Essen. Im RWE-Interview, Teil eins, spricht Vertriebsvorstand Alexander Rang über seine Aufgaben, den Uhlig-Nachfolger und über Gerüchte im Umfeld.
Gut sieben Monate ist Alexander Rang nun Vertriebsvorstand beim Drittligisten Rot-Weiss Essen. Während die sportliche Leistung in dieser Zeit an der Tabelle leicht abzulesen ist, verläuft die Arbeit des 45-jährigen Bochumers größtenteils unter dem Radar der Öffentlichkeit. Über das bisher Erreichte und über notwendige Veränderungen sprach er im Interview mit den beiden Redakteuren Ralf Wilhelm und Martin Herms.
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Hallo, Herr Rang, lesen Sie eigentlich alles mit, was in den sozialen Medien so geschrieben wird?
Alexander Rang: Ich habe es mir abgewöhnt, ich finde privat eh nicht groß in den sozialen Netzwerken statt und lese da eigentlich nicht mit.
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Da kam immer wieder die Frage auf: Alexander Rang, was macht der eigentlich hier bei Rot-Weiss? Was können Sie denjenigen entgegnen?
Ich bin jetzt sieben Monate dabei und trinke hier sicherlich nicht nur Kaffee. Es war uns allen klar, dass wir nicht auf einen Schlag den großen Glücksgriff landen werden. Es war zumindest sehr unwahrscheinlich – weil gewisse Dinge einfach Zeit benötigen. Wir haben ein paar erste Schritte gemacht. Wenn man sich mal im Stadion umschaut, dann sieht man das auch. Grundsätzlich ist es immer schwierig, unterjährig Geschäfte zu machen. Das heißt: Die erste Hauptvermarktungsphase steht jetzt bevor - und das ist sicherlich ein Gradmesser, ganz klar. Da wird man sehen, was hat die bisherige Arbeit gebracht - und was wird passieren? Jetzt ist die Aquisition natürlich ein wesentlicher Teil meiner Arbeit, aber nicht der einzige. Sondern es geht auch darum, die Systematik im Vertrieb und im Marketing zu stärken, die Vermarktungs-Strategie für die nächsten Jahre festzulegen. Das muss man schon vielschichtig betrachten - ich bin ja nicht als reiner Vertriebler angetreten.
Rot-Weiss Essen: Rang ist bewusst neutral an die Aufgabe herangegangen
Nach sieben Monaten im Amt: Sie haben bisher immer von außen auf den Verein geschaut, nun haben Sie ihn von innen kennen gelernt - haben sich die Erwartungen bestätigt?
Ein Unternehmen ist immer noch was anderes, wenn man dort arbeitet, als wenn man es nur von außen wahrnimmt. Und ein Fußballverein, der ja in der Öffentlichkeit steht und bei dem es sehr emotionale Themen gibt, das ist nochmal eine ganz andere Wahrnehmung, die man als Außenstehender hat. Ich bin bewusst neutral herangegangen, was mich an Strukturen erwartet, was gut und was schlecht ist. Natürlich gibt es Dinge, die ich richtig gut finde. Aber auch Dinge, die ich gerne optimieren und verbessern möchte.
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Was, zum Beispiel?
Wir haben ganz klar Bedarf beim Thema Digitalisierung. Systeme sind bei uns ein Riesenthema, Schnittstellen. Sicherlich haben wir auch die Chance, die Zusammenarbeit, also interdisziplinär, an der einen oder anderen Stelle zu schärfen. Das sind Themen, die uns auf die Füße gefallen sind im letzten Jahr. Das Thema Buchhaltung ist ja oft genannt worden. Daran arbeiten wir natürlich intensiv, aber das sind auch Dinge, die man nicht von heute auf morgen löst. Aber ich glaube, wir sind auf der Zielgeraden. Man muss es ein Stück weit auch akzeptieren, dass diese Dinge halt Zeit brauchen.
