Gelsenkirchen. . Frank Fahrenhorst, Trainer der U17-Mannschaft des FC Schalke, spricht über Sanés Karriersprung, die Ausbildung bei Königsblau und die Selecao.

Für Frank Fahrenhorst ist das Jahr 2015 bislang ein gutes Jahr. Im März bestand der 38-Jährige an der Hennes-Weisweiler-Akademie die Prüfung zum Fußballlehrer, im Sommer übernahm er die U17 des FC Schalke 04, mit der er aktuell auf dem zweiten Tabellenplatz der Bundesliga West steht. Im Interview spricht der ehemalige Nationalspieler über Leroy Sané, sein Duell mit Ronaldo und über den schmalen Grat zwischen Schule und Leistungssport.

Wissen Sie noch, was Sie am 12. Mai 2013 gemacht haben?

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Frank Fahrenhorst: Spontan nicht.

Als Trainer der Schalker B-Jugend sind Sie mit Spielern wie Leroy Sané, Felix Platte und Thilo Kehrer Westdeutscher Meister geworden.

Fahrenhorst: Stimmt, mit dem Sieg gegen Aachen waren wir Westdeutscher Meister und für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft qualifiziert. Im Halbfinale sind wir leider gegen Hertha BSC Berlin ausgeschieden. Wir haben zu viele Geschenke verteilt. Wir hatten es damals nicht verdient, ins Endspiel einzuziehen.

Zweieinhalb Jahre sind vergangen, und Leroy Sané könnte morgen sein Debüt in der deutschen A-Nationalmannschaft geben. War Sanés steile Karriere absehbar?

Fahrenhorst: Leroy besaß schon damals eine unheimliche Schnelligkeit, dazu seine sehr gute Technik. Es war damals durchaus vorstellbar, dass er Profi werden kann. Aber in der Art und Weise, wie das geschehen ist, ist es außergewöhnlich. Ich freue mich sehr für ihn. Wenn er weiterhin hart arbeitet, kann er noch viel weiter kommen.

Warum hat Leroy Sané es geschafft, und andere Jugendspieler nicht?

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Fahrenhorst: Zum einen hat er natürlich das Talent gehabt, zum anderen hat er aber auch eine sehr gute Einstellung zu seinem Sport. Es gab einige Spieler, die ebenfalls großes Talent besaßen, aber nicht alles investiert haben: ins tägliche Training, in die Pflege ihres Körpers. Oder zusätzliche Schichten eingelegt haben, um ihren Traum zu realisieren. Leroy war da allein von seinem Umfeld sehr professionell aufgestellt. Sein Vater war auch Profi und hat ihn in die richtigen Bahnen geleitet.

Sie haben selbst zweimal für die deutsche Nationalmannschaft gespielt. Im September 2004 gegen Brasilien, mit Roberto Carlos, Ronaldo und Ronaldinho. Die schönsten 90 Minuten Ihrer Karriere?

Fahrenhorst: Es gab viele schöne Momente, aber natürlich ist es etwas Besonderes, für sein Land zu spielen. Es waren atemberaubende Momente im Berliner Olympiastadion gegen die Brasilianer. Kurz zuvor habe ich gegen Österreich mein Debüt gefeiert. Auch das war toll. Danach war ich noch einige Mal im Kader, habe mich dann aber schwer verletzt, sodass sich andere auf meiner Position in den Fokus gespielt haben.

Sie haben weit über 200 Bundesligaspiele absolviert, mit Werder Bremen in der Champions League gespielt, waren Nationalspieler, sind seit März Fußballlehrer. Sind Sie zufrieden, Trainer einer Jugendmannschaft zu sein? Oder sehen Sie sich in naher Zukunft doch im Seniorenbereich?

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Fahrenhorst: Das ist schwer zu sagen. Für mich war es wichtig, einen guten Einstand und die bestmögliche Ausbildung zu bekommen. Ich bin dem Verein Schalke 04 sehr dankbar, dass er mir einen nahtlosen Übergang in den Trainerbereich ermöglicht hat. Noch während meiner aktiven Zeit hier war ich Co-Trainer der U23. Als der damalige U17-Chef-Trainer Jens Keller dann im Dezember 2012 zum Profitrainer befördert wurde, habe ich die U17 übernommen. Zuletzt war ich zwei Spielzeiten für die U16 verantwortlich und bin jetzt in einer Position, in der ich gut gerüstet bin. Aber ich stehe noch am Anfang meiner Karriere. Ich will alles aufzusaugen. Wo ich dann in ein paar Jahren bin, weiß ich nicht. Aber ich bin sehr glücklich, in einem der besten deutschen Leistungszentren arbeiten zu dürfen und diese gute Mannschaft zu trainieren.

