Essen. Dietmar Bückemeyer will nicht gleich bei der ersten sportlichen Krise wieder das Personal wechseln. Doch der Aufsichtsratchef von Rot-Weiß Essen weiß im Moment auch nicht, "was man anders oder besser machen könnte".

So hatten sich die Verantwortlichen an der Hafenstraße den Saisonstart in die Regionalliga nicht vorgestellt. Natürlich nicht! Es zähle nur der Aufstieg, so hieß es. Und: Diesem ehrgeizigen Ziel werde man alles andere unterordnen. Doch nach nur sechs Spieltagen haben die Rot-Weißen schon dreimal verloren und krauchen im Tabellenmittelfeld auf Platz neun herum. Der Druck vor dem Heimspiel am Freitag (Anstoß: 19.30 Uhr) gegen den 1. FC Köln II ist nach dem dürftigen 1:1 in Bonn noch einmal gestiegen.

Die Hoffnungen sind dagegen nach dem jüngsten Auftritt am Rhein um ein weiteres Stück geschrumpft. Auch beim Vorstandsvorsitzenden Stefan Meutsch, der im Bonner Nordpark mitansehen musste, dass seine Mannschaft gegen einen doch eher biederen Gastgeber den ersehnten Sieg wieder nicht erzwingen, geschweige denn erspielen konnte. Die Fans sind enttäuscht und längst in zwei Lager gespalten. Der eine Teil vertraut Teamchef Thomas Strunz und sagt: „Lasst ihn in Ruhe arbeiten.” Der frustrierte Rest zetert: „Strunz muss weg!” Das fordern dessen Kritiker schon seit langem, nachdem in der vergangenen Saison unter dessen Ägide sportlich ziemlich viel schiefgelaufen ist.

Stefan Meutsch hat den Aufstieg natürlich noch nicht zu den Akten gelegt habe, seine Enttäuschung freilich will er nicht verhehlen. Und Zweifel an dem ersehnten Titelgewinn haben sich sicher eingeschlichen: „Wir haben bisher nicht wie ein Aufsteiger gespielt.” Was übrigens auch so mancher Spielbeobachter der Konkurrenz verwundert festgestellt hat, der ein souveränes Top-Team sehen wollte, aber von Essen nur Durchschnittskost aufgetischt bekam.

RWE-Teamchef Thomas Strunz betont weiterhin, dass seine Mannschaft fast alle Spiele kontrolliere, bisher nur nicht oft genug das Tor getroffen habe. Dass er seinem Team nach wie vor vertraut, versteht sich von selbst.

Im Umfeld fordern aber viele Fans energisch eine Reaktion der Verantwortlichen. Doch diese wird – nach dem derzeitigen Stand der Dinge – wohl ausbleiben. Aus unterschiedlichen Gründen.

„Bei Rot-Weiß ist in den vergangenen Jahren in der Führung viel falsch gemacht worden”, sagte der Aufsichtsratvorsitzende Dietmar Bückemeyer, der zurzeit im Urlaub weilt, im Gespräch mit dieser Zeitung. Bückemeyer gilt als Strunz-Befürworter. Als technischer Vorstand der Stadtwerke ist er im Aufsichtsgremium des Regionalligisten ein Vertreter der Stadt und Abgesandter eines Premiumpartners. Sein Wort hat deshalb Gewicht. Und Bückemeyer wünscht Kontinuität, will nicht gleich wieder bei der ersten sportlichen Krise das Personal wechseln. Das Debakel um Trainer Middendorp, der in der Vorsaison nach 30 Tagen bei RWE wieder abdankte, dient als mahnendes Beispiel.

Er habe mit Strunz und allen Trainern im Verein gesprochen, sagt Bückemeyer. Sein persönliches Fazit: „Ich wüsste momentan auch nicht, was wir anders oder besser machen könnten.” Die finanzielle Lage von Rot-Weiß lasse ohnehin keinen Handlungsspielraum. „Dem Verein fehlt das Geld. Und die Finanzen müssen wir natürlich im Blick behalten.”

Deshalb sei die Mannschaft in der Pflicht. „Sie muss ihr wahres Gesicht zeigen”, fordert der Aufsichtsrats-Chef. Doch wie sieht das aus? Stefan Meutsch fürchtet bereits, dass der Aufstieg in Gefahr ist. Thomas Strunz hat mal zu Saisonbeginn gesagt: „Erst nach dem zehnten Spieltag wird eine Tendenz zu erkennen sein.” Vier Auftritte bleiben Rot-Weiß also noch, um die Hoffnungen wieder zu wecken.