Essen. RWE ist an der Hafenstraße ungeschlagen und hat von 19 Spielen 17 gewonnen. Essener erhöhen Druck auf Dortmund und halten Titelkampf spannend.
Es ist und wird eine außergewöhnliche Saison bleiben für Rot-Weiss Essen, egal wie sie endet. Mit dem 2:1-Heimsieg über Alemannia Aachen haben die Essener am viertletzten Spieltag die Tabellenspitze erobert und gleichzeitig einen Rekord aufstellt. So heimstark war noch kein Regionalligist jemals zuvor. Die Mannschaft von Trainer Christian Neidhart ist an der Hafenstraße noch ungeschlagen, hat dort von insgesamt 19 Partien 17 gewonnen. Diese 53 Punkte sind ein wesentlicher Faktor, dass RWE in der Tabelle oben steht.
Die Gastgeber hätten nach dem Schlusspfiff durchaus Grund gehabt, ein wenig zu feiern. Doch entweder die Kämpfer waren zu müde oder aber die wochenlangen Diskussionen um die Titelchancen im Duell mit Borussia Dortmund II haben ihre Wirkung nicht verfehlt. RWE weiß jedenfalls die eigene Situation sehr wohl realistisch einzuschätzen.
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Rot-Weiss Essen erhöht Druck auf Dortmund
Die Ausgangslage habe sich mit dem Sieg gegen Aachen überhaupt nicht geändert, meinte Mittelfeldstratege Amara Condé - aufgeräumt und gut gelaunt. „Nur wenn wir alle Spiele gewinnen, können wir Dortmund Druck machen und hoffen, dass noch etwas passiert. Wenn sie einmal patzen, dann sind wir dran.“
Rot-Weiss muss weiter an sich und die Chance glauben, was auf Dauer sicher nicht ganz einfach ist. Denn diese strapaziöse Spielzeit zermürbt, körperlich und mental. Das war gegen Aachen zu erkennen, wo es in den ersten 20 Minuten bei den Gastgebern weniger gut lief. RWE wirkte längst nicht so überzeugend und leichtfüßig wie noch unter der Woche beim souveränen 4:1-Erfolg im Verbandspokal gegen RW Oberhausen. Wohl auch deshalb mischte der Gast anfangs munter mit und wehrte sich erfolgreich gegen den Favoriten, der einige Fehler einbaute.
Kombinationen werden mit der Zeit flüssiger
Doch nach zähem Auftakt wurden die Kombinationen schon bald flüssiger, Rot-Weiss wurde klar überlegen und machte nach einer halben Stunde richtig Dampf. Schon bald ergaben sich Chancen. Vor allem Maximilian Pronichev und Simon Engelmann sorgten für Gefahr, nur Torjäger Engelmann hatte an diesem Tag nicht das nötige Glück. Er allein hätte die Partie vorzeitig entscheiden können.
Er hatte auch die erste Riesenchance, doch nach einer Flanke von Oguzhan Kefkir zielte der Mittelstürmer freistehend zu zentral, so dass Aachens guter Keeper Joshua Mroß keine Mühe hatte (36.).
Kapitän Kehl-Gomez vergibt Hundertprozentige
Aber ein richtiger Aufreger in Hälfte eins folgte noch. Engelmann, diesmal als Vorbereiter, passte von der Grundlinie in die Mitte auf Marco Kehl-Gomez, der eher locker vollenden wollte und dabei aus acht Metern einen Aachener anschoss, der auf der Linie stand (44.). „Die Chancen von Engelmann und Kehl-Gomez müssen zwei Tore sein“, befand Trainer Christian Neidhart.
Wie wertvoll Dennis Grote für sein Team ist, zeigte er einmal mehr. Schon vor vielen Wochen war man gespannt, ob der 34-Jährige nicht mal schwächeln würde angesichts der hohen Belastung. Doch weit gefehlt, er läuft und läuft…. Grote marschiert, grätscht, spurtet und lenkt das Spiel. Und er trifft. Kurz nach dem Wechsel sein Glanzlicht. An der Strafraumgrenze foppte er Frederic Baum, der wie ein Lehrling ins Leere rutschte, und setzte die Kugel präzise und unhaltbar ins Eck zur 1:0-Führung (50.).
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Routinier Dennis Grote leitet das zweite Tor ein
Und Grote leitete auch das zweite Tor ein. Er setzte Condé außen in Szene, in dessen scharfe Hereingabe spritzte Pronichev, der auf 2:0 (71.) erhöhte. Die Spiel schien entschieden, und RWE hätte auch längst höher führen können. Doch der Sack war nicht zu. Mergim Fejzullahu köpfte ein zum 2:1 (88.) und plötzlich kamen Erinnerungen hoch an das Hinspiel, als Aachen kurz vor Schluss überraschend den Ausgleich zum 1:1 erzielt hatte. Auch dort ließ RWE damals unnötig Punkte liegen.
„Die Beine werden schwer, da macht man automatisch mehr Fehler. Dann muss man aber umso konsequenter verteidigen und vor allem konsequenter vor dem Tor sein“, fasste Amara Condé zusammen. Man habe sich das Leben selbst schwer gemacht und hätte sich die Unruhe in der Schlussphase ersparen können, so der Tenor. Aber angesichts des enormen Pensums muss man halt Abstriche machen.
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Rot-Weiss auch weiterhin auf Rekordjagd
„Wir haben jetzt 84 Punkte, normalerweise kannst du dir damit beide Beine brechen und steigst trotzdem auf“, sagte Trainer Neidhart. „Für Dortmund wird es natürlich hart, die ganzen Spiele, alle drei, vier Tage, das ist nicht ohne.“ Die Rot-Weissen können ein Lied davon singen. Sie müssen gleich am kommenden Mittwoch wieder ran zum Verbandspokal-Halbfinale gegen den SV Straelen (19 Uhr, Hafenstraße). Englische Wochen sind bei ihnen längst Normalität.
45 Spiele haben die Essener bereits bestritten, wenn man die beiden Verbandspokalpartien aus der Vorsaison mitzählt. Wenn es gut läuft im Verbandspokal und hart kommt, hat RWE am Ende 50 Spiele absolviert. An diese Zahl dürfte im deutschen Profifußball sonst nur der FC Bayern München kommen.