Gelsenkirchen. Am Dienstag wird Heiner Kördell zu Grabe getragen. Aus Schalkes Meistermannschaft von 1958 leben jetzt nur noch Manni Kreuz und Willi Koslowski.

Heiner Kördell war nie jemand, der sich über Gebühr in den Vordergrund gedrängt hat – er wirkte immer etwas unscheinbar. In den Jahren, in denen man ihn noch regelmäßig auf Schalke sah, trug er meistens ein dunkles, einfaches Sakko und hielt sich irgendwo am Rand auf – auffällig war bestenfalls der blaue Schal, den er sich gerne umwarf. Wenn man aber mit ihm ins Gespräch kam, dann konnte er so ausgiebig erzählen über die schönen, alten Zeiten auf Schalke.

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Fußball war sein Leben – unter diesem Motto steht auch die Trauerfeier, die an diesem Dienstag um 11 Uhr auf dem Friedhof Rosenhügel in Schalke-Nord stattfindet. Dann wird Heiner Kördell, einer der Spieler aus der letzten Schalker Meisterelf von 1958, zu Grabe getragen.

Neun Meisterspieler sind bereits verstorben

Schalkes Meisterelf von 1958 bestand aus folgenden Spielern: Manfred Orzessek († 12. April 2012), Helmut Sadlowski († 12. Dezember 2007), Günter Brocker († 29. Mai 2015), Otto Laszig († 10. Oktober 2014), Günter Karnhof († 20. Juni 2015), Karl Borutta († 29. April 2002), Heiner Kördell († 2. Oktober 2020), Manfred Kreuz, Günter Siebert († 16. Juni 2017), Willi Koslowski, Berni Klodt († 23. Mai 1996). Trainer war Eduard Frühwirth († 23. Februar 1973).

Schalke besiegte damals im Finale in Hannover den Hamburger SV vor 81.000 Zuschauern mit 3:0. Die Tore erzielten Berni Klodt (5./ 30.) und Manni Kreuz (81.).

In der Mannschaft des HSV stand auch der junge Uwe Seeler.

Heiner Kördell stand nie so im Mittelpunkt wie Berni Klodt, der Kapitän dieser legendären Mannschaft oder Günter Siebert, der Mittelstürmer, der Schalke später viele Jahre als Präsident vorstand. Heiner Kördell war schon auf dem Platz für die anderen da – ein „Laufwunder“, der als Mittelfeldspieler die Meter für die Mannschaft machte. „Heiner war ein total bodenständiger und respektvoller Mensch. Die Bescheidenheit hat ihn immer ausgezeichnet“, erinnert sich Bodo Menze (67), der langjährige Leiter der Schalker Knappenschmiede. Menze wurde da geboren, wo Kördell fast sein ganzes Leben verbracht hat: An der Kurt-Schumacher-Straße in Schalke-Nord. Beide waren Nachbarn – Kördell wohnte um die Ecke in der Hubertusstraße.

So bodenständig und bescheiden lebte Kördell in seinem Stadtteil

Dieser Stadtteil Schalke-Nord hat Heiner Kördell geprägt. Hier liegt die Glückauf-Kampfbahn, in der die Meister von 1958 zu Hause waren. Hier liegt der ehemalige Tabakladen von Ernst Kuzorra, hier liegt auch das Vereinslokal Bosch. Heiner Kördell hat seine Wohnung in diesem Stadtteil erst verlassen, als die Gesundheit vor einigen Jahren nachließ und er in ein Seniorenheim umziehen musste. Bis dahin war er hier, auf dieser Schalker Meile, täglich zu Fuß unterwegs.

Kann man sich heute einen Fußballer, noch dazu einen Meisterspieler, so bodenständig und heimatverbunden vorstellen? Kaum.

Die Ruhe neben Kuzorra und Szepan

Dabei wurde Heiner Kördell gar nicht auf Schalke geboren: Er stammte aus Wanne-Eickel, im Jahr 1956 holte ihn der große Ernst Kuzorra höchstpersönlich von der SpVgg. Röhlinghausen nach Schalke. Sechs Jahre bis 1962 spielte er für Schalke, einmal in dieser Zeit auch für Deutschland. Seine Karriere beendete er 1964 bei Schwarz-Weiß Essen, aber seiner Schalker Umgebung blieb er immer treu. Jahrzehntelang Schalke-Nord – „damit“, sagt Bodo Menze, „damit bist du Schalker – und zwar ewig.“

Ein ausgezeichneter Schalker

Jahrelang hat Heiner Kördell die Schalker Traditionself geleitet, bis vor zehn, zwölf Jahren war er auch Mitglied des Ehrenrates und auf allen internationalen Reisen dabei, bis zu seinem Tod am 2. Oktober im Alter von 88 Jahren gehörte er dem Schalker Ehrenpräsidium an – fürwahr ein ausgezeichneter Königsblauer. Pfarrer Jochen Dohm, der Vorsitzende des Schalker Ehrenrates, kümmerte sich bis zum Schluss vorbildlich um Heiner Kördell; er wird am Dienstag auch die Beisetzung leiten. Heiner Kördell kommt dort zur Ruhe, wo auch Ernst Kuzorra und Fritz Szepan liegen.

Trauer-Transparent am Eingang der Glückauf-Kampfbahn.
Trauer-Transparent am Eingang der Glückauf-Kampfbahn. © MH

Welchen Stellenwert Heiner Kördell auf Schalke und speziell in Schalke-Nord genoss, sieht man auch, wenn man in diesen Tagen die Kurt-Schumacher-Straße entlang fährt: Am Eingangsportal der alten Glückauf-Kampfahn, das auf Initiative der Stiftung Schalker Markt wieder aufgebaut wurde, hängt ein Trauer-Transparent für diesen Mann, der Schalke fehlen wird.

Es gibt nicht mehr viele, die noch darüber erzählen können, wie es war, als Schalke 04 am 18. Mai 1958 durch einen 3:0-Sieg gegen den Hamburger SV zum bislang letzten Mal Deutscher Meister wurde. Aus der Meister-Mannschaft von einst leben jetzt nur noch Manni Kreuz (84) und „der Schwatte“ Willi Koslowski (83), dem es gesundheitlich leider nicht mehr so gut geht wie noch vor einigen Jahren. Bodo Menze war 1958 zwar schon ein kleiner Schalker, aber als damals Fünfjähriger noch zu jung, um den großen Erfolg richtig vor Augen zu haben. Er sagt: „Kontakt habe ich noch zu Manni Kreuz und ein wenig zu Willi Koslowski – und ich hoffe, dass das noch lange so bleibt.“