Hannover. WAZ-Interview mit Michael Ratajczak, dem 39-jährigen Torwart-Trainer von Hannover 96, der einst in der Jugend des FC Schalke 04 gespielt hat.
Vor wenigen Wochen hat der langjährige Profi-Keeper Michael Ratajczak (39) seine neue Karriere als Torwart-Trainer von Hannover 96 begonnen. „Ich bin in sieben Minuten am Trainingsgelände. Ein Auto brauche ich nicht. Ich setze mich bei Wind und Wetter auf mein Fahrrad und genieße das. Für mich ist das Mega-Luxus, wenn man bedenkt, dass viele Pendler auf dem Weg zur Arbeitsstätte lange Anreisen in Kauf nehmen müssen“, sagt Michael Ratajczak. Vor dem Zweitliga-Spiel gegen den FC Schalke 04 spricht „Rata“ im WAZ-Interview über seinen neuen Job, die Jugendzeit bei den Königsblauen und ein besonderes Erlebnis mit Simon Terodde.
Herr Ratajczak, Sie waren fast 20 Jahre Profi-Torhüter. Wie fühlt sich der neue Abschnitt als Torwart-Trainer an?
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Michael Ratajczak: Es macht mir riesigen Spaß. Die Anfangszeit war etwas stressig, zumal ich in der Sportschule Barsinghausen noch meinen Trainer-B-Schein absolviert habe. Aber mittlerweile hat sich alles gut eingespielt. Der zeitliche Aufwand ist deutlich größer als zu Spielerzeiten. Ich bin zwei Stunden vor den Einheiten am 96-Trainingsgelände. Nach dem Training folgt noch die Nachbereitung.
Sie haben im Profi-Bereich unter anderem für Fortuna Düsseldorf, den MSV Duisburg, den SC Paderborn und Hannover 96 gespielt: Haben Sie sich da etwas von den jeweiligen Torwart-Trainern abgeschaut?
Ich habe mir zu meiner aktiven Zeit schon ein paar Dinge aufgeschrieben, die mir in den verschiedenen Trainingseinheiten aufgefallen sind. Die sind in einem Ordner abgeheftet. Den Ordner habe ich hier in Hannover aber noch nicht herausgeholt. Ich möchte meinen eigenen Stil entwickeln.
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Von 1994 bis 1996 haben Sie bei Schalke 04 in der Jugend gespielt. Wie war damals die Torwartausbildung?
Lothar Matuschak hat sich zu dieser Zeit um die Torhüter gekümmert und mich in der C-Jugend gefördert. Einmal pro Woche haben wir auf einem kleinen Rasenstück am Parkstadion trainiert. Irgendwann habe ich mal einen ausrangierten, mit Flicken besetzten Torwart-Trainingsanzug der Profis bekommen. Da war ich ganz stolz drauf. Auf Schalke hatte ich auch meine erste Begegnung mit dem damaligen Profi-Torwart Jens Lehmann.
Was ist sonst noch aus der Schalke-Zeit hängen geblieben?
Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir bei Schalke in der Jugend auf schwarzer Schlacke trainiert haben. Die Torpfosten waren aus Holz und viereckig. Nach den Einheiten bin ich in kompletter Montur und mit Torwarthandschuhen unter die Dusche gegangen, um die Schlacke abzuspülen. Meine Mutter hatte zu Hause eine Extra-Waschmaschine für die Sportklamotten. Ein paar Schlackekörner waren nach jedem Waschgang in der Maschine. So etwas vergisst man nicht. Beim Uefa-Cup-Finale gegen Inter Mailand stand ich im Hinspiel als Balljunge im Parkstadion hinter dem Tor. Solche Erlebnisse bleiben natürlich haften.
Haben Sie schon realisiert, dass Schalke 04 mittlerweile nur noch Zweitligist ist?
Es ist tragisch, dass Schalke abgestiegen ist, aber aus jeder schlechten Situation kann sich auch etwas Positives entwickeln. Schalke hat sich neu aufgestellt und steht in der Tabelle bisher ganz gut da.
Mit Simon Terodde, der bereits elfmal getroffen und mit Ex-96-Torjäger Dieter Schatzschneider als Zweitliga-Rekordschütze gleichgezogen hat, haben die Königsblauen einen Knipser verpflichtet.
Simon Terodde hat nicht nur ein Stürmer-Näschen, er ist auch ein richtig guter Typ. Ich habe mit ihm bei Fortuna Düsseldorf zusammengespielt. Mit ihm verbindet mich ein besonderes Erlebnis.
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Und welches ist das?
Es gab eine Situation im Fortuna-Training: Da kam ein langer Ball, ich bin aus dem Tor herausgelaufen, Simon rannte auf mich zu. Ich konnte mich noch irgendwie mit dem Knie beim Zusammenprall schützen. Simon hat sich dabei drei Rippen gebrochen und war auch am Lungenflügel verletzt. Wenn ich in meiner Profi-Karriere wegen irgendetwas ein schlechtes Gewissen habe, dann deswegen. Immer, wenn ich Simon Terodde sehe, entschuldige ich mich bei ihm. Und er sagt dann immer: Jetzt ist es aber mal gut (lacht).
Nach über eineinhalb Jahren darf die HDI-Arena gegen Schalke wieder voll ausgelastet werden. Wie fühlt sich das an?
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Zu Wochenbeginn stand ich in der leeren HDI-Arena und habe zu unserem Athletiktrainer gesagt: Das Ding wird am Freitag gegen Schalke 04 voll. Der Gedanke ist nach der langen Zeit, in der entweder in leeren oder nur zum Teil gefüllten Stadien gespielt wurde, fast surreal. Natürlich ist das auch bei uns Thema. Wir freuen uns alle darauf, dass die Ränge wieder voll sind. Das wird uns einen Riesenschub geben. Mit Hannover und Schalke treffen zwei gute Traditionsvereine aufeinander, dazu ist es noch ein Flutlichtspiel, das wird richtig geil.
Wer ist Favorit? Hannover oder Schalke?
Das Momentum ist sicherlich etwas auf Schalker Seite, weil sie vier der vergangenen fünf Spiele gewonnen haben. Aber wir sind heiß und haben richtig Bock auf die Begegnung. Wir wollen mit Spaß, Freude und Gier ins Spiel gehen.