Danzig. Lukas Podolski saß bei der EM-Viertelfinalpartie gegen Griechenland auf der Bank. Der gebürtige Pole ist aber felsenfest davon überzeugt, dass er auf dem Platz stehen wird, wenn es am Donnerstag für das DFB-Team um den Einzug ins Finale geht. Podolski über das verlorene WM-Halbfinale 2006, sein besonderes Verhältnis zu Bundestrainer Joachim Löw und das Spiel gegen Italien.

Nur noch 30 Minuten bis zum Mittagessen. Aber Lukas Podolski ist entspannt im Gespräch, äußerst entspannt. Dass der Bundestrainer ihn, den Mann, der 100 Mal das Adlertrikot trug und demnächst für Londons Renommierklub Arsenal spielen wird, bei der EM-Viertelfinalpartie gegen Griechenland nicht aufgeboten hat? Enttäuschend. Natürlich. Andererseits: Der gebürtige Pole und Herzenskölner ist felsenfest davon überzeugt, dass er auf dem Platz stehen wird, wenn es Donnerstag um den Einzug ins Finale geht. In Warschau. Beim Fußballklassiker gegen Italien.

WM-Halbfinale in Deutschland 2006, EM-Halbfinale in Polen 2012: zweimal gegen Italien, zweimal sozusagen im eigenen Land. Herr Podolski, stehen diese Spiele für Sie emotional auf einer Stufe?

Lukas Podolski: Dass ich in meiner Karriere eine WM und eine EM in meinen zwei Ländern erleben darf, das ist für mich schon etwas ganz Besonderes. Das ist einfach außergewöhnlich.

Wie haben Sie das Halbfinale von 2006 in Erinnerung? 0:2 in der Verlängerung verloren. WM-Finale verspielt…

Podolski: Die Italiener waren in der Verlängerung schon besser. Das erste Tor dann - ja, da war der Traum vorbei. Und da war anschließend so ein Moment der Leere.

Der damalige Kapitän Michael Ballack war den Tränen nahe, Sie auch?

Podolski: Ich bin eher einer, der seine Tränen nicht zeigt. Und ich war ja noch ein bisschen jünger damals. Aber der Moment bleibt unvergesslich.

Spielt diese Erfahrung noch eine Rolle vor dem erneuten Halbfinale gegen Italien?

Podolski: Nein. Wir sind eine ganz andere Mannschaft, mit einer ganz anderen Philosophie, mit einem ganz anderen System. Von daher kann man das nicht miteinander vergleichen.

Hat die heutige Mannschaft denn auch bessere Chancen?

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Podolski: Ja. Das denke ich schon. Dass wir über eine bessere Qualität verfügen, besseren Fußball spielen und deshalb auch bessere Chancen haben.

Es könnte aber passieren, dass Sie erneut gar nicht auflaufen. Sorgt Sie das?

Podolski: Das sorgt mich nicht. Natürlich ist man enttäuscht, wenn man gegen Griechenland das erste Mal im Turnier in Polen spielt, die Familie da ist, und man doch nicht mitwirken darf. Aber ich bin davon überzeugt, dass ich im Halbfinale auf dem Platz stehen werde.

Was macht Sie so sicher?

Podolski: Sicher? Sicher kann man nie sein. Aber ich habe das Gefühl, dass es so sein wird. Am Ende entscheidet der Bundestrainer. Wir hatten aber ein gutes Gespräch vor dem Viertelfinale. Von daher: schau’n mer mal.

Platz auf der DFB-Bank ist für Podolski „kein Beinbruch“ 

Bundestrainer Joachim Löw umarmt Lukas Podolski nach dem Sieg im EM-Viertelfinale gegen Griechenland.
Bundestrainer Joachim Löw umarmt Lukas Podolski nach dem Sieg im EM-Viertelfinale gegen Griechenland. © Bartosz Jankowski/rtrs

Wie empfinden Sie es denn, dass Sie erstmals um Ihren Stammplatz bangen müssen?

Podolski: Das heißt doch nicht, dass ich meinen Stammplatz nicht mehr habe. Ich habe so viel erlebt, so viele Spiele gemacht, so viele Turniere. Wenn ich einmal auf der Bank sitze, dann geht für mich die Welt nicht unter. Und wenn ich wieder auf der Bank sitze, muss ich damit leben.

Aber Sie sind doch der Platzhirsch. Sie müssen doch Ihr Revier verteidigen…

Podolski: Mache ich doch. Es ist für mich aber kein Beinbruch, wenn ich mal auf der Bank sitze. Das wirft mich doch nicht aus der Bahn.

Neun Spieler sind allein seit der WM 2010 dazu gekommen und machen Druck…

Podolski: Welche Spieler?

Marco Reus, Andre Schürrle, Mario Götze

Podolski: Ich war damals auch jung, als ich dazugestoßen bin, und ich habe gekämpft, gut trainiert. Dasselbe tun die Jungs auch. Es kommt bald eine neue Generation. Und darüber sollten wir froh sein.

Aber Sie haben zu Joachim Löw ein besonderes Verhältnis…

Podolski: Klar, ich kenne ihn doch schon seit 2004, als er noch Assistent von Jürgen Klinsmann war. Da entsteht natürlich ein besonderes Verhältnis.

Der Bundestrainer ist momentan ein bisschen sauer wegen der Maulwurf-Affäre. Stunden vor dem Viertelfinale sind seine Wechselmaßnahmen bereits veröffentlicht worden…

Podolski: Das ist blöd, wenn aus Sitzungen Inhalte herauskommen, ob es jetzt Aufstellungen sind oder andere Details. Also, von mir kommt es jedenfalls nicht.

Podolski fand Elfmeter von Italiens Pirlo „sensationell“ 
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Noch einmal zum Viertelfinalsieg der Italiener gegen England. Haben Sie eigentlich Ihre Frau am Sonntagabend auch zum Fußball gucken gezwungen, wie der Kollege Philipp Lahm?

Podolski: Meine Frau hat sich das Spiel nicht angesehen. Ich habe es mit ein paar Jungs hier oben im Hotel angeschaut.

Was haben Sie und die Jungs denn bei dem so unglaublich spektakulär gewagten Elfmeter von Andrea Pirlo gedacht?

Podolski: Man muss dafür Eier haben. Der Italiener vor ihm hatte verschossen. Und wie Pirlo es gemacht hat, das war dann sensationell. Wenn es schief geht, kriegt er auf die Schnauze. So ist er der Held und die ganze Welt redet von diesem Elfmeter.

Würden Sie denn gegen Italien zum Elfmeterschießen antreten?

Podolski: Ja. Das denke ich schon. Ich habe die letzten Elfmeter alle verwandelt…

Aber die Pirlo-Variante kommt für Sie nicht in Frage, oder?

Podolski: Ich weiß nicht, was in Deutschland dann passieren würde. Wenn ich diesen Elfmeter versemmeln würde --, ich glaube, dann wäre es ganz gut für mich, in London zu sein.

Oder Polen. Stimmt es, dass Sie dem Klub Gornik Zabrze versprochen haben, Ihre Karriere bei ihm ausklingen zu lassen?

Podolski: Versprochen ist nichts. Ich mag aber auf jeden Fall die offenen Menschen hier in Polen.

Und noch später werden Sie dann polnischer Nationaltrainer?

Podolski: Warum nicht Trainer beim 1. FC Köln?