Gelsenkirchen. . Beim 2:3 in Hamburg enttäuscht der Tabellen-Zweite in allen Belangen. Trainer Domenico Tedesco sieht sich bestätigt: „Bei uns geht nichts von allein.“
Wenn die Bundesliga-Spiele von Schalke 04 auf der Kippe stehen - und das tun sie eigentlich immer - wird Trainer Domenico Tedesco besonders aktiv an der Seitenlinie. Bei der 2:3 (1:1)-Pleite gegen den abstiegsbedrohten Hamburger SV machte Tedesco eine besondere Geste in der Endphase.
Der 32-Jährige formte beide Arme zu einem Kreuz. Was er ausdrücken wollte: Zwei gekreuzte Hämmer, Schlägel und Eisen, das Arbeitswerkzeug der Bergleute, sollte seinen Profis signalisieren: Malocht euch zurück, versucht noch einmal alles!
Vergeblich. Schalke verlor trotz des Kopfball-Führungstors von Naldo (9.), das wegen Handkontakts zumindest umstritten war, und dem zwischenzeitlichen 2:2-Ausgleich durch Guido Burgstaller (63.) verdient an der Elbe. Damit riss die Serie nach sechs gewonnenen Partien in Folge.
„Es gibt nie passenden Zeitpunkt“
„Ich glaube, das war noch mal ein Hinweis für die Mannschaft, jetzt in den letzten Spielen inklusive am Sonntag gegen Dortmund einfach immer ans Limit zu gehen“, sagt Manager Christian Heidel. Für ihn ist der Rückschlag ein Warnschuss vor dem Derby. Und für Trainer Domenico Tedesco? „Es gibt nie einen passenden Zeitpunkt für Niederlagen“, bilanziert er und versucht, trotzdem etwas Positives aus der Pleite zu ziehen: „Vielleicht kann es ja auch helfen. Wir haben jetzt noch fünf Spiele. Und wir haben heute gemerkt, dass es nicht von allein geht. Nichts geht von allein bei uns. Wir haben über 50 Punkte. Die haben wir uns hart erarbeitet.“ Tedesco weiß, dass Schalke von dieser Malocher-Mentalität lebt und es vielen Gegnern durch diese leidenschaftliche Spielweise schwer macht.
Leon Goretzka spürte Angst
Doch diesmal wurde Schalke mit eigenen Waffen geschlagen. Hamburg, seit 15 Spielen ohne Dreier, spielte mutig, aggressiv, energiegeladen. Und entdeckte plötzlich das Toreschießen: Filip Kostic (17.), Lewis Holtby (52.) und Aaron Hunt (84.) trafen für die Hanseaten. „Der HSV hat uns jetzt nicht überrascht. Domenico Tedesco hat es genau so erwartet. Nur: Unsere Spieler haben sich nicht ganz an den Plan gehalten, wie man dagegenhalten soll. Dass es die vielleicht letzte Chance vom HSV war und dass die hier aufdrehen, dass der Rasen da qualmt, war uns allen klar“, so Heidel.
Was Mittelfeld-Star Leon Goretzka bereits nach dem 2:0-Sieg über Freiburg moniert hatte, setzte sich in der Hansestadt fort. „Ich habe letzte Woche schon gesagt, dass man bei uns nicht das Selbstvertrauen eines Zweitplatzierten sieht. Nach den ersten fünf bis zehn Minuten hat man irgendwie das Gefühl gehabt, dass keiner mehr den Ball haben wollte, weil alle Angst hatten. Das ist für mich schwer nachzuvollziehen“, so Goretzka, „wir haben gerade in der ersten Halbzeit unheimlich viel vermissen lassen. Das ist eigentlich verwunderlich, weil wir es auch vor dem Spiel angesprochen haben, dass wir immer wieder auf Mannschaften treffen, die gegen den Abstieg kämpfen.“
Tedescos Warnungen blieben ungehört. „Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass der HSV gegen uns alles abspult. Und genau das haben wir immer wieder versucht, in die Köpfe zu kriegen. Wir haben an die Körpersprache appelliert. Und die hatten wir im ersten Durchgang nicht.“ Der Trainer kritisch: „Wir haben keine zweiten Bälle gewonnen, wir haben uns den Schneid abkaufen lassen - auf der Zehner-Position, auf der Sechser-Position.“
So musste der blasse Max Meyer schon zur Pause weichen, weil Tedesco das System änderte und nur mit einem Sechser (Benjamin Stambouli) weitermachte. Am Sonntag führte der ehrgeizige Deutsch-Italiener seiner Mannschaft die Horror-Sequenzen aus dem HSV-Spiel noch einmal vor. Tedesco sprach die Punkte an, „die uns wehgetan haben.“ Um es am Sonntag dann wieder besser zu machen. Im Derby gegen Dortmund.