Gelsenkirchen. Schalkes 1:1 gegen Aue war auch für Trainer Dimitrios Grammozis ein enttäuschendes Ergebnis. Aber daran wollte er das Spiel nicht alleine messen.
Im Fußball muss man mit allem rechnen, sogar nach dem Abpfiff. Beinahe hätte der FC Erzgebirge Aue am späten Freitagabend seinen Stürmer Babacar Gueye auf Schalke vergessen: Der Mannschaftsbus rollte schon vom Parkplatz der Arena, als sich Gueye in kurzen Hosen lautstark bemerkbar machte – das ging gerade nochmal gut. Auch Schalke hatte seine Pannen, und nicht alle blieben so unauffällig wie die auf dem Videowürfel, wo nach dem Abpfiff kurzerhand der „1. FC Schalke 04“ in der Tabelle auftauchte – das hatte zum Glück kaum jemand gesehen…
Was aber nachhaltig von diesem Abend blieb, war die Erkenntnis, dass sich der FC Schalke 04 auch sportlich im Moment noch zu viele Fehler erlaubt, um die ihm zugedachte Rolle in der Zweiten Liga einzunehmen. Beim 1:1 gegen Erzgebirge Aue wurde bestätigt, was sich schon im ersten Heimspiel gegen den HSV (1:3) gezeigt hatte: Über 90 Minuten ist die Mannschaft noch nicht stabil genug, um eine verdient herausgespielte Halbzeitführung am Ende mit drei Punkten zu veredeln. „Klar ist: Das Ergebnis ist enttäuschend“, konstatierte auch Trainer Dimitrios Grammozis. Im gleichen Atemzug schob er aber eine Erkenntnis nach vorne, die nach einem 1:1 gegen Aue durchaus überraschend daherkam: „Wichtig war aber, dass wir meiner Meinung nach wieder einen Schritt nach vorne gemacht haben in vielen Belangen.“
Schalke: Diese Punkte haben Grammozis gefallen
Punkt Nummer eins war für Grammozis der Umgang mit dem vermehrten Ballbesitz: Schalke hatte im dritten Zweitligaspiel zum ersten Mal mehr Spielanteile als der Gegner (65:35 Prozent). „Im Spiel mit dem Ball haben wir über 60 Minuten ein gutes Spiel gemacht“, betonte der Trainer. Was ihm fehlte, war der K.o.-Schlag für Aue: „Wenn wir den Gegner so beherrschen, dann musst du einfach das zweite Tor machen, dann läuft das Spiel ganz anders.“
Was Grammozis aber ebenso wichtig war (Punkt Nummer zwei): „Wir haben ja auch defensiv nichts zugelassen. Es ist ja nicht so, dass der Gegner mega-viele Chancen hatte.“ Das Experiment mit der Viererkette in der Abwehr, die Schalke erstmals unter seiner Regie von Beginn an spielte, bezeichnete er als „geglückt“.
Die Gründe, warum Schalke den Heimsieg verpasste
Hätte Schalke das Spiel über die Runden gebracht, ließen sich die weiteren Fragen dieses Abends deutlich entspannter beantworten. Doch durch das späte Ausgleichstor der Gäste durch Sascha Härtel in der 86. Minute wird die Diskussion darüber, warum Schalke nach einer guten Stunde die Spielkontrolle aus der Hand gab, nun auch durch das enttäuschende Ergebnis befeuert. Jeder in der Arena konnte es fühlen, dass die Schalker Mannschaft ab der 60. Minute vor allem im Mittelfeld überhaupt keinen Zugriff mehr auf das Spiel bekam – auch das erinnerte an das erste Heimspiel gegen Hamburg. „Diese Passivität, die wir ab der 60. Minute hatten, hat auf jeden Fall dazu beigetragen, dass Aue wieder Lunte gerochen hat“, gab Grammozis zu. Seine Erkenntnis: „Aue wurde nicht besser, sondern wir haben nachgelassen und haben Aue damit zurück ins Spiel gebracht.“
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Dieses kollektive Nachlassen führte Schalkes Trainer darauf zurück, dass einige Spieler körperlich noch nicht bei 100 Prozent seien: Er nannte die später verpflichteten Dominick Drexler, Rodrigo Zalazar und Marius Bülter, die müde geworden seien, weil sie auf Schalke nicht in den Genuss einer kompletten Saisonvorbereitung gekommen waren. Bei Drexler, dem Torschützen zum 1:0, konnte man das deutlich sehen: Dem früheren Kölner gelang nach einer Stunde fast nichts mehr. Grammozis ließ ihn aber bis kurz vor Schluss auf dem Platz, weil er nach einer Stunde bereits Zalazar ausgewechselt hatte: „Wenn ich beide auf einmal rausgeholt hätte, wäre die Ballsicherheit ganz weggewesen.“ Der mit 31 Jahren erfahrene Drexler sollte der Mannschaft wohl auch Halt geben, weil in der zweiten Halbzeit das Kopfkino einsetzte und den Offensivdrang ausbremste: „Die Jungs hatten Angst, etwas zu verlieren.“
Dass Schalke keine Über-Mannschaft in der Zweiten Liga ist, war von vornherein klar – dafür ist diese Liga auch zu umkämpft. Andererseits war gegen Aue ein Heimsieg schon erwartet worden. „Ein Punkt aus zwei Heimspielen ist definitiv zu wenig für unsere Ansprüche“, gibt Grammozis zu. Auch ihn wurmt, dass der Bundesliga-Absteiger noch auf seinen ersten Sieg in der Arena warten muss, aber er bleibt dabei: „Man darf nicht vergessen, dass wir auch viele Sachen gut gemacht haben.“