Essen. DFB-Vizepräsident Rainer Koch hatte die finanziellen Probleme der Klubs als hausgemacht bezeichnet. Welling reagierte mit einem offenen Brief.
- DFB-Vizepräsident Rainer Koch hatte in einem Interview die umstrittene Regionalliga-Struktur verteidigt
- Michael Welling hat in einem offenen Brief die Aussagen Kochs kritisiert
- Der RWE-Präsident schlägt eine zweigleisige 4. Liga vor
Michael Welling, Präsident des Fußball-Regionalligisten Rot-Weiss Essen, hat sich in einem offenen Brief an den DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch gewandt.
In einem DPA-Interview hatte Koch die umstrittene Regionalliga-Struktur verteidigt und die Vereine kritisiert. In der West-Staffel mit Traditionsvereinen wie Rot-Weiss Essen, Rot-Weiß Oberhausen oder SG Wattenscheid gibt es beispielsweise keinen direkten Aufsteiger für die 3. Liga, sondern nur einen Relegationsplatz zu vergeben. Die Finanznöte der Klubs seien laut Koch meist hausgemacht und Folge von Miss-Management. "Wenn ein Verein finanzielle Probleme hat, liegt es unabhängig von der Liga vorrangig fast immer daran, dass er planmäßig mehr Geld ausgibt als er einnimmt", sagte der 1. Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
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Koch führte aus, dass die betroffenen Vereine "ihre Etats nicht an die Struktur der Regionalliga anpassen und sich dabei wirtschaftlich übernehmen." Der Sportfunktionär fügt hinzu: "Die vierte Liga ist allenfalls eine Halbprofi-Liga. Und wer sich dort Vollprofitum leistet, kann nicht erwarten, dass ihm das andere finanzieren. Das kann auf Dauer nicht gutgehen", sagte Koch. Es treffe zumeist Traditionsvereine, die "sich als Profi-Vereine sehen".
Als solcher sieht sich auch der ehemalige Deutsche Meister Rot-Weiss Essen. In einem offenen Brief hat RWE-Präsident Michael Welling die Aussagen Kochs widerlegt. "Von der Regionalliga als 'Halbprofi-Liga' zu sprechen, ist schlicht Unsinn und verstellt den Blick auf die Realitäten", sagt Welling. "Die Entscheidung über die Einführung von (Voll-)Profitum hat nichts mit der Liga selbst zu tun, sondern mit den Zielen und finanziellen Möglichkeiten der Vereine."
Welling sieht wirtschaftliches Ungleichgewicht in der Regionalliga
In diesem Zusammenhang spricht der Vorsitzende der Rot-Weissen von einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht innerhalb der Regionalliga. "Die tatsächlichen finanziellen Probleme haben natürlich nur diejenigen Vereine, die eben den Spielbetrieb operativ finanzieren und realisieren müssen – nicht Klubs von Mäzenaten oder U-Mannschaften der Bundesliga-Vereine.
Und wollen Sie etwa tatsächlich Glauben machen, dass die Spieler der U-Mannschaften unter 'Halbprofi-Bedingungen' agieren?"
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Die Einnahmen seien laut Welling für einen Teil der Vereine vor einer Saison "nicht valide planbar", weil diese vom Zuschauerzuspruch und den Sponsoringeinnahmen abhingen. Damit verknüpft sei der sportliche Erfolg. Aufgrund der Ligastruktur, die in der West-Staffel keinen direkten Aufsteiger und nur einen Releagtions-Teilnehmer vorsieht, gehe es "für viele Vereine schon zur Saisonmitte sportlich um nichts mehr, weil die 'Belohnungsstruktur' der Liga, hier die 'Aufstiegsplätze', gering ist".
Koch hatte die Vereine darüber hinaus dafür kritisiert, "nichts mit der Regionalliga zu tun haben zu wollen". Auch dieser Aussage widerspricht Welling deutlich: "Für einige Vereine ist die Regionalliga vielleicht ein Sehnsuchtsziel, vielleicht das größte, was sie erreichen können und wollen. Die Realität ist aber eben auch: Für viele Vereine mit Fanzuspruch und Tradition ist die Regionalliga eben die 'Bretterklasse', ist die Regionalliga eben eine Spielklasse, mit der man sich nicht zufrieden geben will und kann."
Wellings Vorschlag: eine zweigleisige 4. Liga
Der RWE-Präsident sieht die Zeit für eine Strukturreform gekommen. Welling schlägt in seinem Brief eine zweigleisige 4. Liga vor. Die 3. Liga und die Regionalliga als fünfthöchste Spielklasse würden in ihrer Struktur unberührt bleiben. Wellings Idee beinhaltet zwei 18er-Ligen mit je einem direktem Aufsteiger und je einem Platz, der für Relegationsspiele mit den 18. und 17. der 3. Liga berechtigt. Dies würde "dem sportmoralischen Prinzip gerecht werden. Alles ist besser, als der gegenwärtige Zustand. Der DFB insgesamt sollte sich dafür stark machen", fordert er.