Gelsenkirchen. . Einst spielte Polter in der Jugend von Werder Bremen als Torwart. Mit der WAZ spricht er über seinen ungewöhnlichen Weg zum Bundesliga-Stürmer.

Obwohl die Gespräche bereits 17 Jahre zurückliegen, kann sich Sebastian Polter noch bestens erinnern. Kein Wunder. Für den damals 14 Jahre alten Fußballer waren die Entwicklungen im Sommer 2005 wegweisend. Rückblickend traf er die wohl wichtigste Entscheidung seiner Karriere, als er den Mut hatte, den Verantwortlichen von Werder Bremen zu sagen, dass er künftig als Stürmer spielen möchte. Polter war sich seiner Sache so sicher, dass er die Werder-Jugend für diese Entscheidung sogar verlassen hatte. Für ihn war jedoch klar: Auf das Dasein als Torwart hatte er keine Lust mehr. „Nur hinten drinzustehen, wurde mir irgendwann zu langweilig. Ich hatte einfach Lust, auch mal im Feld zu spielen“, erzählt Polter der WAZ vor dem Bundesligaspiel mit Schalke bei Werder Bremen an diesem Samstag (18.30 Uhr/Sky).

Heute ist es schwer vorstellbar, aber tatsächlich spielte der heutige Stürmer von Schalke 04 bis zu seinem 14. Lebensjahr als Torwart. „Mit meinem Papa bin ich mit vier oder fünf Jahren mal zum Fußball gegangen“, erinnert sich Polter an seine Anfänge. „Im Training fehlte ein Torwart, also bin ich rein: erst ohne, ab dem zweiten Mal dann mit Handschuhen.“

Schalke-Stürmer Sebastian Polter schaffte es als Werder-Torwart zu den DFB-Junioren

Und das Talent des jungen Fußballers war nicht zu übersehen. Nach ersten Erfahrungen beim Heidmühler FC und beim SV Wilhelmshaven schaffte es Polter im Jahr 2004 in die Jugendabteilung des SV Werder Bremen. Im Nachwuchs des Bundesligisten konnte er überzeugen, spielte sich sogar in den Kreis der Junioren-Nationalmannschaft. „Viele sagen mir, ich hätte es aufgrund meiner Größe und Dynamik geschafft“, erzählt der inzwischen 31 Jahre alte Schalker, gibt aber zu bedenken: „Ich glaube, es gehört immer noch mehr dazu. Die Jahre danach wären entscheidend gewesen.“ Fakt ist aber, dass Werder Polter nur zu gern gehalten hätte – als Torwart.

Der Teenager hatte jedoch andere Pläne. Er wollte nicht länger Tore verhindern. Er wollte Tore schießen. In Bremen bekam Polter damals nicht die Chance, in den Sturm zu wechseln, er musste seinen Profi-Traum vorerst aufgeben und ging zurück in die Heimat nach Wilhelmshaven.

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Die Reaktionen darauf waren zwiegespalten. „Meine Mutter war froh, dass ich wieder mehr Zeit für die Schule hatte, die Fahrten nach Bremen fielen weg“, erinnert sich Polter. Der Vater allerdings haderte mit der Entscheidung seines Sohnes. „Er war so ehrgeizig wie ich und hat gedacht, dass es danach schwierig wird. Ich war als Torwart schon zur Junioren-Nationalmannschaft eingeladen worden. Es war eine große Chance, die ich vermeintlich wegwarf.“ Rückblickend weiß Polter: „Der Weg zum Profi schien danach sehr weit weg.“

Im Jahr 2013: Als der Mainzer Torwart Christian Wetklo Rot gesehen hatte, ging Stürmer Sebastian Polter ins Tor.
Im Jahr 2013: Als der Mainzer Torwart Christian Wetklo Rot gesehen hatte, ging Stürmer Sebastian Polter ins Tor. © Bongarts/Getty Images

Aber: Über Umwege hat es Sebastian Polter bekanntlich doch noch in die Bundesliga geschafft – als Stürmer wohlgemerkt. Den Grundstein dafür legte er schon in seinem ersten Jahr zurück beim SV Wilhelmshaven, in dem er 69-mal traf. Dank dieser tollen Torquote wurde Eintracht Braunschweig auf Polter aufmerksam und verpflichtete ihn für die U17-Junioren.

Schalke-Stürmer Sebastian Polter: Sechs Minuten Torwart-Erfahrung in der Bundesliga

Nur ein weiteres Jahr später gelang ihm der Sprung ins Nachwuchsleistungszentrum des VfL Wolfsburg – und auf der Karriereleiter kletterte Polter in der Folge immer weiter nach oben. Da er auch in der Jugend der Wölfe fleißig knipste, wurde er Junioren-Nationalspieler, 2011 debütierte der Angreifer dann für Wolfsburg in der Bundesliga – nur sechs Jahre, nachdem er überhaupt als Feldspieler begonnen hatte. Insgesamt 109 Spiele hat Polter in Deutschlands Top-Liga bislang absolviert (20 Tore). Auch in der 2. Bundesliga, der niederländischen Eredivisie und in Englands Championship hat der ehemalige Torwart seine Treffer erzielt.

Kurios: Einmal stand Polter in der Bundesliga kurzzeitig sogar im Tor. Als der Mainzer Torwart Christian Wetklo in der Schlussphase des Bundesligaspiels beim FC Augsburg die Rote Karte sah, ging der 1,92 Meter große Stürmer zwischen die Pfosten. In sechs Minuten hielt er seinen Kasten sauber und parierte sogar einen Freistoß von Daniel Baier. Die 1:2-Niederlage von Mainz 05 konnte er damals aber nicht verhindern.