Essen. Gegen Viktoria Köln, den souveränen Spitzenreiter der Fußball-Regionalliga West, geht Rot-Weiss Essen ausnahmsweise mal nicht als Favorit aufs Feld. RWE-Trainer Marc Fascher hofft, “dass die Mannschaft den Vorreiter macht, damit der berühmte Funken überspringen kann“.
Keine Atempause – für die Spieler von Rot-Weiss Essen vielleicht die beste Medizin, um die letzten Eindrücke vom Derby schnell hinter sich zu lassen. Und wer noch Trost braucht: Wenn die Nacht am Schwärzesten ist, graut kurz danach der nächste Morgen.
Gar nicht mit Grauen denkt RWE-Boss Michael Welling an das heutige Spiel gegen Spitzenreiter Viktoria Köln (19.30 Uhr, Hafenstraße), er hat eine interessante Theorie und taugt durchaus als Motivationstrainer: „Gegen Viktoria ist es das einfachste Spiel der Saison, die sind noch immer ungeschlagen und der große Favorit in jeder Partie, ich bin guter Dinge.“
So ein Spiel gegen den Branchenprimus bietet ja auch immer eine einmalige Gelegenheit: Mit nur einem Sieg das ganze Elend hinter sich zu lassen. Getreu dem Motto: Wir haben keine Chance, aber wir wollen sie nutzen. Dass dies an der Hafenstraße gelang, ist noch gar nicht so lange her: In der vorigen Saison kamen die Sportfreunde Lotte unter ähnlich komfortablen Bedingungen nach Essen, auch der hohe Aufstiegsfavorit hatte ewig nicht mehr verloren.
Und was passierte? Rot-Weiss kam in einer Art Überrumpelungstaktik aus der Kabine, ging mit dem ersten Angriff durch Marcel Platzek mit 1:0 in Führung und hatte die Lotter am Ende regelrecht aufgefressen -- mehr, als es der 2:1-Sieg aussagt. Okay, Trainer wie Mannschaft damals waren eine andere – was vermutlich annähernd zu heute gleich war, ist das zahlende Publikum. Und das stand wie ein Mann hinter dem Team.
Mal wieder Hafenstraßen-Feeling erleben
Und wenn RWE-Trainer Marc Fascher einen Wunsch für die heutige brisante Partie frei hätte, dann wäre es dieser: „Ich wünsche mir, dass die Mannschaft den Vorreiter macht, damit der berühmte Funken überspringen kann – das wäre der Traum für einen Trainer.“
Was sollte ernsthaft dagegen sprechen, dass alle dieses „Hafenstraßen-Feeling“ mal wieder hinbekommen und mit nach Hause nehmen? Natürlich, so Fascher, sei Viktoria Köln das Nonplusultra der Liga, gegen die man nichts zu verlieren habe. Und wenn die Mannschaft des Über-Motivators Pele Wollitz, der auch als angefeindeter Gästetrainer an der Hafenstraße immer glänzende Augen kriegt, diese hohe Schlagzahl beibehält, dann sei sie eben das Bayern München der Regionalliga – was es auch zu akzeptieren gelte. Punkt.
Aber zuletzt machten die Kölner Überflieger der Konkurrenz ein wenig Hoffnung. Unter der Woche stand der Tabellenführer beim KFC Uerdingen dicht vor der ersten Saison-Niederlage, ehe er sich durch einen Schuss in wahrlich letzter Sekunde noch zum 1:1 rettete. Und am Sonntag gegen das Schlusslicht FC Hennef war Wollitz so richtig angefressen. Zwar hatte er vier Mann auf die Bank rotieren lassen, aber dass seine Himmelsstürmer mit 0:1 in Rückstand gerieten, hatte er so nicht erwartet. Das Ende war mit 3:1 dann wieder standesgemäß, aber Wollitz hat dieses Spiel als Schuss vor den Bug genommen. „Da sitzt etwas in den Köpfen, das wieder raus muss“, grantelte er anschließend.
Mit Wunderlich und Top-Torjäger Fatih Candan
Aber vermutlich brauchen die Kölner um den Ex-Essener Mike Wunderlich und ihren Top-Torjäger Fatih Candan (10 Saisontreffer), der früher auf Sichtweite von RWE beim Bezirksligisten Essen-West einnetzte, keinen Weckruf, wenn es gegen die Rot-Weissen geht. Im Vorjahr lieferten sich die beiden Rivalen ein erbittertes Duell Spitz auf Knopf: 2:1 gewannen damals die Gäste. Beim Stande von 1:1 vergab Markus Heppke (81.) bei einem Foul-Elfmeter die große Chance zur Fühung, ehe Mike Wunderlich ebenfalls per Strafstoß (89.) die Partie drehte. Da wäre noch eine Rechnung offen.