Essen. Wieder mal die Nachspielzeit. Wie schon in der Vorwoche brachte sich Rot-Weiss Essen in der 93. Minute um den verdienten Lohn einer starken Leistung. Das Spiel gegen Preußen Münster endete 1:1.
Es war eine dieser Situationen, die dem erfahrenen Hafentraßen-Besucher nur noch ein eisiges Lächeln abringen. Wieder mal in der Nachspielzeit, wieder mal gegen RWE. Anders als in der Vorwoche war es jedoch nicht der Referee, sondern Münsters Wojciech Pollok, der den Hausherren den sicher geglaubten Dreier noch entriss. Nach einem Eckball in der 93. Minute behielt der Angreifer beim Gestocher im Strafraum die Übersicht und bescherte den Gästen einen Punkt, den sie wie einen Sieg feierten.
Denn innerlich hatten nach der langen 1:0-Führung wohl selbst die Gäste schon ihren Frieden mit dem Resultat gemacht. Essen ging in einer hochklassigen Regionalliga-Partie meist engagierter und angriffslustiger zu Werke. Das Team von Trainer Roger Schmidt besann sich vor allem in den ersten 45 Minuten vornehmlich darauf, die Hausherren vom eigenen Gehäuse fern zu halten. Dennoch ging der Plan des RWE-Trainerduos Ralf Aussem und Uwe Erkenbrecher auf: Mit Dirk Heinzmann als körperlich präsenter zweiter Spitze neben Sascha Mölders kam Rot-Weiss mit vielen zweiten Bällen immer wieder gefährlich in Schussposition. Markus Neumayr, der im rechten Mittelfeld begann (17.) oder Mölders (36.) hatten die Führung bereits auf dem Fuß.
Das 1:0 wäre auch durchaus in Ordnung gegangen, da die Münsteraner zu wenig fürs Spiel taten und Essen die Initiative überließen. Doch quasi mit dem Halbzeitpfiff die größte Chance der Gäste. Und für die zeichnete ausgerechnet RWE-Keeper Robin Himmelmann verantwortlich, der den grippekranken André Maczkowiak vertrat und eine formschöne „Kerze“ faustete. Glück, dass Markus Neumayr auf der Linie aufgepasst hatte und den Ball mit einer Wahnsinnstat von der Linie köpfte.
Glücklicherweise - zumindest für das Gros der 10.200 Zuschauer in den „Überresten“ des Georg-Melches-Stadions - war die mögliche RWE-Führung aber nur aufgeschoben. Drei Minuten nach Wiederanpfiff schloss Mölders eine Kombination über Heinzmann und Mike Wunderlich überlegt zum 1:0 ab. „Danach hatten wir zehn Minuten lang Probleme, wieder in die Partie zu finden und dann hat man ja gesehen, was hier möglich ist“, erinnerte sich Preußen-Coach Schmidt. Soll heißen: Die Kulisse war da und peitschte RWE nach vorn.
Last-Minute-Ausgleich
Plötzlich schien der zweite Treffer eine Frage von Minuten. Die Antwort hätte Heinzmann in der 71. geben müssen. Mölders scheiterte zunächst mit Pech an der Unterkante der Latte. Beim zweiten Ball hatte der lange Angreifer aber eigentlich genug Zeit, den Ball anzunehmen, brachte es aber fertig, den Ball deutlich über das verwaiste Tor zu köpfen. Selbst Aussem wollte anschließend nicht drum herum reden: „Den muss er machen. Wahrscheinlich hatte er einfach zu viele Ideen und hat sich leider für die falsche Variante entschieden“, seufzte der Coach.
Eine Szene, die durch den Last-Minute-Ausgleich erst richtig schmerzhaft wurde. Dennoch waren beide Trainer bemüht, das Positive herauszuarbeiten. Aussem: „Es ist unglaublich ärgerlich, dass wir zum zweiten Mal innerhalb von einer Woche in der 93. Minute so bestraft werden. Wenn wir ein bisschen cleverer sind, hauen wir das Ding auf die Tribüne und gewinnen. Dennoch, wenn wir so weiter machen, werden wir künftig auch mehr als einen Punkt holen.“ Erkenbrecher betonte aber auch: „Zwar sind wir weiter ungeschlagen, aber eine Serie von zehn Unentschieden bringt uns auch nicht weiter.“