Essen. Rot-Weiss Essens Kapitän Mario Neunaber blickt vor dem letzten Hinrundenspiel beim 1.FC Köln II noch einmal zurück. Zu Beginn stand der Findungsprozess, danach kam der Erfolg. Ein Gespräch über die Entwicklung der Mannschaft, die Tabellenführung und das Verhältnis zu den Fans.
Der letzte Spieltag der Hinrunde steht in der Fußball-Regionalliga auf dem Programm. Und Rot-Weiss Essen startet von der Pole. Platz eins – das war nach einem eher holprigen Saisonbeginn so nicht zu erwarten. Schon nach wenigen Spielen stand das neuformierte Team zum Teil heftig in der Kritik, weil die Ergebnisse ausblieben. Zu Buche steht zwar nur eine Niederlage, allerdings auch das eine oder andere Unentschieden zu viel. Neuzugang Mario Neunaber (32) stand ebenfalls im Fokus der Kritik. Ausgerechnet der zweitligaerfahrene Kapitän. Wir unterhielten uns mit ihm vor der Partie gegen den 1.FC Köln II (13.30 Uhr, Franz-Kremer-Stadion).
Rot-Weiss Essen geht als Spitzenreiter in den letzten Hinrundenspieltag. Arbeitet es sich da leichter als zu Saisonbeginn, als es noch nicht so rund lief?
Mario Neunaber: Ach, uns ist das egal. Entscheidend ist, wer nach dem 34.Spieltag oben steht. Aber wir haben uns diese Position hart erarbeitet und wollen sie natürlich so lange wie möglich verteidigen.
Was hat sich verbessert in den Monaten?
Neunaber: Wir stehen kompakter, agieren nun alle miteinander. Die Laufbereitschaft ist noch höher geworden, das Spiel funktioniert besser. Wir pressen, setzen den Gegner ständig unter Druck. Das zeichnet unser Spiel aus. Und die Mannschaft hat jetzt mehr Mut.
Das Toreschießen hat sofort funktioniert. Die Defensive hingegen musste sich erst finden, bis viermal in Folge die Null stand. Warum hat es dort relativ lange gedauert?
Neunaber: Zu Beginn stand der Findungsprozess, wer wo am besten passt und sich zurechtfindet. Philipp Zeiger oder Kai Nakowitsch könnten auch auf der Sechser-Position spielen, Marcel Platzek zentral oder auf der Außenbahn. Hermes hinten oder weiter vorn. Es gibt Alternativen. Und wenn man sieht, welche Wege die Stürmer inzwischen nach hinten abreißen, dann erleichtert das auch die Abwehrarbeit.
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Hört sich gut an aus dem Mund eines Spitzenreiters. Sind sie als Routinier, der einige Vereine erlebt hat, überrascht worden, wie schnell Kritik aufflammte?
Neunaber: Ja schon, gewisse Dinge waren für mich neu. Aber wenn man Erfolg hat, ist ja auch schnell wieder Stimmung. Die Unruhe war wohl auch der Unsicherheit im Umfeld geschuldet. Die Fans wussten anfangs nicht, wohin es mit ihrem Verein geht. Da war die Neuausrichtung bei Mannschaft und Verein, ein neuer Sportvorstand, ein neuer Trainer, neue Spieler. Dass das zu einem gewissen Unbehagen führen kann, ist verständlich.
Es gab ein Treffen mit den Fans, als die Gräben tiefer zu werden schienen. Was ist hat die Aussprache gebracht?
Neunaber: Wir als Mannschaft hatten einen festen Standpunkt. Wir haben gesagt, wie wir behandelt werden möchten und wie nicht. Mehr war von unserer Seite nicht. Dass die Fans sauer waren, ist normal und zum Teil verständlich. Aber das ist ja Schnee von gestern.
Der Erfolg hat bei der Versöhnung kräftig mitgeholfen, oder?
Neunaber: Und der Erfolg gibt uns recht. Das gilt auch für den Trainer. Da kannst du machen, was du willst: Ohne Erfolg kann man gar nichts rechtfertigen. Anfangs haben wir die Punkte nicht geholt, und das wird nur bis zu einem gewissen Maß akzeptiert. Fürs Schönspielen wird einem selten auf die Schulter geklopft. Fußball ist Ergebnissport.
Wie hat die Mannschaft die Kritik verarbeitet?
Neunaber: Es wurde uns nicht immer leicht gemacht. Aber wir haben uns stets als eine Einheit präsentiert und sind letztlich dafür belohnt worden. Wir haben jeder Zeit an uns geglaubt, haben Rückstände umgebogen und einen starken Willen gezeigt. Intern haben wir uns ständig gesagt: Das schaffen wir nur gemeinsam.
Ist eine solche Krisenbewältigung nicht selbstverständlich?
Neunaber: Natürlich müssen wir mit solchen Situation umgehen können und uns zurechtfinden. Das ist aber vor allem schwierig für diejenigen, die hier neu sind. Rot-Weiss Essen ist da schon ein spezieller Verein.
Aber man weiß doch in etwa, was einen in Essen erwartet?
Neunaber: Manch einer denkt vielleicht: Boah, 10.000 Fans an der Hafenstraße, da macht es richtig Bock, Fußball zu spielen. Und dann plötzlich: Upps, was ist denn hier los? Da sieht man alles mit anderen Augen. Man muss lernen, wie es funktioniert, alles andere findet sich. Ähnlich wie im Spiel, wenn man sich neu einstellen muss. Das ist uns zum Glück relativ schnell gelungen.