Gelsenkirchen. Mit einer ungewohnten Taktik überraschte Trainer Roberto Di Matteo die Schalke-Fans - und auch den VfL Wolfsburg. Die Königsblauen griffen im 3-5-2-System an und verteidigten mit einer Fünferkette. Beim 3:2-Erfolg begeisterte S04 in den ersten 25 Minuten. Doch wussten die Wölfe wirklich nichts?

Bestens vorbereitet meldete sich Trainer Roberto Di Matteo vor sechs Wochen zum Dienst beim FC Schalke 04. Nur eins war für den Italiener überraschend. "Neu war für mich", sagte Di Matteo am Donnerstag, "dass man offene Trainingseinheiten hat und viele Leute kommen." Di Matteo mag's gern exklusiv - und das zeigte sich beim 3:2 (3:1)-Erfolg über den VfL Wolfsburg. Nur zwei Trainingseinheiten hinter verschlossenen Türen am Donnerstag und Freitag genügten Schalke, um die riskante Taktik zu üben, mit der Di Matteo den Wolfsburger Trainer Dieter Hecking in der Anfangsphase matt setzte.

Uchida, Neustädter, Santana, Höwedes und Fuchs bilden Schalker Fünferkette

Denn nach etlichen Jahren, in denen Schalke fast ausschließlich im leicht durchschaubaren 4-2-3-1-System agierte, setzte Di Matteo auf eine im internationalen Fußball nicht unbeliebte, aber für königsblaue Verhältnisse revolutionäre Marschroute. Schalke griff selbst im 3-5-2-System an, die Außenverteidiger Christian Fuchs (links) und Atsuto Uchida (rechts) rückten weit in die gegnerische Hälfte auf. Vorn warteten gleich zwei Stürmer auf die Pässe ihrer Mitspieler: Klaas-Jan Huntelaar und Eric Maxim Choupo-Moting.

Eine Doppelspitze hatte sich der "Hunter" zuletzt gewünscht. "Der Plan war, dass wir in Ballbesitz schnell die Seiten wechseln, weil viel Platz war. Das haben wir sehr gut hinbekommen, gerade in der ersten Halbzeit. Das war unsere beste Halbzeit in dieser Saison", schwärmte Marco Höger. Kapitän Benedikt Höwedes ergänzte: "Wir hatten hinten ein Bollwerk, dagegen ist Wolfsburg nicht viel eingefallen. Zudem hatten wir immer einen Mann mehr im Mittelfeld und wollten schnell umschalten. Das ist geglückt." Choupo-Moting traf in der 10. und 22. Minute, Fuchs ließ in der 25. Minute sogar das 3:0 folgen. "Wir haben die Freiräume gefunden, die der Trainer angesprochen hat", erklärte Choupo-Moting.

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Doch nicht in der Offensive spielten die Schalker diesmal etwas anders. Wenn die Wolfsburger den Ball hatten, setzte Schalke auf einer Fünferkette mit (von rechts) Atsuto Uchida, Roman Neustädter, Felipe Santana, Benedikt Höwedes und Christian Fuchs. "Wir haben limitierte Optionen in der Mannschaft, weil uns viele Spieler fehlen. Es ist immer wichtig, dass man versucht, mit den Spielern, die verfügbar sind, das Beste herauszuholen. Diese Aufstellung hat zu unseren Spielern gepasst", lautete Di Matteos sehr nüchterne Begründung für den Taktikwechsel. Am Ende wurde es noch einmal eng. "In der zweiten Halbzeit", sagte der Coach, "standen wir etwas zu tief. Dann sind die Wege nach vorn natürlich lang. Ich hätte mir gern ein, zwei Konter mehr gewünscht."

Wusste der VfL Wolfsburg über Schalkes Taktik Bescheid?

Mit viel Leidenschaft retteten die Schalker den 3:2-Sieg ins Ziel. Höwedes freute sich über den gelungenen Taktik-Coup: "Wir haben Wolfsburg überrascht." Das wollten VfL-Trainer Dieter Hecking und Sportvorstand Klaus Allofs so nicht stehen lassen. "Überrascht waren wir nicht, weil wir schon die eine oder andere Information hatten. Wir müssen die Lehre ziehen, dass wir sofort flexibel reagieren müssen. Mainz war ein ähnliches Spiel. Da haben wir es gut gemacht, heute haben wir zu lang gebraucht", erklärte Hecking. Allofs fügte hinzu: "Wir waren nicht überrascht, denn das war eine der möglichen taktischen Varianten der Schalker."

Ob die Wolfsburger nun selbst beim Geheimtraining spioniert hatten oder nicht, war Di Matteo nach dem Spiel egal. Mit den Trainingsbedingungen hat sich der Italiener ohnehin schon abgefunden. "In Gelsenkirchen ist es schwierig, geschlossene Einheiten zu machen", sagte der Trainer in der Pressekonferenz und lachte danach.