Essen/Dresden. Einer der Topklubs kommt zu Rot-Weiss Essen: Dresden. Markus Anfang erklärt, wie es bei Dynamo läuft und warum der Aufstieg doch kein Muss ist.

Markus Anfang hat viel zu tun. Der 48-Jährige unterschrieb im Sommer bei Zweitliga-Absteiger Dynamo Dresden - der Trainer und der Klub wagten einen Neuanfang. Inzwischen hat sich Anfangs Team auf Platz vier der dritten Liga vorgearbeitet. Vor dem Nachmittagstraining nahm Anfang sich die Zeit, um mit Redakteur Justus Heinisch über den nächsten Gegner Rot-Weiss Essen, die SG Dynamo und seine Trainer-Philosophie zu sprechen.

Herr Anfang, Sie sind als Spieler dreimal auf Rot-Weiss Essen getroffen und haben dreimal remis gespielt – wieso klappt es an diesem Samstag mit einem Sieg?

Markus Anfang: (überlegt lange) Ja, mit Düsseldorf habe ich auf jeden Fall gegen RWE Essen gespielt und wenn Sie das sagen, dann wohl auch Unentschieden. Am Samstag klappt es, weil es eben vorher nicht geklappt hat (lacht).

Rot-Weiss Essen: Dynamo-Dresden-Trainer Markus Anfang war zu Gast beim Heimsieg gegen Saarbrücken

Welche Erinnerungen haben Sie denn an RWE und die Hafenstraße?

Das Stadion ist modernisiert worden und nicht mehr wirklich mit dem alten zu vergleichen. Die Stimmung war allerdings vorher schon immer gut, die Fans haben ordentlich Alarm gemacht. Mit Schalke hatte ich einmal ein Vorbereitungsspiel in Essen, das ist schon besonders gewesen. Und vor drei Wochen war ich gegen Saarbrücken an der Hafenstraße.

Was ist Ihnen beim Essener Sieg gegen die Saarländer aufgefallen und wie wollen Sie RWE am Samstag knacken?

Rot-Weiss Essen hat eine Mannschaft, die sehr intensiven und leidenschaftlichen Fußball spielt. Aber für uns geht es darum, wie wir auftreten und was wir machen. Wenn wir an die Leistung vom letzten Spieltag anknüpfen, dann bin ich guter Dinge, dass wir auch in Essen etwas mitnehmen.

Sie haben den VfL Osnabrück nach einem 0:2-Rückstand noch 3:2 besiegt. War das eine Entfesselung der Mannschaft?

Dynamos Stefan Kutschke jubelt nach dem Tor zum 1:2 gegen den VfL Osnabrück – am Ende siegte Dresden noch 3:2.
Dynamos Stefan Kutschke jubelt nach dem Tor zum 1:2 gegen den VfL Osnabrück – am Ende siegte Dresden noch 3:2. © dpa/ZB | Robert Michael

Die Jungs haben über 94 Minuten ein richtig gutes Spiel gemacht – nicht nur in der zweiten Halbzeit, über die alle reden. Wir machen ein Eigentor, der Torwart rutscht aus, dann fällt das zweite Tor nach einem Standard. Unglücklicher kann es eigentlich nicht laufen. Wir sind aber ruhig geblieben und haben unser Spiel durchgezogen. Das können wir mitnehmen: Wir müssen unserer Linie treu bleiben.

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Dynamo Dresden hat gerade einen großen Umbruch hinter sich

Der Umbruch in Dresden war nach dem Abstieg groß. 16 Spieler sind neu gekommen, auch Sie selbst haben erst im Sommer bei Dynamo unterschrieben. Haben Sie das Gefühl, dass Sie und die Mannschaft sich jetzt gefunden haben?

Der Prozess läuft gut. Hier und da gibt es sicherlich noch Schwankungen. Unser Kader war nicht von Beginn der Vorbereitung an zusammen, das braucht seine Zeit. Und wir haben einige verletzte Spieler. Ich freue mich auf die Zeit, wenn alle auf dem Platz stehen. Am Anfang der Saison haben wir guten Fußball gespielt, aber keine Punkte geholt. Dann haben wir unseren Schwerpunkt verändert und über eine gute Defensive Punkte geholt. Wir steigern uns.

