Essen.. Vermögensberater aus Überruhr hat als Unparteiischer 143 Bundesligaspiele geleitet. Für die EM 2016 in Frankreich berät er das Erste - auch in Paris.
Jürgen Jansen ist mit Leib und Seele Schiedsrichter. Nach 143 Bundesliga-Einsätzen legte der Essener Vermögensberater 2006 die Pfeife aus der Hand und ließ sich vom DFB fortan als Schiedsrichter-Coach verpflichten. Wenige Wochen vor der Euro 2016 meldete sich ARD-Sportchef Steffen Simon in seinem Büro in Überruhr und unterbreitete ihm ein verlockendes Angebot: „Wir hätten Sie gerne als Schiedsrichter-Experte im Pariser ARD-Team.“
Jansen zögerte nicht lange und machte sich Anfang Juni auf in die französische Hauptstadt. Paris, die Stadt der Liebe des Lichts, fasziniert ihn schon seit dem 18. Lebensjahr. Doch dieses Mal sei ihm eine sonderbare Stimmung entgegen geschlagen: eine Mischung aus Terrorangst und Desinteresse am kontinentalen Ball-Spektakel. „Die Stadt scheint immer noch unter Schock zu stehen“, sagt Jansen, der aus eigenen Ängsten kein Hehl macht. „Die Metro habe ich gemieden.“
Natürlich hat auch das verrückte deutsche Sommermärchen 2006, diese mit einem satten Schwarz-Rot-Gold unterlegte Ausgelassenheit Sichtweisen und Erwartungen geändert. Fahnen an Fenstern, die Trikolore auf Motorhauben und die Marseillaise auf der Lippe? „Fehlanzeige – da war nichts“, sagt Jansen ernüchtert. So freute er sich über die Herzlichkeit, die immerhin die Waliser, Nordiren und Isländer nach Frankreich importierten.
Smartphone mit kostbaren Selfies
Vierzehn Tage lang, bis zu den Achtelfinals, hat der Essener vom Pariser Fernsehstudio aus den Schiedsrichtern kritisch auf die Finger geschaut. „Wenn Gerd Gottlob, Steffen Simon und Tom Bartels in den Stadien die Spiele kommentierten, hatten sie mich quasi als Mann im Ohr.“ War die gelbe Karte berechtigt? Hätte der Schiri doch den Elfmeter geben müssen? Mitunter wurden Jansens Analysen wortwörtlich von den ARD-Kommentatoren übernommen und live in die Wohnzimmer daheim ausgestrahlt.
Essener ist TV-Experte bei EM
Vor wenigen Tagen hat Jürgen Jansen Paris Adieu gesagt, als ARD-Schiri-Experte bleibt er für die restliche EM aber weiterhin am Ball – jetzt vom Studio in Köln aus.
Das Fotoalbum seines Smartphone ist prall gefüllt mit kostbaren Selfies. Sie zeigen Jürgen Jansen mit Stefan Effenberg und Guus Hiddink, mit Matthias Opdenhövel und Daniel van Buyten, mit Herbert Grönemeyer und Holger Stanislawski. „Ein kerniger Bursche“ sagt er über den Pauli-Coach. „Der könnte aus dem Ruhrpott kommen.“
Kein Tipp fürs Viertelfinalspiel
Das Länderspiel von „La Mannschaft“ gegen Lewandowski & Co erlebte er mit seiner polnischen Ehefrau Renata und Töchterchen Anna Florin im Stade de France als Fan. „Eine tolle Stimmung auf der Tribüne, wir hatten Gänsehaut.“
Dem Job mit der Pfeife trauert Jansen übrigens nicht mehr nach. Trotzdem sei die Schiri-Leidenschaft geblieben. „Nur nicht nicht mehr in kurzer Hose, sondern als Coach mit Notizblock und Stift.“
Mit einem Tipp für den Viertelfinal-Krimi am Samstag tut sich Jansen schwer: „Das Spiel ist komplett offen, die Italiener sind reif, kompakt und schnell – die wohl stärkste Mannschaft des Turniers“.