Essen. Nach Abbruchspiel setzt der RWE-Coach darauf, dass der Verein noch enger zusammenrückt. RWE-Boss Uhlig wünscht keine öffentliche Diskussion.
RWE-Trainer Christian Neidhart nutzte am Sonntag alle technischen Möglichkeiten: zwei Computer plus Youtube-Kanal waren auf die Hafenstraße ausgerichtet, der Stream funktionierte zeitversetzt um zwei Minuten, sodass der Böllerknall den Coach eher erreichte als die passenden Bilder dazu.
Als die Fakten auf dem Tisch lagen, war auch das Entsetzen beim RWE-Coach, den eine Corona-Infektion ans Heim fesselt, groß: „Alles bei uns ist positiv, die Mannschaft spielt gut, das Stadion ist voll – und dann stört so ein Einziger die ganze Arbeit.“ Neidharts erster Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss: „Warum müssen sich die Münsteraner vor den gegnerischen Fans warmmachen?“
- Regionalliga-Topspiel abgebrochen: Alle Infos und Stimmen zum Eklat bei RWE - Preußen
- Kommentar zum Spielabbruch: Ein Wahnsinniger gefährdet die Früchte der RWE-Saison
- Fragen und Antworten: So geht es nach dem Spielabbruch weiter
Eine Frage, die am Tag danach viele umtreibt. So auch Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Jürgen Jansen, der seine Gedanken über die sozialen Medien äußerte: „Es stellt sich die Frage, warum sich die Münsteraner Auswechselspieler hinter dem RWE-Tor aufwärmen durften? Das macht es nicht besser, aber das ist ein Fakt und regeltechnisch waren die auf der falschen Seite!“
Dem widerspricht Uhlig vehement und wundert sich über die Aussage des Ex-Schiris. „Regeltechnisch haben sich die Ersatzspieler hinter ihrem eigenen Torhüter warmzumachen. Wenn wir das ändern wollen, müssen wir dies beantragen!“
Ex-Schiri Jansen meldet sich zu Wort
Im übrigen fragt sich Jansen, ob der Schiedsrichter-Abbruch die einzige Möglichkeit war. Wie aus den internen Kreisen zu hören ist, war Schiedsrichter Christian Scheper eher geneigt, die Partie zeitnah fortzusetzen. Es scheiterte wohl am Veto der Münsteraner, die die Partie aufgrund der in Mitleidenschaft gezogenen Spieler auf keinen Fall wieder angestoßen sehen wollten. Näheres dazu wird wohl erst der Sonderbericht des Schiedsrichters aufschlüsseln.
Dass es offenbar nicht gelingt, den Täter eindeutig zu identifizieren, wirft Fragen zur Fankurve auf. Auch da hat Ex-Profi Michael Pröpper bei Facebook eine klare Meinung: „Aber was ist mit den Leuten, die drum rum standen? Ich persönlich hätte dem eins auf die Fresse gehauen. Aber vor dem Wurf.“
Das die sogenannte Fanszene sich deutlich von den Geschehnissen distanziert, wertet Christian Neidhart als erfreuliches Zeichen, dass hier alle an einem Strang ziehen wollen. Und er glaubt an eine Jetzt-erst-Recht-Stimmung in der Mannschaft, die am Sonntag bei Abbruch einfach nur sauer war.
Neidharts kämpferischer Appell an die RWE-Familie
„Wir müssen ohnehin damit leben, dass immer irgendeiner Rot-Weiss ans Bein pinkeln will. Allen Widrigkeiten zum Trotz: Das müssen wir gemeinsam mit unseren Fans durchstehen. Da werden wir durchkommen, uns bringt niemand von unserem Weg ab“, richtet er einen kämpferischen Appell an die RWE-Familie.
Nun bleibt es abzuwarten, wie die Sportgerichtsbarkeit damit umgeht. Ob RWE mit null Punkten aus diesem Skandalspiel rausgeht, oder ob es eventuell doch ein Wiederholungsspiel auf neutralem Boden ohne Zuschauer geben wird. Der RWE-Coach hält dies durchaus für denkbar, hofft er doch, dass nicht der ganze Verein für die Wahnsinnstat eines Einzelnen in Sippenhaft genommen wird. Was eventuell ja auch den Anreiz bei Wiederholungstätern wecken würde, Spiele zu beeinflussen. Am Ende sollten diese Dinge ja immer noch sportlich entschieden werden.
An Spekulationen beteiligt sich RWE-Boss Uhlig nicht
An möglichen Spekulationen über Sanktionen will sich RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig auch am Tag danach nicht beteiligen. Natürlich werde hinter den Kulissen mit den Vereinsjuristen an einer Argumentations-Strategie für eine kommende Verhandlung gearbeitet. Aber, auch das sagt der RWE-Vorsitzende: „Ich möchte jetzt schon um Verständnis dafür bitten, dass wir die Diskussionen hierüber nicht öffentlich führen werden. Auch an Spekulationen werden wir uns nicht beteiligten.“
Was Uhlig verraten kann: Am Montag wurde ein interner Krisenstab gebildet, der sich vornehmlich mit dem Thema Sicherheitsaspekte beschäftigen wird. So viel kann er versprechen: „Es herrscht im Verein große Einigkeit darüber, die Dinge anzugehen, und wir werden die Art und Weise grundsätzlich überdenken. Und wir werden auch vor unpopulären Maßnahmen nicht Halt machen.“
News und Hintergründe zu Rot-Weiss Essen finden Sie hier