Essen. Nach 20 Spieltagen dürfen noch neun Mannschaften der 2. Bundesliga auf den Aufstieg hoffen - auch Schalke 04. Was Experte Friedhelm Funkel sagt.

Ein bisschen muss Friedhelm Funkel überlegen. „Nein“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. An einen solch engen Aufstiegskampf in der 2. Bundesliga könne er sich nicht erinnern. „Es waren eigentlich immer zwei, drei Mannschaften, die oben mitgespielt haben.“ Keiner hat mehr Erfahrung als der 68-jährige langjährige Trainer – sechsmal führte er Mannschaften in die Bundesliga. Diesmal sind es aber gleich neun Teams, die den Sprung schaffen können. Paderborn ist als Neunter vom Relegationsrang, auf dem derzeit Bremen steht, nur fünf Punkte entfernt.

Woche für Woche gibt es verrückte Spiele wie am vergangenen Wochenende das unglaubliche 4:3 von Werder Bremen beim SC Paderborn. „Ein krankes Spiel“, sagte Paderborns Trainer Lukas Kwasniok dazu. Es fallen viele Traumtore, zudem bietet auch die Zweite Liga echte Typen wie Torjäger Simon Terodde vom FC Schalke 04, die Bremer Angreifer Marvin Ducksch und Niklas Füllkrug oder Heidenheims Trainer Frank Schmidt. Viele Fans schauen Woche für Woche gerne auf die Zweite Liga – das liegt nicht nur an den vielen Traditionsklubs, sondern auch am spannenden Tabellenbild.

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Auch Funkel, bis Mai 2021 Trainer des 1. FC Köln, findet aktuell die Zweite Liga wesentlich spannender als die Erste. „Die Bayern haben zwar nur sechs Punkte Vorsprung, aber sie werden wieder im Alleingang den Titel holen. In der Zweiten Liga gibt es aber jede Woche mindestens ein Topspiel“, sagt Funkel.

Funkel weiß aus eigener Erfahrung genau, worauf es für die Trainer-Kollegen jetzt ankommt. „Ganz wichtig ist es, Ruhe zu bewahren, sich nicht verrückt machen zu lassen, der Mannschaft zu vertrauen. Denn man muss jetzt sehr konstant punkten. Es sind Kleinigkeiten, die entscheiden“, sagt Funkel.

Funkel achtet besonders auf Schalke-Trainer Grammozis

Und er hat schon konkrete Vorstellungen davon, wer sich durchsetzen wird. „Ich glaube, dass die aktuell ersten fünf Mannschaften der Tabelle die Aufsteiger ausspielen“, sagt er. Damit meint er Darmstadt 98 (1.), den FC St. Pauli (2.), Werder Bremen (3.), Schalke 04 (4.) und den Hamburger SV (5.). Ein besonderes Auge hat Funkel auf Schalkes Trainer Dimitrios Grammozis – die beiden arbeiteten 1996 beim KFC Uerdingen kurz zusammen: Funkel war Trainer, Grammozis Jungprofi. „Ich finde, Dimitrios hat das bisher sehr gut gemacht, es wird häufig vergessen, dass Schalke einen totalen Neuaufbau hinter sich hat. So etwas geht nicht von heute auf morgen. Es könnte sein, dass der 5:0-Sieg in Aue ein Befreiungsschlag war. So hoch musst du in Aue erst mal gewinnen“, sagt Funkel.

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Die Rhetorik von Funkels Erben ähnelt sich. Die Floskel „Wir müssen von Spiel zu Spiel denken“ gehört aktuell zum Standard-Repertoire der Trainer. Oder Sätze wie die von HSV-Coach Tim Walter, der gerne sagt: „Wir gehen unseren Weg weiter. Am Ende wird abgerechnet.“

Schalke-Sportdirektor Schröder: "Es ist so eng"

Noch angespannter sind die sportlich Verantwortlichen. Ein Aufstieg bringt viel Geld, und gerade bei den Traditionsklubs Bremen, Schalke und HSV steigt der Druck. Schalkes Sportdirektor Rouven Schröder zum Beispiel warnt: „Es ist so eng. Wenn du nicht konzen­triert bist und ein, zwei Spieltage pennst, dann bist du schnell wieder auf Platz sieben oder acht.“ Und auch in die umgekehrte Richtung kann es gehen. Werder Bremen spielte eine durchschnittliche Hinrunde, kletterte aber durch fünf Siege in Folge auf den dritten Tabellenplatz. „Wir wissen nach den 17 Spielen in der Hinrunde, wie schwer es in der Zweiten Liga ist“, sagte Bremens Kapitän Ömer Toprak.

Deshalb träumen auch Außenseiter noch vom Aufstieg. Heidenheim (6.), Nürnberg (7.), Regensburg (8.) und Paderborn (9.) räumt Funkel aber keine großen Chancen ein. „In dieser Saison sind die etablierten Mannschaften stark genug“, sagt er. Doch wer steigt nun auf? „Wäre ich überzeugt, würde ich das auch sagen“, sagt Funkel schmunzelnd. Er bleibt bei seiner Prognose: Aus dem Neunkampf wird ein Fünfkampf.