Jetzt wurde in den ersten Monaten, seitdem Sie da sind, auch bekannt, dass es einen Führungswechsel an der Spitze geben wird. Marcus Uhlig geht, Marc Nicolai Pfeifer kommt - wie haben Sie es wahrgenommen und wie ist der Eindruck vom Neuen? Man hat sich ja sicherlich schon ausgetauscht?
Wir haben uns natürlich schon kennengelernt. Das ist ja ein perfektes Beispiel dafür, dass das, was man bei einem Verein, der in der Öffentlichkeit steht, ganz anders wahrnimmt, als ein Interner. Das war jetzt keine ad-hoc-Entscheidung, wie es vielleicht rübergekommen ist, wenn man von außen auf den Verein schaut. Das ist natürlich schon ein Prozess gewesen, ein von langer Hand vorbereiteter Prozess von allen Parteien. Insofern war es nicht die große Überraschung, die auf mich zugekommen ist. Marcus Uhlig hat sich sehr bewusst, gemeinsam mit dem Aufsichtsrat dazu entschlossen, diesen Weg zu gehen - und das muss man natürlich respektieren. Und dann hat der Aufsichtsrat natürlich dafür zu sorgen, dass die Geschäfte des Vereins professionell weitergeführt werden und hat sich für jemanden entschieden, der auf eine große Expertise zurück blickt in der Führung eines Fußballvereins. Und zum zweiten Teil der Frage: Ich habe ihn als sehr versierten, klugen Menschen kennengelernt, der eine klare Vorstellung davon hat, was er bewegen und was er machen möchte. Und ich kann zumindest sagen, dass wir an vielen Stellen ähnlich denken, ähnlich ticken - insofern sehe ich das positiv.
Die Ressorts bei RWE werden neu aufgeteilt
Wird sich dadurch die Position von Alexander Rang verändern, werden Sie andere Aufgabengebiete bekommen, müssen Sie was abgeben?
Natürlich haben wir die Ressorts neu aufgeteilt unter uns, weil wir ja schlicht und ergreifend von drei Vorstandsposten auf zwei zurückgehen. Dadurch sind natürlich Ressorts ein Stück weit frei geworden. Auch Dinge, die historisch gewachsen waren, wurden einmal beleuchtet: Macht es heutzutage noch Sinn, das so zu spielen? Unter der Prämisse haben wir die Ressorts aufgeteilt und sind uns auch ganz einig, wie wir das machen möchten. Wir haben das einvernehmlich mit dem Aufsichtsrat abgestimmt, wir werden es aber auch erst dann veröffentlichen, wenn Marc-Nicolai Pfeifer da ist.
Was dabei verwundert: Bei Marcus Uhlig - das war ja großes Thema bei der Jahreshauptversammlung im Sommer - hatte sich gezeigt, dass zu viele Positionen und Aufgabengebiete auf einem gelastet haben. Jetzt geht man wieder diesen Schritt zurück und verteilt auf wenige Personen viele Ressorts. Ist das so klug?
Wir sind der Überzeugung, dass die Situation bei Marcus Uhlig eine andere war. In der Situation war es wahrscheinlich richtig und auch ein Stück weit gewachsen in den Aufgaben, die Marcus Uhlig auch hatte. Vor allem, wir dürfen ja eins nicht vergessen: Kommend aus der Vierten Liga, wo man auch ganz andere Voraussetzungen hatte. Dann gab es mit Sascha Peljhan auch einen ehrenamtlichen Vorstand, der aber aufgrund seiner Gesamtaktivitäten natürlich nicht auch permanent und hundert Prozent dem Verein zur Verfügung stehen kann, das können wir auch gar nicht erwarten. Insofern sehen wir auch schon eine weitere Professionalisierung in allem, in dem man jetzt diese historisch gewachsene Struktur aufbricht und es jetzt auch thematisch stärker anfasst. Und auf der anderen Seite nun zwei hauptamtliche Vorstände hat. Wir gehen davon aus, dass wir es hinbekommen und sicherlich auch in Summe mit einer Stärkung unterhalb des Vorstandes. Wir haben im Sport mit Marcus Steegmann und Christian Flüthmann zum Beispiel zwei starke Persönlichkeiten, das gilt aber auch für andere Abteilungen. Somit haben wir weitere Positionen, die Verantwortung mit übernehmen können. Ich sehe das nicht als Rückschritt, sondern als weitere Entwicklung.
