Essen. Die Balance zwischen persönlichen und mannschaftlichen Belangen ist Bedingung für jeden Mannschaftserfolg. Bundestrainer Joachim Löw scheint es gelungen, sie in seinem Kader herzustellen. Wie u.a. die Beispiele Mats Hummels und Marco Reus zeigen. Ein Kommentar.

Das ist doch mal ein Wort. „Der Titel geht nur über uns“, hat Marco Reus nach seinem ersten EM-Einsatz gesagt. Kein Herumeiern nach dem Motto „im Halbfinale gibt es keine schwachen Gegner mehr“. Statt dessen klare Kante, die nichts mit Arroganz zu tun hat. Der eher schüchterne denn nassforsche Angreifer verkörpert lediglich beispielhaft jenes unaufdringliche Selbstbewusstsein, das ihr Trainer den Nationalspielern vorlebt.

Die angesichts der scheinbaren Nibelungentreue zu seinen bewährten Stammkräften aufgeworfene Frage, ob den Bundestrainer womöglich ein wenig der Mut zu Experimenten verlassen hat, ist eindrucksvoll beantwortet worden. Bis auf Özil die komplette Offensivreihe ausgewechselt zu haben (nach einem Durchmarsch durch die Vorrunde, wohlgemerkt!), verdient Respekt und dürfte bei der Konkurrenz ihre Wirkung nicht verfehlen. Sagt sie doch mehr als alle Worte über das enorme Potenzial des deutschen Kaders aus.

Auswahl hat auch Schattenseiten

Die Qualität seiner Auswahl hat für einen Coach allerdings auch eine Schattenseite. Je höher sie ist, umso größer das Risiko, Unruhe zu erzeugen. Zu ignorieren, dass nicht eingesetzte Kicker, allesamt Stars in ihren Klubs, frustriert sind, wäre töricht. Und ein auf die Bank verbannter Torjäger würde nun einmal, weil es allzu menschlich ist, den entscheidenden Treffer jedem anderen eher gönnen als ausgerechnet seinem größten Konkurrenten.

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So wie es neben krankhaften, leistungshemmenden auch gesunden, leistungsfördernden Ehrgeiz gibt, schließen sich Egoismus und Teamgeist nicht zwangsläufig aus. Wie sensibel aber gerade die Öffentlichkeit auf vermeintliche Egomanen im Sport reagiert, musste zuletzt der Dortmunder Mats Hummels erfahren. In seiner vor dem Turnier geäußerten Aussage, er möchte lieber Anführer („leader“) denn Mitläufer sein, sahen Kritiker bereits den Ansatz von Arroganz.

Übertriebene Ich-Bezogenheit?

Und als er nach seinem ersten – starken – EM-Auftritt zunächst seiner Befriedigung über seine persönliche Situation Ausdruck gab, wollten manche darin auch eine übertriebene Ich-Bezogenheit ausgemacht haben. Dabei ist gerade Hummel ein gutes Beispiel für eine neue Spielergeneration, die statt zu heucheln selbstbewusst ihre Interessen vertritt, ohne den Teamerfolg zu gefährden.

Die Balance zwischen persönlichen und mannschaftlichen Belangen herzustellen, ist seit je her die Aufgabe des Trainers. Löw scheint ihr gerecht zu werden. Zum Wohle der Mannschaft. Geht doch der Erfolg nur über Spieler, bei denen das gelingt. Wie Hummels und Reus.

DFB-Team schlägt Griechen

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