Danzig. . Am Donnerstag trifft die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine auf die “Squadra Azzurra“ aus Italien. Keines der sieben Spiele bei einer EM oder WM gewann die DBF-Elf, deshalb “werden die Nerven auf alle Fälle eine Rolle spielen.“

Erwartet wird ein Kampf auf des Messers Schneide, auf jeden Fall ein aufreibendes Nervenspiel. Der Klassiker gegen Angstgegner Italien, der über den Einzug in das Finale der Europameisterschaft entscheidet, fesselt die deutschen Nationalspieler und ihre Trainer. Gebannt wie noch bei keinem anderen Turnierspiel verfolgte die deutsche Nationalmannschaft am Sonntag in ihrem Danziger Quartier das letzte Viertelfinale, bis nach der Verlängerung und dem Elfmeterschießen feststand: Die "Squadra Azzurra" wird am Donnerstag (20.45 Uhr/live im DerWesten-Ticker) in Warschau die letzte Hürde sein, um das Endspiel am Sonntag in Kiew zu erreichen.

Es kommt zu einem Duell mit dem viermaligen Weltmeister, gegen den noch keines der sieben Spiele bei einer EM oder WM gewonnen wurde. "Ob das noch im Kopf ist, dass wir gegen sie ausgeschieden sind, spielt keine Rolle. Alle Statistiken zählen nicht mehr", sagte Torwarttrainer Andreas Köpke: "Das ist jetzt eine andere Geschichte, sie soll weitergehen. Wir haben eine tolle Mannschaft, wir wollen ins Finale."

Er selbst war einmal an einer Erfolgsstory beteiligt, als bei der EM 1996 in der Vorrunde ein 0:0 gegen Italien reichte, um in Manchester den Weg zum EM-Titel zu ebnen. Der mittlerweile 50-Jährige hielt einen Elfmeter, die englische Presse feierte ihn wegen seiner Paraden als "besten deutschen Faustkämpfer seit Max Schmeling". Deutschland triumphierte später in Wembley, Italien schied aus, drehte den Spieß zehn Jahre später um.

Ausgerechnet bei der WM 2006 in Deutschland gewann die Squadra Azzurra das Halbfinale in Dortmund mit 2:0, der ganz große Traum des Sommermärchens war zerstört. "Was in der Vergangenheit war, interessiert uns nicht", sagte Mesut Özil. Er erlebte es als 17-Jähriger vor dem Fernseher, jetzt will er Geschichte schreiben und beteiligt sein am ersten Turniersieg gegen Italien. Im Jahr 1970, das Özil als graue Urzeit empfinden muss, gab es ein noch größeres Drama als 2006. Auch damals war es ein Halbfinale, im Jahrhundertspiel von Mexiko City verlor Deutschland 3:4.

Das Nervenspiel beginnt

In Nationalstadion von Warschau kommt es am Donnerstag zum Showdown in der Neuauflage des Klassikers. "Die Nerven werden auf alle Fälle eine Rolle spielen. Jeder kleine Fehler wird bestraft auf diesem Niveau", sagte Köpke. Die deutschen Spieler machen sich auf alles gefasst. Zunächst geht es darum, eine Demonstration des Selbstbewusstseins aufzuziehen; die Siegesgewissheit herauszukehren, psychologisch und mental die Favoritenrolle zu untermauern. Folgen soll dann ein Manifest eigener Leistungsstärke. "Die Analyse beginnt jetzt. Wir werden am Donnerstag gewappnet sein", erklärte Köpke. Den Azzurri soll gezeigt werden: Wir sind das bisher beste Team, besser als Spanien - obwohl Özil artig erklärte, der Titelverteidiger sei doch der größte Favorit als Welt- und Europameister.

Das Team des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat nicht wie Italien bei dieser EM nur zwei Unentschieden und zwei Erfolge, davon einen gegen England nach 120 torlosen Minuten erst im Elfmeterschießen, vorzuzeigen. "Nach vier Siegen in vier Spielen haben andere Nationen Respekt vor uns. Unser Ziel ist es, den Titel zu holen. Ich glaube, dass wir das schaffen", sagte Özil.

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Er und seine 22 Mitspieler werden von ihren Trainern auch auf ein Elfmeterschießen vorbereitet. Manuel Neuer, ein echter Elfmetertöter, wird aus einer Datenbank mit Infos über die Schützen gefüttert. "Die Zettelwirtschaft läuft auf Hochtouren", sagte Köpke lächeln und korrigierte sich dann: "Es gibt keine Zettel mehr. Es ist ein bisschen anders." Neuer kann sich anders als Jens Lehmann offenbar alles im Kopf merken, wobei ein genialer Lupfer wie von Andrea Pirlo gegen England in vier Tagen auch kaum zu vergessen sein dürfte.

In der Zeitspanne bis zum Halbfinale liegt auch ein Vorteil des DFB-Teams gegenüber Italien. Wenn die Partie beginnt, hat die deutsche Elf im Vergleich eine zwei Tage längere Pause gehabt. Zudem musste die Mannschaft von Cesare Prandelli gegen England mit der Verlängerung 30 Minuten länger spielen und auch eine längere Reise zwischen dem Spielort Kiew und ihrem Quartier in Krakau zurücklegen. "Wir haben mehr Zeit uns zu erholen als zwischen den Gruppenspielen. Das ist auf alle Fälle für die Mannschaft sehr gut", sagte Özil. Erreicht die Nationalelf das Finale, hat sie allerdings bis Sonntag einen Tag weniger Pause als der zweite Finalist, da Portugal und Spanien bereits am Mittwoch gegeneinander antreten. (dapd)