Hamburg. . Nach der 0:3-Niederlage in Hamburg meldet sich bei Borussia Dortmund neben den Langzeitverletzten Gündogan, Blaszczykowski und Subotic auch noch Bender für zehn Wochen ab. Hummels und Lewandowski sind für das Achtelfinale der Champions League aber ebenfalls noch fraglich.

Gut möglich, dass bald auch wieder ein Blick auf den Fortgang der Bauarbeiten an der Elbphilharmonie geworfen werden kann, ohne dass sofortiges Erstarren zur Salzsäule die Folge wäre. Vor einer Woche ist schließlich Mirko Slomka in Hamburg eingetroffen, der Mann, für den es sicher eine leichte Übung wäre, nebenbei noch die Multimillionengruft zu betreuen. Das größte überhaupt vorstellbare hanseatische Wunder hat Slomka aber bereits am Samstag bewirkt. Er hat den Hamburger SV zu einem 3:0 gegen den Finalisten der Champions League 2013 und immer noch Tabellendritten Borussia Dortmund geführt. Halleluja.

Wie hat er das nur gemacht, der neue Trainer des doch schon seit Monaten todessehnsüchtig erscheinenden Bundesliga-Dinosauriers? Am Beispiel des Gegners hat Slomka das nach Spielschluss gleich noch einmal demonstriert. Dortmund lag wirklich am Boden. In den ersten 20, 25 Minuten hatte sich der Top-top-top-Favorit mit Limitierten konfrontiert gesehen, die tatsächlich bis ans Limit strebten. Was bei ihm keine bedeutende Reaktion auslöste. Dann war das Ensemble von Trainer Jürgen Klopp zumindest leicht eingetaucht in den üblichen Spielfluss. In Minute 42 allerdings traf Petr Jiracek nach diversen Borussen-Fehlern bereits bei der (Nicht-)Verteidigung gegen Flanken-Spender Pierre-Michel Lasogga zum 1:0. Und danach operierte Klopp am System (mehr Offensive) und am Personalkörper (Lars Bender, später Kevin Großkreutz und Robert Lewandowski raus, Marco Reus, Jonas Hofmann, Marvin Duksch rein): alles umsonst.

Warum? Marcel Schmelzer hatte auf dem Feld gespürt: „Mit dem ersten Tor kam bei denen das Selbstbewusstsein wieder.“ Doch die Dortmunder sind nicht an der breiteren Brust des HSV abgeprallt. Sie haben eine Vorstellung abgeliefert, an der ein von Erkältung geplagter Lewandowski erstmals in seiner BVB-Geschichte gar nicht und alle anderen weit unter ihren Möglichkeiten beteiligt waren. Dem 2:0 in Minute 58 durch Lasogga ging ein grober Ballverlustschnitzer von Nuri Sahin voraus. Beim 3:0 in Minute 90 handelte es sich lediglich noch um eine resultatsmäßig zu vernachlässigende Dreingabe. Allerdings eine feine. Torschütze Hakan Calhanoglu lobte sich nach seinem Flatterfreistoß aus 41 Metern mitten hinein ins Dortmunder Tor und ins Herz von Hüter Roman Weidenfeller selbst: „Das war ein Tor des Monats oder des Jahres.“ Und das war ebenso wenig bescheiden wie übertrieben.

HSV-Trainer Mirko Slomka baut BVB auf

Klopp überreichte seine Blumen an den Gastgeber dementsprechend angesäuert: „Glückwunsch zu diesem hochverdienten Sieg, den wir uns aber so was von selber eingebrockt haben, das war schon brutal.“ Slomka dagegen machte das, was er in den vergangenen Tagen mit Hamburg in seiner Gesamtheit, mit den kuriosen Aufsichtsratsmitgliedern, mit dem gequälten Vorstand, mit den zu Bankdrückern degradierten und den in die Startelf erhobenen Spielern gemacht hatte. Er baute auf. Er verkündete: „Wir werden euren Erfolg genießen.“

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Gemeint war die für die Borussen am Dienstag in St. Petersburg anliegende Achtelfinal-Begegnung der Champions League (18 Uhr!, live in unserem TIcker). Und auf die richtete sich auch schnell das Augenmerk der erst rigoros verprügelten und anschließend mit seltsamem Vorschusslorbeer bekränzten Schwarzgelben. „Das darf uns nicht umhauen“, erklärte Sahin. Sachlich müsse analysiert und aus dem Negativen gelernt werden. Dass Klopp in Hamburg in offensichtlich schwieriger Situation personell nicht annähernd in der Manier irgendeines europäischen Großklubs oder gar eines FC Bayern reagieren und Fachkräfte mit Erfahrung und lange erwiesener Qualität ins Gefecht werfen konnte, weist allerdings zurück auf die Verletzungsmisere. Mats Hummels und Neven Subotic fehlten der Defensive, Ilkay Gündogan und Jakub Blaszczykowski der Offensive. Und dazu gesellt sich nun erneut Bender, der gerade erst wieder in die Reihen zurückgekehrt war. Der „Manni“ leidet an einer Schambeinentzündung und wird wohl für zehn Wochen ausfallen, zehn Wochen, für die die tabellarische Konstellation ein so hartes Ringen um das Erreichen eines erneut für die Teilnahme an der Königsklasse berechtigenden Platzes andeutet wie in den vergangenen drei Spielzeiten zuvor nicht. Dass der BVB trotz der Misere zu erstaunlichen Leistungen fähig ist, hat er unter Beweis gestellt. Sogar noch kurz vor dem Waterloo an der Waterkant, das von einem Geheimnis umweht bleibt. Musste diesen Hamburgern im Ernst nur mal etwas Nettes geflüstert werden?