Gelsenkirchen. Um Millionen vom Hauptsponsor Gazprom zu kassieren, muss der FC Schalke 04 in dieser Saison erfolgreich spielen. Clemens Tönnies, der Aufsichtsrat-Chef der Schalker, sagt: "Ich schlafe ruhig."

Der Mann steht unter Zeitdruck. Allerdings nicht, wie er gleich beteuert, wegen der finanziellen Lage seines Klubs. Clemens Tönnies, Aufsichtsrat-Chef des FC Schalke 04, wartet vielmehr gerade auf einen wichtigen Geschäftspartner aus Spanien. Es gibt eben für den mächtigsten Mann auf Schalke auch noch ein Leben neben dem Fußball.

Die Rechnung ging nicht auf

„Wir kamen, als die Hütte brannte”, erinnert sich der Gazprom-Generalbevollmächtigte Dr. Claus Bergschneider an den Vertragsabschluss mit Schalke 04 Ende 2006. Ein halbes Jahr später schien die Zukunft auf Königsblau rosarot auszusehen: Als Tabellenzweiter legte Schalke mit der Qualifikation für die Champions-League, in der man 2007/2008 bis ins Viertelfinale vorstieß, den Grundstein für eine Mehreinnahme von über 30 Millionen Euro.

Wie es sich heute darstellt, kalkulierte der Klub auch für die Zukunft mit Europacup-Einnahmen. Doch schon in der nächsten Saison ging die Rechnung nicht mehr auf: Als Bundesliga-Dritter scheiterte Schalke in der Qualifikation für die Königsklasse an Atletico Madrid, im Uefa-Cup kam das Aus in der Gruppenphase. In der laufenden Spielzeit muss Schalke ganz ohne Europacup-Einnahmen auskommen. Die durch eine katastrophale Personalpolitik entstandenen Kosten konnten jedoch bis heute nicht reduziert werden.

Dass beim Traditionsklub ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da die Saison unter dem neuen Coach Felix Magath sportlich vielversprechend angelaufen ist, durch Spekulationen über einen drohenden finanziellen Kollaps Unruhe entstanden ist, nervt den Fleisch-Unternehmer aus Rheda-Wiedenbrück: „Ich kann gar nicht verstehen, warum sich so viele Leute über Schalke den Kopf zerbrechen.” Im gleichen Atemzug beteuert er jedoch, dass ihn die Schlagzeilen keineswegs um den Schlaf bringen: „Ich schlafe ruhig.”

"Es gibt keine Not"

Meldungen über bevorstehende Winter-Notverkäufe, ohne die der Klub, dessen Verbindlichkeiten in einem Jahr um 30 Prozent auf 137 Millionen Euro stiegen, kaum über die Runden käme, lassen ihn vorgeblich kalt. „Es wird keine Notverkäufe geben, weil es bei uns keine Not gibt”, versichert er dieser Zeitung.

Tönnies bemüht dafür das Beispiel Rafinha, der sich noch bis Mittwoch in seiner Heimat befindet. „Es ist doch positiv zu sehen, dass wir den Rafinha nicht verkaufen, wenn uns der Preis nicht gefällt.” Was nicht ausschließt, dass der Brasilianer, den Felix Magath nach dem Sieg in Köln wohl nicht umsonst als besten Rechtsverteidiger der Liga anpries, in der Winterpause nicht doch noch transferiert wird – wenn der Preis stimmt.

Denn dass Schalke um eine erhebliche Reduzierung der Personalkosten (55 Millionen Euro) nicht herumkommt, ist kein Geheimnis. „Wir sind guten Mutes”, so Tönnies, „dass wir im Winter noch den einen oder anderen Spieler verkaufen können.” Der 53-Jährige bestreitet jedoch, dass Schalke andernfalls Liquiditätsprobleme bekäme: „Wir würden trotzdem die Saison ordentlich zu Ende spielen.”

Genährt wurden die Spekulationen über die angespannte Finanzlage auf Schalke nicht zuletzt durch die bekannt gewordenen Vorgriffe des Vereins auf künftige Sponsoren-Zahlungen von Gazprom und Adidas. Hauptsponsor Gazprom, der Schalke für fünfeinhalb Jahre bis zu 125 Millionen Euro in Aussicht gestellt hatte, wiegelt jedoch ab und verweist darauf, dass Schalke aus dem bis 2012 laufenden Vertrag lediglich einen „minimalen Sockelbetrag” kapitalisiert habe. Dr. Claus Bergschneider, Generalbevollmächtiger von Gazprom Germania, betonte gegenüber dieser Zeitung, dass Schalke in der laufenden Saison sehr wohl noch „ein paar Millionen Euro” vom russischen Energie-Giganten kassieren könne, „wenn die Mannschaft erfolgreich spielt”. Das Vertragswerk sieht gestaffelte Prämien für Platzierungen in der Bundesliga wie im Pokal vor. Bergschneider: „Niemand würde sich mehr freuen als wir, wenn Schalke am Saisonende die Knete abruft.”

Über eine möglicherweisevorzeitige Vertragsverlängerung mit Schalke mochte der deutsche Gazprom-Statthalter nicht reden; er sagte lediglich, der Sponsor würde „wie eine Eins hinter der Mannschaft stehen”. Und dies habe man auch Felix Magath nachdrücklich versichert.

Beruhigt schien der Schalker Sportchef dadurch jedenfalls nicht zu sein. Ließ er doch gerade erst durchblicken, dass die Lage auf Schalke alles andere als „lustig” sei. Seine Schlussfolgerung: Ohne eine Besserung der finanziellen Ausstattung sei an die Meisterschaft nicht zu denken.

Laut „Spiegel-Online” soll Schalkes neuer Finanzchef Peter Peters vom Aufsichtsrat angewiesen worden sein, bis zum Jahresende 20 Millionen Euro und bis Mitte 2010 weitere zehn Millionen Euro zu beschaffen. Dazu Peters auf Anfrage dieser Zeitung: „Ich bin nicht bereit, jeden Tag andere falsche Zahlen zu kommentieren. Vielmehr arbeite ich an konkreten Lösungen.”