Wolfsburg/Gelsenkirchen. Schalke-Torjäger Simon Terodde legt einen unglücklichen Auftritt in Wolfsburg hin. Und nun diskutieren die Königsblauen: Kann Terodde Bundesliga?
Am liebsten wäre Schalke-Stürmer Simon Terodde am Samstag nach Hause zu seiner Familie gefahren, um sich im vertrauten Kreis über den Doppel-Fehlschuss zu ärgern. Zwei Elfmeter in einem Spiel zu verschießen, das ist ihm erst einmal passiert – 2016 beim VfL Bochum. Ein 0:0 erkämpfte sich der FC Schalke 04 beim VfL Wolfsburg, Terodde resümierte: „Ich bin verantwortlich, dass wir nicht gewonnen haben.“
Anstatt eines ruhigen Familienabends führte Teroddes Weg ins ZDF-Sportstudio. Auch das noch. Immer wieder musste er über das reden, was sich in der 45. Minute vor 26.959 Zuschauern abgespielt hatte. Terodde selbst war gefoult worden, Schiedsrichter Felix Zwayer sah das aber erst nach Studium der Video-Bilder. Terodde legte sich den Ball zurecht, entschied sich für die rechte Ecke des Tores, doch Wolfsburgs Torwart Koen Casteels parierte. Da Casteels aber bei Teroddes Schuss einen halben Meter vor seinem Tor stand, wurde der Strafstoß wiederholt. Erneut schoss Terodde nach rechts, erneut parierte Casteels problemlos.
Schalke-Torjäger Terodde übernahm die Verantwortung
Im sonst langweiligen und zähen Spiel, in dem es Wolfsburg nicht gelang, gegen leidenschaftlich verteidigende Schalker aus 72 Prozent Ballbesitz, 17 Torschüssen und 12 Ecken ein Tor zu erzielen, war dies die einzige erwähnenswerte Szene. „Oft bin ich als Torjäger der gefeierte Held, heute muss ich den Arm heben und die Verantwortung übernehmen. Das tut richtig weh“, sagte Terodde. Dass er sich nach dem ersten Fehlschuss den Ball noch einmal schnappen würde, stand für ihn außer Frage – ein zweiter Schütze hätte bereit gestanden, denn Marius Bülter hatte vor einer Woche beim 2:2 gegen Borussia Mönchengladbach sicher verwandelt. „Ich bin 34 Jahre alt, die Mannschaft vertraut mir. Es wäre ein schlechtes Zeichen gewesen, hätte ich gesagt: Ich gebe den Ball ab. Außerdem habe ich mich sicher gefühlt“, sagte Terodde.
Vorwürfe musste sich Terodde nicht anhören. Sportdirektor Rouven Schröder sagte: „Ohne Simon wären wir nicht in der Bundesliga. Das sollten wir nicht vergessen.“ Trainer Frank Kramer ließ durchblicken, dass er kein Problem damit hätte, wenn sich Terodde den Ball auch beim nächsten Elfmeterpfiff schnappen würde.
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Und doch entsteht nach dem dritten Spieltag auf Schalke eine leise Diskussion, die der Klub vermeiden wollte: Kann Terodde wirklich in der Bundesliga mithalten? Mag er in der Zweiten Liga der Rekord-Torschütze sein, hat er sein Können eine Etage höher noch nicht gezeigt – oder zeigen können. Wie seine Ex-Klubs spielt Schalke als Aufsteiger viel defensiver, kommt im Schnitt auf 30 Prozent Ballbesitz. Nur selten erhält Terodde den Ball – und schon gar nicht dort, wo er sich am liebsten aufhält: im gegnerischen Strafraum. Terodde selbst findet die Diskussion nicht ganz fair: „Die Messlatte liegt mit 30 Toren in der Aufstiegssaison natürlich hoch. Sind dann fünf, sieben oder zehn Tore gut? Wenn die Leute 15, 20 Tore erwarten, wird das schwierig. Vielleicht mache ich auch nur drei Tore, aber wir können die Klasse halten – und ich habe dennoch einen wichtigen Stellenwert. Meine Mannschaftskollegen freuen sich, wenn ich auf dem Platz stehe, und das gibt mir viel.“ Auch in dieser Diskussion nehmen die Verantwortlichen Terodde in Schutz. „In dieser Saison werden wir mit Simon den Beweis antreten, dass er auch in der Bundesliga gut aufgehoben ist“, sagte Trainer Frank Kramer. Sportdirektor Schröder erklärte: „Der Wert von Simon für die Mannschaft und den Verein ist riesengroß – das mache ich nicht an einem Tor fest.“
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Aktuell hat Terodde aber nicht nur ein Defizit in seiner Torquote. Zu 100 Prozent fit ist er noch nicht. In der Vorbereitung war er wochenlang wegen muskulärer Probleme ausgefallen, manche Trainingseinheit sagt er ebenso ab: Belastungssteuerung. Nur etwa 60 Spielminuten hält er aktuell durch – wie viele seiner Teamkollegen. Ein grundsätzliches Fitnessproblem weist Schalke zurück. „Da wird versucht, ein Thema draus zu machen. Ich sehe das nicht“, sagte Rouven Schröder. Frank Kramer verwies darauf, dass sein Team fünf Kilometer mehr gelaufen sei als der Gegner.
Schalke-Torjäger Terodde mit Happy End
Terodde hatte am Abend, als er in Mainz beim ZDF angekommen war, jedenfalls wieder genug Kraft. An der Torwand zirkelte er den sechsten und letzten Schuss ins obere Loch. So hatte dieser verkorkste Samstag für ihn wenigstens ein Happy End.