Dortmund. Dortmund gewinnt das Revierderby überlegen mit 4:0. Der Schalker Abstieg scheint unvermeidbar. Doch selbst die Borussen wünschen sich das nicht.

Es charakterisiert die Kräfteverhältnisse im Ruhrgebiet, wenn der Geschäftsführer des Siegers am Tag nach dem Derby den Verlierer stützt. „Jetzt drücken wir Schalke ohne Wenn und Aber die Daumen“, sagt BVB-Chef Hans-Joachim Watzke, als er am Sonntag mit dieser Redaktion am Telefon über die 90 Minuten in Gelsenkirchen und deren mögliche Folgen spricht. „Es wird schwierig, aber vielleicht kann der Verein noch einmal eine besondere Kraft entwickeln.“

Wobei nach dieser Partie niemand weiß, woraus diese Kraft resultierten soll. Selbst der eigentlich stets optimistische Schalke-Trainer Christian Gross benötigte einige Sekunden, bis er eine Antwort auf die Frage fand, was denn jetzt noch für seine Mannschaft spräche. „Glaube“, stammelte Gross schließlich, weil auch er zuvor gesehen hatte, dass die fußballerische Qualität nicht genügt.

Dadurch geriet das Derby zu einem Duell zweier Vereine, die sich längst in unterschiedlichen Welten bewegen. Die Dortmunder basteln gerade daran, aus dieser Spielzeit möglicherweise noch eine gelungene zu machen. Die Schalker dagegen drohen zu zerfallen. Selten waren die Gegensätze größer.

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Die Borussia gewann 4:0 (2:0), ohne dabei eine herausragende Leistung aus sich herauskitzeln zu müssen. Jadon Sancho (41.), Erling Haaland (45., 79.) und Raphael Guerreiro (60.) ebneten den Weg für die drei Punkte, die der BVB dringend benötigte, weil die ersehnte Champions-League-Qualifikation weiterhin wackelt. Sechs Zähler beträgt der Rückstand auf Rang vier. Schalke verharrt stattdessen am Tabellenende. Angesichts der Neun-Punkte-Lücke zum Relegationsplatz 16 und der desolaten Form der Spieler scheint der Abstieg so unvermeidbar wie die Zechenschließung.

BVB und Schalke: Zwei Trainer, zwei Stimmungslagen

„Es ist natürlich ganz bitter, so hoch gegen die Dortmunder zu verlieren. Es war ein Spiel, das komplett gegen uns lief“, meinte Christian Gross.

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„Es hat Spaß gemacht. Wenn man hier als Borusse gewinnt, dann tut das natürlich besonders gut“, erklärte Edin Terzic.

Die gegensätzlichen Emotionen der Trainer verdeutlichten sich auch in den Bildern, die das vermutlich vorerst letzte Derby produzierte. Etwa beim zweiten Dortmunder Treffer, als Erling Haaland fast über Gegenspieler Bastian Oszipka hinwegschwebte, ehe er den Ball, quer in der Luft liegend, mit dem linken Fuß in die rechte Ecke drosch. „In der Bundesliga war das wohl mein schönstes Tor“, sagte der 20-Jährige. In ihm verfügt der BVB über einen Stürmer, dem die Zukunft des Weltfußballs gehören könnte. Auf Schalke kuriert hingegen der erst im Winter verpflichtete Hoffnungsträger Klaas-Jan Huntelaar (37) weiterhin eine Muskel-Verletzung aus.

Oder in dem Video, das sich nach der Partie rasend schnell in den Sozialen Medien verbreitete. Weil es Jadon Sancho im Moment des Schlusspfiffs zeigt, wie er vor Erleichterung brüllt, geballte Fäuste zeigt. Den BVB-Profis ließ sich schon häufig mangelndes Engagement vorwerfen, an diesem Samstagabend aber schien es ihnen ein Anliegen zu sein, das Derby für die Fans zu gewinnen. Auch deswegen hüpften sie anschließend vor dem leeren Auswärtsblock, während die Schalker bedröppelt in den Stadion-Katakomben verschwanden.

„ Jeder weiß, was das Spiel für die Fans bedeutet. Es ist für sie das wichtigste und emotionalste Spiel der Saison“, sagte BVB-Nationalspieler Emre Can.

Trügerisches Zwischenhoch beim BVB?

Den Schalkern bleibt nicht viel, woran sie sich aufrichten können. „Die Gesamtsituation macht natürlich etwas mit einem, und das ist eine extrem beschissene Situation“, räumte Torhüter Michael Langer ein, der bereits in der 32. Minute den verletzten Ralf Fährmann ersetzen musste. Vor dem Anpfiff hatten sich schon Nabil Bentaleb und Shkodran Mustafi aufgrund von Muskel-Problemen abgemeldet.

Immerhin gelang es den Königsblauen aber, in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit, als die Dortmunder bereits mit zwei Toren führten, Offensivgefahr zu erzeugen. Suat Serdar scheiterte nur an den Fingerspitzen von Marwin Hitz und am Innenpfosten (51.). Kurze Zeit später rettete Hitz noch gegen Matthew Hoppe. Bei einem Anschlusstreffer wäre noch einmal Spannung aufgekommen.

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Auch wegen dieser Momente wissen sie beim BVB nicht, ob sie dem Zwischenhoch trauen können. Bei den Erfolgen in Sevilla (3:2) und nun auf Schalke zeigten sich zwar deutliche Fortschritte. Etwa beim Pressing. Aber nach positiven Erlebnissen folgten in dieser Spielzeit häufig Rückschritte. Der Plan von Trainer Terzic werde nun deutlicher, erklärt Sportdirektor Michael Zorc dieser Redaktion. Doch „wir sind einfach unter Druck, wir wollen in die Champions League. Wir müssen uns weiter steigern“. Kapitän Marco Reus meinte: „Wir brauchen uns nicht anzulügen, dass wir in den letzten Wochen von den Ergebnissen her wenig geboten haben. Es fängt jetzt erst an.“

BVB und Schalke: Jetzt gegen Bielefeld und Stuttgart

Am kommenden Samstag empfängt der BVB den Drittletzten Arminia Bielefeld und könnte daher mit einem Erfolg den Schalkern helfen. Die Elf von Christian Gross tritt parallel beim VfB Stuttgart an.

„Wir müssen jetzt nur noch auf uns schauen. Wenn wir so weitermachen, können wir noch die Champions League erreichen“, kündigt Watzke an – und denkt noch einmal an die Schalker: „Es wäre für die Bundesliga wichtig, dass sie den Klassenerhalt noch schaffen.“ Gegensätzlicher könnten die Ansprüche kaum sein.