Spiez. Fortunas Neuzugang aus Georgien galt als überragendes Talent – bis drei Operationen am Fußgelenk und ein gewisser Felix Magath den Nationalspieler für drei Jahre aus der Bahn warfen. Für den ehemaligen Schalker war Mike Büskens nun der entscheidende Faktor für den Wechsel zur Fortuna.
Als Kaiserslauterns ehemaliger Torjäger und Lautsprecher Klaus Toppmöller noch Trainer der georgischen Nationalmannschaft war, hatte er einen Lieblingsschüler: „Wenn Levan Kenia zaubert, ist es ein Gedicht.“ Sechs Jahre ist der Spruch her. Damals, beim glanzvollen 2:0 über Schottland, war Fortunas neuer Spielmacher gerade 16 Jahre jung. Hatte schon in der ersten Liga seines Landes und im Nationalteam gespielt.
Beim FC Barcelona war er drei Wochen im Praktikum. „Aber da war ich 14, also noch ein Kind“, sagt Kenia. Erstligist UD Levante aus Valencia wollte das minderjährige Talent trotzdem binden. Es gab aber Visumprobleme. „Georgien ist leider nicht in der EU.“
Freudloser Abschied für Kenia von Schalke
Die große Karriere schien so nah. Kenia spielte ab Januar 2008 für Schalke 04. Lief sogar im Derby bei Borussia Dortmund auf. Jubelte vor der gelb-schwarzen Wand über Farfans Siegtor. Was dann aber ab November 2009 passierte, fällt dem technisch versierten Georgier schwer zu beschreiben: „Es ist einfach alles schief gelaufen.“
Die Leidensgeschichte mit drei Sprunggelenksoperationen, zweieinhalb Jahren Spielpause, dem freudlosen Abschied aus Gelsenkirchen zu Karpaty Lwiw beschwor die Sinnfrage herauf: „Es war nicht klar, ob ich überhaupt im Profifußball bleiben soll.“
Namen für jene Entwicklung nennt Kenia in der warmen Mittagssonne über der Spiezer Hafenbucht keine. „Ich habe zwar viel Zeit, aber nicht alles verloren.“ Sonst wäre der nun 22-Jährige nicht voller Tatendrang im Trainingslager des Bundesliga-Absteigers Fortuna. Trotzdem war’s ein ganz langer Comeback-Kampf. Mit vielen Tiefen.
Bei Karpaty Lwiw trotz Vertrag vor die Tür gesetzt
Dass dabei ein gewisser Felix Magath eine Rolle gespielt hatte, ist bekannt. Der damalige Schalke-Trainer nahm seinen Schützling im Trainingslager zu Belek/Türkei im Januar 2011 nicht aus dem Programm, obwohl der erneut über einen dicken linken Knöchel geklagt hatte. „Ich war zu früh in der Reha, habe zu schnell wieder angefangen. Das war ein Fehler“, so Kenia. Der sich als 20-jähriger Grünschnabel vom Trainerstab zweifelsohne schlecht beraten und getrieben fühlte. Magaths damalige Ferndiagnose ohne Mannschaftsarzt vor Ort: „Da ist nichts kaputt.“ Was sich als fataler Irrtum entpuppte. Kenia fühlte sich erst als Lügner verdächtigt, musste dann operiert werden. Spielte nicht mehr und wurde im Sommer vor einem Jahr abgeschoben. Ein Engagement bei Zenit St. Petersburg platzte. Es ging zu Karpaty Lwiw in die Ukraine. Mit bescheidenem Erfolg. Der einstige Europa-League-Starter wurde nur 14., setzte deshalb gleich 19 Kicker vor die Tür. Inklusive Kenia. Trotz eines gültigen Vertrages. „Da war ein bisschen Chaos. Ich musste mich am Ende selber trainieren. Aber nur allein laufen, das bringt nix.“
Tag des Jugendfussball
Dass die Zeit auf Schalke ihm nicht nur gute Deutsch-Kenntnisse eingebracht hatte, bewies ein Anruf von Mike Büskens. Fortunas neuer Cheftrainer war einst für die königsblaue Regionalliga-Elf zuständig. Kennt Kenia in- und auswendig. „Mike war der entscheidende Faktor für meinen Wechsel nach Düsseldorf. Er lässt offensiv spielen, das gefällt mir.“
Tattoos aus der Kinderzeit
Schmerzen hat der 22-Jährige seit mehr als einer Saison nicht mehr. Vielleicht fehlt ein wenig kräftigende Muskulatur. Das spürt der Neuzugang: „Die Trainingsintensität fällt mir im Moment noch schwer.“
Für den Duzfreund des Balles ist Fortuna ein Neuanfang. „Im Fußball muss man immer Ziele haben. Ich will spielen. Und ich will mit Fortuna aufsteigen.“ Seine Eltern hat der Georgier stets dabei. Auf dem linken Unterarm ist der Vorname von Papa Gotcha eintätowiert, auf dem rechten jener von Mama Nino. „Ich habe insgesamt sechs Tattoos aus meiner Kinderzeit. Die habe ich aber hinter mir gelassen. Es kommt nichts mehr dazu.“
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Spaß werden die Radio- und TV-Reporter noch mit dem Nachnamen des Georgiers bekommen. Wenn man diesen richtig aussprechen mag. Levan krächzt die erste Silbe hart. Wie in einer Mischung aus niederländischem „G“ und spanischem „X“. Ist aber Georgisch. Und ähnelt dem tiefhalsigen „Q“ „Im deutschen Alphabet“, klärt der Neu-Fortune auf, „kommt der erste Buchstabe meines Nachnamens nicht vor.“ Also behilft man sich in der englischen Transkription mit einem „K“ vorneweg. Kenia lächelt. Fußball ist leichter.