Gelsenkirchen. Die Ära Tönnies ist auf Schalke endgültig vorbei: Unter Zwang wird die Vereinspolitik verändert. Weniger Risiko, kleinere Ziele. Ein Kommentar.
Die große Analyse des FC Schalke 04 am Tag nach dem Beben, das der Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies ausgelöst hatte, machte deutlich: Die durch die Corona-Krise verschärfte finanzielle Lage zwingt den Verein zur strengen Kursveränderung. Die jahrelang forcierte Ausrichtung auf das internationale Geschäft, damit also auf hohe Einnahmen und großen Sport, wird ab sofort geopfert.
Aus dem ambitionierten, zu wirtschaftlichen Risiken neigenden Traditionsverein Schalke 04 wird ein Sparklub. Das ist der endgültige Schlussstrich unter die Ära Tönnies. Denn es war der langjährige Aufsichtsrats-Chef, der die Linie vorgab, Schalke müsse auch etwas wagen, wenn es etwas erreichen wolle.
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Die „Wette in die Zukunft“ hat Schalke verloren
Kleinlaut musste Marketing-Vorstand Alexander Jobst zugeben, dass Schalke seine „Wette in die Zukunft“ verloren habe. Der Verein hat sich verzockt. Teure Spieler wurden stets in der Hoffnung verpflichtet, dass der Einzug ins internationale Geschäft mit ihnen schon klappen werde. Früher war Schalke ja tatsächlich regelmäßig in Europa unterwegs und konnte sich deshalb darin bestätigt fühlen, dass der riskante Tanz auf dem Hochseil zum Erfolg führte. Wenn man dabei aber dann doch mal abstürzt, sollte man vorher ein Fangnetz gespannt haben.
Jochen Schneider und Alexander Jobst, die nach dem Abschied von Finanzchef Peter Peters verbliebenen Vorstandsmitglieder, haben am Mittwoch die neue Linie vorgegeben: Der rigorose Sparkurs ist unumgänglich, dadurch müssen auch die gewohnten Ziele nach unten korrigiert werden. Die größte Gefahr: Aus Schalke kann unter diesen Bedingungen ganz schnell ein Abstiegskandidat werden.
Schalke: Vorstände kämpfen auch darum, das Vertrauen zurückzugewinnen
Man darf es den beiden Vorständen abnehmen, dass sie auch darum kämpfen wollen, verlorenes Vertrauen bei Mitgliedern und Fans zurückzugewinnen. Beide gestanden Fehler ein und versprachen mehrmals auch „vollständige Transparenz“. Zumindest dieser Ankündigung wurden sie am Mittwoch aber nicht gerecht: Konkreten Nachfragen wichen sie häufig mit der Bitte um Verständnis aus.
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Zum schweren Imageverlust und zum wirtschaftliche Scherbenhaufen kommt auf Schalke auch noch der sportliche Sinkflug. Dieses Thema wurde unbefriedigend abgehandelt. Soll der berechtigte Verweis auf die lange Verletztenliste tatsächlich allein als Erklärung dienen? Sind die Athletiktrainer, von denen man sich nun trennte, die Sündenböcke? David Wagner hatte sich offensichtlich nichts vorzuwerfen, von Selbstkritik keine Spur. Der Trainer wird vom ersten Spieltag der neuen Saison an beweisen müssen, dass er das Vertrauen wert ist, das Jochen Schneider in ihn setzt. Noch eine schwere Hypothek für Schalke.