Hannover. Michael Ratajczak verurteilt die Übergriffe auf S04-Spieler. Dass die Vorfälle abschreckend für potenzielle Neuzugänge sind, glaubt er nicht.

Mit mittlerweile 39 Jahren zählt Michael Ratajczak zu den dienstältesten Zweitliga-Profis. Der Reserve-Torwart von Hannover 96 hat in seiner Karriere 117 Spiele im Unterhaus bestritten. Vor seiner Zeit bei den Niedersachsen stand Ratajczak beim SC Paderborn, MSV Duisburg, Fortuna Düsseldorf und LR Ahlen zwischen den Pfosten. Im WAZ-Interview sagt der ehemalige Schalker Balljunge Ratajczak, worauf es für die Königsblauen in der nächsten Saison in der 2. Liga ankommt.

Herr Ratajczak, Sie haben als Jugendlicher für von 1994 bis 1996 für Schalke 04 gespielt. Wie nahe geht Ihnen der Abstieg des Traditionsvereins und wo sehen Sie die Gründe?

Michael Ratajczak: Welche Einzelheiten in dieser Saison bei Schalke 04 zum Abstieg geführt haben, kann ich aus der Entfernung nicht bewerten. Ich komme gebürtig aus Herne, da kommt man automatisch mit Schalke in Berührung. Ein Großteil meiner Familie ist blau-weiß. Natürlich habe ich zu Schalke 04 durch meine Jugendzeit auch einen persönlichen Bezug zu diesem Klub. Dass Schalke absteigt, finde ich als Ruhrpott-Junge richtig schade.

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Können Sie sich noch an Ihre Jugendzeit bei den Königsblauen erinnern?

Ratajczak: Ich bin mit zwölf Jahren von der SG Herten-Langenbochum zu Schalke 04 gewechselt. Zu meiner Zeit gab es noch nicht die legendäre Knappenschmiede, wir haben irgendwo hinter dem alten Parkstadion trainiert. Spieler wie Christian Mikolajczak oder Sergio Pinto haben eine Jugendmannschaft über mir gespielt, an sie kann ich mich noch recht gut erinnern. Für mich war es als Junge natürlich etwas Besonderes, in der Region gesichtet und zu Schalke 04 geholt worden zu sein. Schalke war auch in den 90er Jahren schon ein großer Klub. Ich war bei den Profispielen zwischenzeitlich Balljunge. Der damalige Torwart Jens Lehmann ist mein Idol gewesen. Für mich war Schalke in der Jugend ein wichtiger Karriereschritt.

Hat Sie der Schalker Abstieg betroffen gemacht oder ist die Distanz mittlerweile zu groß für Emotionen?

Ratajczak: Dass Schalke in die 2. Liga muss, geht mir schon nahe. Das ist schon bitter, aber ich sehe trotz allem auch etwas Positives im Abstieg.

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Das dürfte viele eingefleischte Fans verwundern. Können Sie das näher erläutern?

Ratajczak: Schalke hat jetzt die Möglichkeit, alles auf Null zu stellen. Der Verein kann sich komplett neu aufstellen und einen Neustart anleiern. Im Abstieg gibt es auch eine Chance. Der Spruch, dass Königsblau niemals untergehen wird, kommt nicht von ungefähr. Der Verein hat so viele Fans und so viel Unterstützung, dass er sich wieder aufrappeln kann.

Nach dem 0:1 in Bielefeld schlugen die Emotionen hoch, Schalker Profis wurden nach der Rückkehr in Gelsenkirchen von einem Teil der S04-Fans körperlich angegangen. Könnte dieser Vorfall den einen oder anderen Spieler abschrecken, künftig zu Schalke zu wechseln?

Ratajczak: Grundsätzlich ist ein körperlicher Angriff ein absolutes No-Go. Ich verabscheue so etwas. Wenn man es auf das Kleinste herunterbricht, dann geht es letztlich nur um Fußball. Natürlich tut ein Abstieg weh, natürlich löst das Emotionen aus, aber so etwas darf niemals in Gewalt ausarten. Trotz der Vorfälle glaube ich nicht, dass so etwas abschreckende Wirkung auf Spieler hat. Schalke besitzt immer noch enorme Anziehungskraft. Das ist ein großer Verein. So, wie die Emotionen zuletzt ins Negative umgeschlagen sind, können sie auch ganz schnell wieder ins Positive umschlagen.

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Wie schätzen Sie die Qualität in der 2. Liga ein?

Ratajczak: Früher hat man gesagt: Die 2. Liga ist nur lange Bälle schlagen, Zweikämpfe annehmen und fighten. Das hat sich im Laufe der Jahre verändert. Mittlerweile ist die fußballerische Qualität gestiegen, es gibt sehr viele gute Fußballer, die Spiele entscheiden können. Bei uns in Hannover sind es zum Beispiel Marvin Ducksch oder Genki Haraguchi. Oder Aaron Hunt beim Hamburger SV. Zu der individuellen Klasse braucht man mannschaftliche Geschlossenheit und hungrige Spieler. Die benötigst Leute, die richtig Bock haben und Leidenschaft mitbringen.

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Worauf muss sich Schalke in der kommenden Saison einstellen?

Ratajczak: Wenn Schalke als großer, klangvoller Verein irgendwo aufläuft, haut sich der Gegner automatisch voll rein. Das ist vergleichbar mit dem HSV, der das nach dem Abstieg auch so erlebt hat. Schalke bekommt in der nächsten Saison keinen Millimeter geschenkt.