Gelsenkirchen. Aufsteiger Schalke 04 hat noch kaum Verstärkungen. Geht das gut? Beim letzten Mal war es so, erinnert sich Jürgen Luginger – und erklärt, warum.

Als Jürgen Luginger am 7. Mai die Schalker Aufstiegsfeier über den Fernsehschirm flimmern sah, wurden Erinnerungen wach. Am 2. Juni 1991 durfte der Blondschopf ein ähnliches Bad in der blau-weißen Menge nehmen. „Auch damals gab es einen Platzsturm. Wir Spieler mussten fast alles bis auf die Unterhosen ausziehen und den Fans geben“, erinnert sich der heute 54-Jährige an den S04-Aufstieg vor 31 Jahren. „Das sind unbeschreibliche Momente.“

Jürgen Luginger hatte bis dato drei Jahre mit Schalke im Unterhaus verbracht. Bis heute ist er der Rekord-Zweitligaspieler des Vereins (108 Einsätze). Doch im Sommer 1991 ging „Lugis“ Reise mit den Knappen erst richtig los. „Zwar hatten wir alle gehörigen Respekt vor der neuen Aufgabe Bundesliga, aber die Vorfreude überwog ganz klar“, verrät der damalige Mittelfeldspieler. „Wir waren stolz, Schalke in der höchsten Spielklasse vertreten zu dürfen – und genau so fest entschlossen, uns dort zu behaupten.“

Schalke 04 setzte 1991 weiter auf seine Aufstiegsmannschaft

Dass Königsblau nach dem Aufstieg größtenteils weiter auf das Personal aus Liga zwei setzte, ist für Luginger rückblickend „ein Glücksfall“, denn: „Wir waren eine total eingeschworene Truppe und hatten eine riesige Bindung zu den Fans aufgebaut.“

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Zwar holte Schalke im Sommer 1991 acht Neuzugänge, doch darunter waren nur zwei gestandene Bundesliga-Profis, die dem Klub letztlich kaum weiterhalfen: Mittelfeldmann Sascha Jusufi (kam für 700.000 Mark vom HSV) erlitt in der Vorbereitung einen Achillessehnenriss und sollte nie ein Pflichtspiel für S04 bestreiten. Stürmer Uwe Leifeld (für 500.000 Mark aus Bochum) verpasste 18 Spiele verletzt. Von den übrigen 20 Partien in der vorübergehend auf 20 Klubs erweiterten Bundesliga bestritt Leifeld nur eines über 90 Minuten und kam auf zwei Saisontore.

Die besten Neuzugänge kamen aus der DDR

Auch der Däne Bent Christensen (für knapp 5 Mio. Mark von Bröndby IF) war mit großen Vorschusslorbeeren nach Schalke gekommen, doch dem Stürmer sollten 1991/92 ganze sechs Treffer gelingen. Die wichtigsten Verstärkungen des Sommers 1991 waren aus der früheren DDR gekommen: Innenverteidiger Hendrik Herzog vom FC Berlin (vormals BFC Dynamo) und Mittelfeldmann Steffen Freund vom BSV Stahl Brandenburg hatten zusammen nur 300.000 Mark Ablöse gekostet.

„Bei uns standen 1991/92 vielleicht nicht die ganz großen Namen im Kader“, sagt Luginger, „dafür hatten wir einen überragenden Zusammenhalt, der sich schon zu Zweitliga-Zeiten entwickelt hatte. Viele Spieler haben in ihrer Freizeit etwas zusammen unternommen, auch die Frauen waren oft dabei.“

Beim Bundesliga-Auftakt 1991/92 (0:0 gegen den HSV) kamen gleich zehn Schalker Aufstiegshelden zum Einsatz. Das sollte sich im weiteren Saisonverlauf kaum ändern. Dabei musste Königsblau im Oberhaus teils heftige Rückschläge einstecken: Am 2. Spieltag kam das Team in Frankfurt mit 0:5 unter die Räder.

„Aber davon haben wir uns nicht verrückt machen lassen“, erzählt Luginger, der seit 2020 Sportdirektor beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken ist. „Wir wussten: So eine Niederlage kann mal passieren und dachten jetzt nicht: Oh Gott, in der Bundesliga sind wir völlig Fehl am Platz.“ Endgültige Gewissheit brachte der 1:0-Heimsieg gegen Nürnberg am 3. Spieltag (Tor: Freund).

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Die besten Neuzugänge kamen aus der DDR – am Ende stand Platz elf

Als Jürgen Luginger im Sommer 1994 nach sechs Jahren beim FC Schalke zu Hannover 96 wechselte, hatte er dreimal in Folge mit Königsblau die Klasse gehalten – ein Leistungsnachweis, den die aktuellen S04-Profis erst noch erbringen müssen. Luginger, der von 2014 bis 2017 Schalkes 2. Mannschaft trainierte, glaubt, dass die Knappen sich erneut in der Bundesliga festsetzen können, auch ohne Star-Einkäufe: „Wenn Schalke auch diesmal in weiten Teilen auf das Aufstiegs-Team setzen sollte, kann das sogar ein echtes Plus sein.“ Für viele Spieler sei die 1. Liga eine Riesenchance, die Motivation riesengroß.

„Trotzdem kann man die eine oder andere qualitative Verstärkung natürlich immer gut gebrauchen“, sagt „Lugi“. Schließlich sei die Kluft zwischen 1. und 2. Liga seit 1991 nicht gerade kleiner geworden: „Der Rückstand der Zweitliga-Spitze auf die ersten acht Mannschaften der Bundesliga ist heutzutage schon gewaltig. Aber zum Mittelfeld und zum unteren Drittel der Bundesliga kann Schalke durchaus aufschließen.“ Und dann wagt Luginger eine beherzte Prognose: „Ich bin mir sicher: Schalke bleibt nächste Saison in der Liga. Vielleicht reicht es sogar zu einem Platz im Mittelfeld. Das wäre ein toller Erfolg.“

Übrigens: 1991/92 landete Jürgen Luginger mit Königsblau am Saisonende auf Tabellenplatz 11. Darüber würde wohl auch diesmal keiner meckern.

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