Für eine Sportagentur bei RWE wäre es der falsche Zeitpunkt
Thema Vertrieb: Marc Nicolai Pfeifer hat ja bei 1860 München mit der Sportmarketing-Agentur Infront zusammen gearbeitet. Ist das eine Idee, die man hier auch anwenden könnte?
Natürlich beschäftigt man sich im Sportbusiness immer mit dem Thema, gar keine Frage. Es wurde ja so ein bisschen kolportiert, Rang habe jetzt den Auftrag, mit Agenturen zu sprechen, das stimmt absolut nicht. Ich habe schon zu Beginn meiner Tätigkeit angefangen, punktuell mit Sport-Agenturen zu sprechen, weil wir auf einer freien Basis immer zusammen arbeiten und natürlich auch den Markt bundesweit scannen wollen, wo gibt es vielleicht Geschäfte zu generieren, die wir als Rot-Weiss Essen nicht so einfach realisieren, weil wir keinen Zugriff darauf haben. Ganz klar: Meine Aufgabe ist ja auch eine Vertriebsstrategie, und diese sieht nicht vor, dass wir mittelfristig mit einer Sportagentur zusammenarbeiten, weil es einfach auch der falsche Moment wäre. Wir sind in einer Situation - und das wird von den Fans ja auch an vielen Stellen immer wieder angemerkt - in der wir noch ein sehr großes Potenzial in der Stadt Essen, im Ruhrgebiet und in der Umgebung haben. Und jetzt dies abzugeben an eine Sportagentur, wäre ja genau der falsche Zeitpunkt. Man gibt ab, wenn man schon viel abgefrühstückt hat und aus eigener Kraft nicht mehr weiterkommt. Diese Situation haben wir überhaupt nicht. Es wäre auch fachlich der falsche Schritt zum falschen Zeitpunkt, und deswegen kann ich es ausschließen.
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Auf einer Skala von 1 bis 100 Prozent - wieviel Potenzial ist erreicht, wie viel Luft ist noch nach oben?
Das ist wirklich schwierig, ich sehe schon ein enorm großes Potenzial, aber das auf einer Skala zu beziffern, wäre unseriös. Wir haben große Potenziale in der Stadt Essen, die werden wir nicht alle auf einmal und nicht alle sofort heben können, das ist illusorisch. Bei einer Anbahnungsphase kann man eigentlich immer von zwölf Monaten ausgehen, mindestens. Und umso größer der Konzern, umso größer wird die Anbahnungsphase. Bei großen Unternehmen ist es nicht mehr so, dass wir hingehen und sagen: „Lasst uns mal Sponsoring machen.“ Und dann entscheiden die das für sich, dann gibt es ein Angebot, dann ist das durch. In Wirklichkeit muss man einen Code of conduct unterschreiben, dann muss man nachweisen, dass man in ganz vielen Themen die Richtlinien der Unternehmen erfüllt, dann muss man gelistet werden, dass man überhaupt als Kooperationspartner in Frage kommt. Und allein dieser normale Prozess, selbst wenn man schon Einigkeit hat im Sponsoring, dauert schon mehrere Monate. Das heißt aber nicht, dass ich jetzt alles in weitere Entfernung schieben möchte, ganz und gar nicht. Es sind natürlich auch schon Dinge angebahnt worden. Und natürlich spielt uns die Bekanntheit und die gute Saison in die Karten. Ich bin überzeugt, dass wir eine sehr gute Hauptvermarktungsphase haben werden.