Wie sieht dieser neue Schwerpunkt konkret aus?

Wir haben zu einfache Gegentore bekommen und geschaut, dass wir kompakter und stabiler stehen. Gegen 1860 München und Elversberg sind wir mehrmals hinterhergelaufen, lagen teilweise mit zwei Toren zurück. Am Wochenende hatten wir dasselbe Erlebnis. Wir sind jetzt stabiler.

In einem Interview haben Sie Ihren Ex-Klub Werder Bremen als den „perfekten Verein“ bezeichnet. Was sagen Sie nach den ersten Monaten über Dynamo?

Wir sind in Bremen super aufgenommen worden, bei Werder habe ich mich sehr wohlgefühlt. Dort haben alle Rahmenbedingungen gepasst. Auch in Dresden sind alle sehr herzlich. Hier ist die Tradition genauso groß. Das Umfeld und die Leute sind top, es macht riesengroßen Spaß, hier zu arbeiten.

Trainerteam passt gut zum emotionalen Umfeld eines Traditionsklubs

Schaut man sich Ihre Laufbahn als Trainer an fällt auf, dass Sie nur Traditionsklubs trainiert haben: Kiel, Köln, Darmstadt, Bremen und jetzt Dresden. Brauchen Sie dieses emotionale Umfeld?

Ob ich dieses Umfeld brauche, weiß ich nicht. Vielleicht ist es einfach so, dass mein Trainerteam und ich mit unserer Art gut zu solchen Klubs passen und deshalb bisher das Glück hatten, bei so großen Traditionsvereinen arbeiten zu dürfen.

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Was zeichnet Ihre Arbeit denn aus?

Wir pflegen ein gutes Miteinander und achten auf ein gutes Arbeitsklima. Wir funktionieren als Team, jeder ist in seinem Bereich der Chef. Mit Co-Trainer Florian Junge habe ich beispielsweise schon in Köln, Darmstadt und Bremen zusammengearbeitet. Du brauchst Leute, die mitgenommen werden wollen, das ist hier der Fall.

Bei Klubs wie Dynamo Dresden und Rot-Weiss Essen kann das Umfeld die Mannschaft tragen – die Emotion kann aber auch ins Negative umschlagen. Wie bewerten Sie das?

Der Fan will erfolgreich sein, du selbst auch. Im Stadion schreien die Leute ihre Gefühle heraus, man selbst muss als Trainer ruhiger bleiben. Diese Vereine leben aber von diesen Emotionen und wir versuchen immer, diese mitzunehmen.

Dresdens Anfang über Aufstieg: „Du musst realistisch bleiben“

Ihre Mannschaft scheint auf einem guten Weg zu sein – Richtung 2. Bundesliga?

Darüber machen wir uns gar keine Gedanken. Es ist schön, wenn du von außen stark geredet wirst. Absteiger werden sofort zu den Favoriten gemacht. Dass nach Abstiegen der Umbruch oft am größten ist, vergessen die meisten jedoch gerne mal. Wenn du eine Mannschaft hast, die schon länger zusammenspielt, sind wichtige Automatismen und Erfahrungswerte in der entsprechenden Liga vorhanden.

Auch in Essen denken viele, dass Dresden aufsteigen muss und will, stimmt das gar nicht?

Jeder will erfolgreich sein, aber du musst realistisch bleiben. Wir haben 16 Neuzugänge. Dem kurzfristigen Erfolg verschließen wir uns auf gar keinen Fall, aber in erster Linie geht es uns darum, nachhaltigen Erfolg herbeizuführen. Wenn wir nicht aufsteigen, aber eine Basis haben, auf der wir aufbauen können, wäre das eine gute Grundlage für das zweite Jahr. Es bringt dir nichts, auf Biegen und Brechen aufzusteigen und direkt wieder abzusteigen, wie es in der Vergangenheit in Dresden passiert ist. Deshalb habe ich hier auch einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben.

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In Dresden wollen Sie also eine neue Kontinuität hereinbringen und länger bleiben.

Als Trainer kann man das schwer beeinflussen. In Kiel haben wir die Zeit bekommen, sind in die 2. Bundesliga aufgestiegen und fast in die Bundesliga durchmarschiert. Das hat seinen Reiz.

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