Gelsenkirchen. Schalke beginnt die neue Saison in Köln. Günter Güttler erklärt, wie wichtig ein guter Start nach einem Aufstieg ist – und die Rolle der Fans.

Die Bilder vom 10. August 1991 wird Günter Güttler vermutlich nie aus dem Kopf bekommen: Es ist der zweite Spieltag. Aufsteiger Schalke 04 hat in der Vorwoche ein 0:0 gegen den HSV erreicht und gastiert nun in Frankfurt. Zur Pause liegen Güttler & Co. durch ein Tor von Axel Kruse mit 0:1 zurück. Dann brechen alle Dämme: Lothar Sippel, der spätere Schalker Andreas Möller (per Doppelschlag) und abermals Kruse schießen die Eintracht zum 5:0-Kantersieg. „Das war vielleicht mein schlechtestes Spiel überhaupt“, sagt Güttler kopfschüttelnd. „Der Andy Möller hat uns auseinander genommen, das war nicht mehr feierlich.“ Und Schalkes Bundesliga-Rückkehr geriet zum Fehlstart – einmal mehr.

Dreimal ging Königsblau in der Vergangenheit als Aufsteiger in die Saison – jedes Mal blieb man an den ersten beiden Spieltagen sieglos. Doch nur einmal mündete der Fehlstart in den sofortigen Wiederabstieg: 1982/83 musste Schalke zum Auftakt ein 2:4 gegen Gladbach und ein 1:2 in Stuttgart schlucken. Zwar brach der Bann bereits am dritten Spieltag (2:0 gegen Hertha BSC), doch am Saisonende fand sich der siebenmalige Deutscher Meister in der Relegation wieder. Dort scheiterte S04 am Zweitligisten Uerdingen (1:3 auswärts, 1:1 daheim).

Schalke 04: Günter Güttler hat gute Erinnerungen an 1991/92

Günter Güttler und Jiri Nemec im Einsatz für den FC Schalke 04.
Günter Güttler und Jiri Nemec im Einsatz für den FC Schalke 04. © Jürgen Fromme /firo Sportphoto | firo Sportphoto/Jürgen Fromme

1984/85 war Schalke dann wieder zurück in der Bundesliga und startete abermals mit zwei Pleiten (1:2 in Gladbach, 2:3 gegen Bochum), gefolgt von einem 2:2 in Leverkusen. Erst am vierten Spieltag gelang der erste Sieg (3:1 gegen Karlsruhe). Am Ende belegte S04 einen hervorragenden achten Platz, nachdem man zwischenzeitlich sogar am Europacup geschnuppert hatte.

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„Ein guter Start ist natürlich wichtig – gerade für einen Aufsteiger“, sagt Günter Güttler, der von 1990 bis 1994 das königsblaue Trikot trug. „Aber mindestens genau so wichtig ist es, die Ruhe zu behalten, wenn es nicht sofort glänzend läuft.“

Genau das gelang den Gelsenkirchenern um Defensiv-Organisator Güttler auch in der Saison 1991/92 – trotz des Debakels in Frankfurt. Am dritten Spieltag gegen Nürnberg reichte ein Tor von Steffen Freund zum Schalker 1:0-Sieg. „Wir wurden förmlich von den Fans getragen“, erinnert sich Güttler. „Schon während der Busfahrten zu den Heimspielen spürten wir stets dieses magische Kribbeln rund ums Stadion, die Atmosphäre war positiv aufgeladen – während der gesamten Saison.“

Der FC Schalke und seine Gegner in der Saison 2022/23.
Der FC Schalke und seine Gegner in der Saison 2022/23. © Denise Ohms | FUNKEGRAFIK NRW Denise Ohms

Schalke verlor in der Hinrunde 1991/92 kein Heimspiel und feierte berauschende Siege, darunter ein 5:2 gegen Dortmund am 5. Spieltag: Ingo Anderbrügge, Güttler (per Elfmeter), Jürgen Luginger, Günter Schlipper und Peter Sendscheid erzielten die Tore – „und zwar stets zum richtigen Zeitpunkt“, erinnert sich Güttler an ein Derby, das enger war als das Resultat. „Dieser Sieg vor 72.000 Zuschauern hat uns so einen Schub verpasst, dass wir fortan felsenfest überzeugt waren, den Klassenerhalt zu schaffen. Das war ein Schlüsselspiel.“

Horror-Start ins Abstiegsjahr

Schalkes Mannschaft und die Fans waren zur untrennbaren Einheit verschmolzen. „Ich persönlich hatte vor jedem Spiel schweißnasse Hände“, gesteht Günter Güttler. „Aber wenn du aus der Kabine kommst und eintauchst in dieses blau-weiße Meer, dann ist das alles wie weggeblasen. Die Rückendeckung auf Schalke ist vielleicht einmalig.“

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Deshalb hätte sich Güttler für seinen ehemaligen Klub zum Auftakt der Saison 2022/23 ein Heimspiel gewünscht. Aber es hat nicht sollen sein, los geht es beim 1. FC Köln. „Als Aufsteiger weißt du ja erst mal nicht, wo du stehst. Da gibt dir die Unterstützung von den Rängen Sicherheit“, sagt der 233-malige Bundesliga-Spieler (14 Tore für München, Nürnberg, Mannheim und Schalke),

Die Spieltags-Planer der DFL zeigten in der jüngeren Vergangenheit ohnehin kein allzu großes Herz für Königsblau: In seinen vergangenen zwölf Erstliga-Spielzeiten musste Schalke sage und schreibe zehnmal auswärts in die Saison starten, so auch 2020/21. Damals setzte es am ersten Spieltag eine 0:8-Klatsche in München. In der heimischen Arena durften die Gelsenkirchener zuletzt 2017 in eine Bundesliga-Saison starten (2:0 gegen RB Leipzig). Am Saisonende wurden sie Vizemeister.

Auch wenn Königsblau bei seiner vierten Bundesliga-Rückkehr in Köln anfangen muss, ist Günter Güttler zuversichtlich: „Schalke bleibt drin, unbedingt. Nach den Vorfällen der letzten Jahre sind Verein und Fans wieder zusammengerückt. Der Wiederaufstieg hat immense Kräfte freigesetzt, die das Team auch über Schwächephasen hinweg tragen werden.“

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