Essen. Im Zuge des Wettskandals im Fußball stehen zwei Spiele des SC Verl unter Verdacht. Der Regionalligist suspendierte unterdessen zwei Spieler, drei Akteure sollen gestanden haben.
Offenbar haben erste Geständnisse den Regionalligisten SC Verl ganz tief in den Sumpf des neuen Wettskandals im europäischen Fußball hineingezogen. Der westfälische Klub hat im Zuge der Ermittlungen als erster Verein gleich zwei Spieler suspendiert - nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben drei Verler Akteure mittlerweile sogar Spielmanipulationen gestanden. Demnach sollen die Spieler bei zwei Begegnungen der Saison 2008/2009 von der Wettmafia bestochen worden sein.
Ein weiterer Spieler soll bei den geplanten Spielmanipulationen wieder abgesprungen sein und sich vor den beiden mutmaßlich manipulierten Regionalligapartien jeweils krank gemeldet haben. Die Staatsanwaltschaft Bochum, die dem Verdacht von manipulierten Fußballspielen nachgeht, äußerte sich auf Nachfrage der SZ dazu nicht.
Ex-Trainer Ermisch wie vor Kopf gestoßen
Der damalige Verler Coach Mario Ermisch, der heute beim TuS Dornberg tätig ist, sagte der SZ, er sei nach den Geständnissen seiner früheren Spieler "wie vor den Kopf gestoßen". Er "habe nicht glauben wollen, dass die so was machen".
Zuvor hatte Verls Vereinsboss Peter Mankartz dem Sport-Informations-Dienst (SID) bestätigte, dass der Klub Patrick Neumann und Tim Hagedorn vom Spiel- und Trainingsbetrieb ausgeschlossen hat. Zu den Gründen wollte sich Mankartz aber nicht äußern. "Weitere Angaben kann ich derzeit nicht machen. Wir stehen bei den Ermittlungsbehörden im Wort", sagte Mankartz.
Spieler des SC Verl sollen 20.000 Euro für die 0:1-Niederlage gegen den 1. FC Köln II am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison erhalten haben. Das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach II (4:3) am 33. Spieltag der vergangenen Saison in der Regionalliga West ging angeblich entgegen der ursprünglichen Verabredung mit den Wettbetrügern zugunsten von Verl aus. Dabei konnte die U23 der Borussia nach 0:3-Pausenstand zunächst zum 3:3 ausgleichen, ehe sie eine Minute vor Schluss den vierten Treffer hinnehmen musste.
Der erste Manipulationsversuch in dem Auswärtsspiel der Verler am 30. Mai 2009 in Mönchengladbach war allerdings gescheitert. Bereits nach 41 Spielminuten führte Verl überraschend 3:0. In der Halbzeit soll einer der gekauften Spieler eine SMS an seinen Wettpaten geschickt haben: "Was soll ich tun?" Zwar schaffte Mönchengladbach bis zur 81 Minute, begünstigt durch individuelle Fehler der Ostwestfalen, den Ausgleich, doch in der 89. Minute erzielte Verls Torjäger Christian Knappmann den 4:3-Siegtreffer.
Knappmann war offenbar in den mutmaßlichen Manipulationsversuch nicht eingeweiht. Am 6. Juni 2009, dem letzten Regionalliga-Spieltag der Saison 2008/2009, unterlagen die Verler durch ein Eigentor von Ihsan Kalkan in der 41. Minute gegen die U23 des 1. FC Köln 0:1. Gegen Kalkan, der einen abgefälschten Ball ins eigene Netz lenkte, gehört aber nach SZ-Recherche nicht zu den Verdächtigen. Laut den Ermittlungen setzte die Wettmafia insgesamt 41.550 Euro auf einen Kölner Sieg beim SC Verl und erzielte bei einer Quote von 2,4 einen Gewinn von rund 100.000 Euro - an die gekauften Spieler sollen 20.000 Euro geflossen sein.
Verl hatte am Nachmittag in einer Pressmitteilung bekannt gegeben, dass die beiden Mittelfeldspieler Neumann und Hagedorn suspendiert worden seien. Über weiter Einzelheiten sei Stillschweigen vereinbart worden, "um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden". Der SC Verl distanzierte sich von "diesen kriminellen Handlungen" und stellte sich vor diejenigen Akteure in seinem Spielerkader, "die nicht an diesen Manipulationen beteiligt sind".
Im Zentrum des Geschehens in Verl steht offenbar ein 34 Jahre alter Kaufmann aus dem westfälischen Lippstadt, der Ende vergangener Woche wegen Betrugsverdachts verhaftet worden war. Der Beschuldigte, der seitdem in Untersuchungshaft sitzt, soll Verler Spielern nach den bisherigen Erkenntnissen der Ermittler mindestens 20.000 Euro dafür gezahlt haben, dass sie die für ihren Klub sportlich bedeutungslosen Punktspiele gegen die U23-Teams von Borussia Mönchengladbach und den 1. FC Köln absichtlich verlieren.
Am vergangenen Freitag hatte die Staatsanwaltschaft Bochum den größten Wettskandal in Europa publik gemacht. 200 Spiele, darunter 32 in Deutschland, sollen von den Betrügereien betroffen sein.
Süddeutsche: Jena II - Meuselwitz unter Verdacht
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach weiteren SZ-Informationen unter anderem wegen der Oberliga-Partie der zweiten Mannschaft von Carl Zeiss Jena gegen den ZFC Meuselwitz (0:2) im Mai 2009. Es ist das erste Spiel aus Ostdeutschland, bei dem ein solcher Verdacht bekannt wird. Bislang standen nur West-Klubs wie der VfL Osnabrück, der SSV Ulm 1846 oder der SC Verl im Blickpunkt.