Jahr Co-Trainer bei Schalke 04.
Nach seiner aktiven Karriere war Naldo ein halbes Jahr Co-Trainer bei Schalke 04. © getty Images

Inzwischen arbeiten Sie als Spielerberater. Was reizt Sie an diesem Beruf?

Naldo: Ich wollte gern im Fußball bleiben und es macht mir großen Spaß, jungen Spielern zu helfen und mit meinen vielen Ex-Kollegen zu sprechen, die jetzt Trainer oder Manager sind. Als Brasilianer habe ich noch viele Kontakte nach Südamerika und dort gibt es so viele gute, talentierte Spieler, die ich fördern möchte. Besonderen Wert lege ich bei meinen Spielern auch auf die Mentalität, denn im Profifußball zählt nicht nur die Qualität – gerade in Europa ist die Einstellung extrem wichtig. Ich würde gern wieder ein paar Brasilianer in die Bundesliga vermitteln, denn es werden leider immer weniger.

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Bevor Sie als Berater angefangen haben, waren Sie 2020/21 ein halbes Jahr Co-Trainer auf Schalke. Warum hat es damals nicht gepasst?

Naldo: Schalke steckte in der Krise und Sportvorstand Jochen Schneider hat mich angerufen und gefragt, ob ich helfen kann. Für mich war das eine Herzenssache. Aber die Situation war schwierig, denn die Mannschaft war kein echtes Team und hatte kein Selbstvertrauen. Es gab viele Trainerwechsel und am Ende hat es für den Klub leider nicht gereicht. Für mich war es zwar eine spannende Erfahrung, doch ich habe gemerkt, dass der Trainerjob nicht das richtige für mich ist. Schon als Spieler war ich jedes Wochenende unterwegs und hatte kaum Zeit für meine Familie, als Trainer ist das sogar noch stressiger. Das will ich nicht. Als Berater kann ich meine Zeit freier einteilen.