Was ist der gravierendste Unterschied zwischen dem Traineramt im Jugend- und im Seniorenbereich?

Fahrenhorst: Im Jugendbereich hat ein Trainer mehr Zeit für die Ausbildung. Im Seniorenbereich ist das Tagesgeschäft wichtiger, es zählt am Ende nur das Ergebnis. Natürlich ist eine gewisse Entwicklung auch wünschenswert, aber der kurzfristige Erfolg ist eben noch wichtiger. Bei uns Jugendtrainern ist Erfolg auch wichtig, aber er steht nicht an erster Stelle.

Haben Sie Vorbilder?

Fahrenhorst: Nicht, dass ich sagen würde: Klopp oder Mourinho, das sind meine Vorbilder. Aber man hört schon vielen Trainern zu, redet auch mit anderen Trainern. Ich finde es wichtig, dass man sich selbst treu bleibt und seine eigene Linie findet. Wenn man von seiner Arbeit überzeugt ist, kann man wesentlich mehr rüberbringen, als wenn man einen Trainer kopieren möchte.

Ist es wichtig, dass ein Jugendtrainer als Spieler erfolgreich war?

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Fahrenhorst: Überhaupt nicht. Am wichtigsten ist, wie man mit den Jungs kommuniziert, wie man Inhalte vermittelt. Man ist doch nicht automatisch ein guter Trainer, nur weil man Nationalspieler war. Ein gutes Beispiel ist Julian Nagelsmann. Der war nie Profi und wird zur neuen Saison Cheftrainer der TSG Hoffenheim. Was man so hört, soll er gut bei den Jungs ankommen.

Wo liegen die Schwerpunkte der Ausbildung in der U17?

Fahrenhorst: Wir wollen die Spieler in der individuell in den Basics stärken und ausbilden. Darüber hinaus sollen sie sich im mannschaftstaktischen Bereich Dinge aneignen, die dann in der U19 oder zu Beginn des Seniorenbereichs weiter ausgearbeitet werden. Die U16/U17 ist eine schwierige Altersklasse: Pubertät, erste Freundin, schulische Probleme. Da kommt vieles zusammen, die Jungs haben ein Riesenpensum zu bewältigen. Als Trainer sollte man sensibel mit dem einen oder anderen umgehen können, Situationen müssen in dieser Altersklasse auch mal anders bewertet werden.

Ihre Spieler stehen zig Stunden pro Woche auf dem Platz, dazu die Spiele an den Wochenenden. Es werden Reisen zu Turnieren unternommen, Trainingslager stehen an. Kann da überhaupt noch ausreichend Zeit für die Schule bleiben?

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Fahrenhorst: Wir trainieren vier Mal pro Woche, viele meiner Spieler sind noch im Schulprojekt, trainieren also zweimal pro Woche auch morgens. Spielen wir sonntags, treffen wir uns am Samstag zu einem 45-minütigen Aufgalopp. Das ist natürlich ein enormes Pensum, aber es ist machbar, wenn die Spieler gut strukturiert sind und einen klaren Plan im Kopf haben. Wenn eine schwere Klausur ansteht, dann bleibt ein Spieler auch mal zu Hause. Die Spieler haben sich aber freiwillig für zwei Bildungswege entschieden – den fußballerischen und den schulischen Weg. Und das lebe ich als Trainer vor. Klar ist aber auch: nicht jeder meiner Spieler wird Profi.

Sie würden einem Spieler, und sei er noch so talentiert, also nicht dazu raten, die Schule abzubrechen? Dazu hat Felix Magath damals Julian Draxler geraten.

Fahrenhorst: Was Felix Magath gesagt hat, weiß ich nicht. Jeder Spieler sollte seine eigene Einschätzung haben. Ich habe selbst zwei Kinder, die ihre Hobbys intensiv betreiben. Aber die Hobbys kommen erst nach der Schule. Dazu stehe ich nicht nur als Trainer, sondern auch als Vater.